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Interaktionseffekt interpretieren

BeitragVerfasst: Mi 4. Dez 2019, 22:44
von musaget
Liebes Forum,

ich bräuchte Euren statistischen Rat bei einer vermutlich recht einfachen Frage: Wie interpretiere ich einen Interaktionseffekt, der aus der Berechnung einer Messwiederholungsanalyse erfolgt:

Mittels einer ANOVA wurde die Gedächtnisleistung für eine Gruppe (bestehend aus Gruppe A und Gruppe B, als Zwischensubjektfaktor) über die Zeit (Gedächtnisleistung zu Messzeitpunkt 1 vs. Gedächtnisleistung zu Messzeitpunkt 2; within-subject-Factor) errechnet.
Es wurden beide Haupteffekte signifikant (“Zeit” und “Gruppe”) sowie die Interaktion(“Zeit*Gruppe”).
Anhand von zwei Profilplots habe ich zunächst geprüft, ob die Haupteffekte interpretierbar sind. Sie sind es; die Interaktion stört den Haupteffekt nicht.

D.h.:
1. Haupteffekt: Die Gedächtnisleistung nimmt für Gruppe A und Gruppe B über die Zeit hinweg ab
2. Haupteffekt: Gruppe A und Gruppe B unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Gedächtnisleistung unabhängig vom Messzeitpunkt.

Auf Grundlage der Profilplots, Mittelwerte etc. kann ich ersehen
- dass Gruppe A immer höhere Gedächtnisleistungen über beide Messzeitpunkte erzielt als Gruppe B und
- der Gedächtnisabfall bei Gruppe B zum zweiten Messzeitpunkt deutlich stärker ausfällt als bei Gruppe A.

Doch wie gehe ich bei der Analyse des signifikanten Interaktionseffekts Zeit*Gruppe nun vor?
Könnte ich auf Basis des bloßen Profilplots die Interaktion bereits interpretieren? In diesem Falle könnte ich den signifikanten Interaktionseffekt auf Gruppe B zurückführen (durch ihren stärkeren Gedächtnisabfall zum 2. Messzeitpunkt gegenüber Gruppe A) - diese ist jedoch wesentlich kleiner als Gruppe A und weist zum 2. Messzeitpunkt auch eine deutlich höhere Standardabweichung auf.
Oder ist hier eine separate Messwiederholungsanalyse getrennt für beide Gruppen angezeigt? Oder gar dazu noch zu jedem Messzeitpunkt einzeln ein Vergleich der Gruppen?

Vielen Dank schon jetzt für’s Mitdenken und für Eure/Ihre Antworten!

Re: Interaktionseffekt interpretieren

BeitragVerfasst: Do 5. Dez 2019, 13:55
von strukturmarionette
Hi,

- bei eine statistischen Interaktionseffekt (wie bei Dir skizziert) muss dieses fachlich interpretiert werden,.(also worum es konkret geht..)

Gruß
S.

Re: Interaktionseffekt interpretieren

BeitragVerfasst: Do 5. Dez 2019, 17:02
von bele
Hallo Musaget,

musaget hat geschrieben:der Gedächtnisabfall bei Gruppe B zum zweiten Messzeitpunkt deutlich stärker ausfällt als bei Gruppe A.


Dieser Unterschied wird durch den Interaktionseffekt dargestellt und mit ihm auf Signifikanz geprüft.

In diesem Falle könnte ich den signifikanten Interaktionseffekt auf Gruppe B zurückführen (durch ihren stärkeren Gedächtnisabfall zum 2. Messzeitpunkt gegenüber Gruppe A)

Wenn A und B unterschiedlich sind, dass ist das erstmal ebenso auf A wie auf B zurückzuführen. Vielleicht macht das inhaltlich Sinn, die eine mehr als die anderer Gruppe zu diskutieren. Statistisch nicht.

Oder ist hier eine separate Messwiederholungsanalyse getrennt für beide Gruppen angezeigt? Oder gar dazu noch zu jedem Messzeitpunkt einzeln ein Vergleich der Gruppen?


Wenn Du dem linearen Modell nicht traust oder für spezielle Fragestellungen vielleicht. Normalerweise ist die multivariate Betrachtung der univariaten aber vorzuziehen.

LG,
Bernhard

Re: Interaktionseffekt interpretieren

BeitragVerfasst: Do 5. Dez 2019, 22:21
von strukturmarionette
Du könntest noch fachlich Deine Messprocederes darlegen, weil Messfehlerfreiheit eine Voraussetzung ist.

Re: Interaktionseffekt interpretieren

BeitragVerfasst: Fr 6. Dez 2019, 22:09
von musaget
Ganz vielen herzlichen Dank!

Das heißt, ich kann (ohne weitere Berechnungen) die Haupteffekte interpretieren, da der Interaktionseffekt dem nicht widerspricht, und zur Interaktion interpretieren, dass Gruppe B einen deutlicheren Abfall zeigt als Gruppe A?

Die Gedächtnisleistung wurde in zwei unterschiedlichen Altersgruppen über ein Interview gemessen, in dem konkrete Informationen zu einem von den Pbn nach Cue selbst bestimmten Ereignis abgefragt werden. Die Messung selbst ist sicherlich fehlerbehaftet, mir fällt aber nicht ein, inwiefern der Messfehler systematisch verzerrt sein könnte. Die Reliabilität in Form der Beurteilerübereinstimmung ist sehr gut.
Ich würde erwarten, dass bei beiden Gruppen die Gedächtnisleistung nachlässt und dass Gruppe B schlechter ist als Gruppe A. Den Interaktionseffekt könnte man (wie im Profilplot ersichtlich) erwarten, es gibt hierzu jedoch noch keine klare Studienlage.

Passt meine obige Interpretation noch?

Tausend Dank und einen schönen Nikolausabend! :-)