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2 Mal derselbe Wert beim Youden-Index

BeitragVerfasst: So 12. Jan 2020, 18:11
von mgnsrth
Liebe Statistik-Experten,

leider hab ich ein kleines Problem. Bei der Grenzwertberechnung für Zellzählungen im Labor mittels ROC-Kurven und des Youden-Index habe ich mehrere Berechnungen gemacht, jeweils für einen Goldstandard als Referenzmethode (Mikrobiologie versus feingewebliche Untersuchung).

Leider kommt bei einer Berechnung 2 Mal derselbe Youden Index raus, die Sens bzw. Spez sind demnach jeweils verdreht (35% Sens und 92% Spez versus 92% Sens und 35% Spez)
Da es sich um ein Screening-Verfahren handelt, würde man ja eine möglichst hohe Sensivität bevorzugen, da liegt der ermittelte Grenzwert allerdings extrem niedrig, sodass viele falsch-positive Ergebnisse resultieren würden. Andererseits sind hohe Werte relativ selten, sodass sie zwar einen Verdacht bestätigen könnten, aber ohnehin nur selten anwendbar wären...

Welchen Grenzwert wähle ich dann am besten?

Dankeschön für Eure Hilfe!

Re: 2 Mal derselbe Wert beim Youden-Index

BeitragVerfasst: So 12. Jan 2020, 19:18
von strukturmarionette
Hi,

Leider kommt bei einer Berechnung 2 Mal derselbe Youden Index raus, die Sens bzw. Spez sind demnach jeweils verdreht (35% Sens und 92% Spez versus 92% Sens und 35% Spez)

- dann müssten Deine Rohdaten und Deine Berechnungsprocederes bekannt sein.

Gruß
S.

Re: 2 Mal derselbe Wert beim Youden-Index

BeitragVerfasst: So 12. Jan 2020, 19:30
von bele
Wie Du schon geschrieben hast, geht es bei Screeningverfahren überwiegend um die Sensitivität. Natürlich wird über die Durchführung eines Screenings auch aufgrund der Folgekosten durch falsch-auffällige Screenings entschieden, aufgrund der Prävalenz einer Erkrankung und deren politischen Gewichts. Letztlich ist man bei einer nur leicht beeinträchtigenden Erkrankung bereit, weniger Geld auszugeben als bei einer fatalen Erkrankung. Das alles musst Du berücksichtigen, wenn Du einen Cuttoff festlegen willst. Das ist keine rein statistische Frage, da spielen Medizin und Gesundheitsökonomie erheblich mit rein.

LG,
Bernhard

Re: 2 Mal derselbe Wert beim Youden-Index

BeitragVerfasst: So 12. Jan 2020, 19:37
von mgnsrth
bele hat geschrieben:Wie Du schon geschrieben hast, geht es bei Screeningverfahren überwiegend um die Sensitivität. Natürlich wird über die Durchführung eines Screenings auch aufgrund der Folgekosten durch falsch-auffällige Screenings entschieden, aufgrund der Prävalenz einer Erkrankung und deren politischen Gewichts. Letztlich ist man bei einer nur leicht beeinträchtigenden Erkrankung bereit, weniger Geld auszugeben als bei einer fatalen Erkrankung. Das alles musst Du berücksichtigen, wenn Du einen Cuttoff festlegen willst. Das ist keine rein statistische Frage, da spielen Medizin und Gesundheitsökonomie erheblich mit rein.

LG,
Bernhard


danke dir!
in meiner diss geht es um die persistenz periprothetischer gelenkinfektionen (insgesamt eher selten aber dafür u.U. verheerend und aufwendig zu therapieren). daher würde man ja einen niedrigen cutoff nehmen, um keine erkrankten zu verpassen. aber die nicht erkrankten dann mit der aufwendigen therapie belasten... irgendwie entscheidung zwischen pest und cholera...

Re: 2 Mal derselbe Wert beim Youden-Index

BeitragVerfasst: So 12. Jan 2020, 19:47
von bele
Vielleicht solltest Du nochmal über den Begriff des Screeningverfahrens nachdenken. Es wäre durchaus nicht unüblich, ein positives Screening nur als Anlass für einen anschließenden diagnostischen Test zu verwenden ohne gleich aufwändige Therapien daraus abzuleiten. Wenn man im Brustkrebsscreening Mikrokalk im Röntgen sieht macht man ja auch keine Ablation, sondern versucht erstmal eine Zytologie oder Histologie zu gewinnen. Wenn man bei der digital-rektalen Untersuchung einen Prostataknoten palpiert bedeutet das nicht Operation, sondern Sono, FNP, etc.

Wenn Du keine gewaltig große AUC hast und die Therapie belastend ist, wirst Du Dich entscheiden müssen, ob Du das als Screeningtest oder als Diagnostiktest tunen willst. Statistische Mittel wie die ROC und der Youdenindex können dabei hilfreich sein, nehmen aber nicht die Güterabwägung ab.

Am Ende werden Anamnese, klinische Untersuchung, Röntgenbild, Szintigrafie und Laborwerte auch nach Publikation Deiner Werte neben Deinem Verfahren Teil des Entscheidungsprozesses über die aufwändige Therapie bleiben. Es wird nicht alles durch Deinen Test entschieden werden.

LG,
Bernhard