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Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 10:07
von Grafette
Hallo liebe Statistiker,

ich sitze gerade an Inferenzstatistik und verzweifele an einer Aufgabe, bei der ich zwar einen t-Test durchgeführt habe, aber vermute das falsche (oder unvollständig) Testverfahren gewählt zu haben.

Es geht um folgendes: gegeben sind 2 unabhängige Gruppen mit je 4 Versuchspersonen, die anhand einer 11-stufigen Likert-Skala (0= sehr pessimistisch - 10= sehr optimistisch) ihren Optimismus bewerten sollen. Eine Normalverteilung in der Grundgesamtheit ist nicht anzunehmen und die Abstände zwischen den Skalenpunkten bei der Optimismus-Variable sind gleich. Die Werte der Gruppe A sind 0; 5; 8; 4 und die Werte der Gruppe B sind 6; 7; 1; 9. Alpha ist .05. Die Frage ist nun, ob der Optimismus in Gruppe B signifikant größer ist, als in A.

Ich habe zunächst die Mittelwerte (4,25; 5,75), Standardabweichung (3,30; 3,40) und den Standardfehler (1,65; 1,70) der Gruppen berechnet und bin dann auf einen rechnerischen t-Wert von 0,6325 gekommen, der mir allerdings viel zu niedrig erscheint in Anbetracht eines kritischen t-Wertes von 2,45. Aber 1. bestätigt das fälschlicher Weise so die Nullhypothese und 2. sagt es noch nichts darüber aus, ob der Optimismus größer oder kleiner ist.

Wie würdet Ihr an diese Aufgabe heran gehen?

Danke Euch für Eure Hilfe und viele Grüße,
Grafette

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 10:24
von PonderStibbons
Hallo liebe Statistiker,

Gibt es hier zwar nicht, aber man tut trotzdem, was man kann.
gegeben sind 2 unabhängige Gruppen mit je 4 Versuchspersonen, die anhand einer 11-stufigen Likert-Skala (0= sehr pessimistisch - 10= sehr optimistisch) ihren Optimismus bewerten sollen.

Obacht. Das ist keine Likert-Skala. Likert-Skalen bestehen immer aus mehreren Items vom Likert-Typ, deren Werte aufsummiert werden. Was Du vorliegen hast, ist ein einzelnes Item. Allerdings ist das kein Likert-Item, wenn ich mich nicht irre. Likert-Items haben Antwortformate wie "stimme sehr zu - stimme etwas zu ..." .
Wie würdet Ihr an diese Aufgabe heran gehen?

Die Aussichten, einen Gruppenunterschied in der Grundgesamtheit nachzuweisen, sind a priori sehr gering. n=8 bedeutet eine äußerst schwache Teststärke, außer die beiden Grundgesamtheiten unterscheiden sich extrem hinsichtlich der abhängigen Variable. Der t-Test ist bei n=8 nicht sicher anwendbar, also entfällt ein Mittelwertvergleich. Naheliegend wäre ein Mann-Whitney U-Test.

Mit freundlichen Grüßen

PoderStibbons

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 11:54
von Grafette
Okay, keine Likert-Skala, sorry! Aber nochmal zum Verfahren. Auch beim U-Test wird die 11-stufige Optimismus Skala ja nicht in die Berechnung mit einbezogen, sondern aus den Antworten der Versuchspersonen selbige gerankt. Ich frage mich jedoch, warum dann in der Aufgabenstellung so explizit darauf hingewiesen, dass die Skala 11-stufig ist und die Abstände gleich sind?

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 13:42
von bele
@Grafette Ich sehe das wie PonderStibbons. Wenn ich mir die Zahlen anschaue, dann sind sie wenig überzeugend für die These, dass eine Gruppe systematisch höhere Werte hat. Ein p weit über alpha ist also zu erwarten. Der t-Wert von +/- 0,63 ist rechnerisch richtig, aber ohne Normalverteilungsannahmen und mit kleinen Stichproben, würde ich im echten Leben einen Rangsummentest rechnen, dessen Ergebnis mit p = 0,49 sogar noch etwas besser ausfällt, als ein t-Test oder Welch-Test mit p = 0,55. Warum irgendwer einen Ablenker in eine Fragestelung einbaut, musst Du den Fragesteller fragen. Persönlich finde ich Fragen mit Ablenkern besser, weil sie zeigen, dass man das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen kann.

LG,
Bernhard

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 14:50
von Grafette
Vielen Dank für die Hilfe! Bitte nicht lachen, aber wie ist genau der Rechenweg, um auf p=0,49 zu kommen?

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 16:26
von bele
Code: Alles auswählen
> A <- c(0, 5, 8, 4)
> B <- c(6, 7, 1, 9)
> wilcox.test(A,B)

   Wilcoxon rank sum test

data:  A and B
W = 5, p-value = 0.4857
alternative hypothesis: true location shift is not equal to 0


Den Rechenweg würde ich hier suchen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilcoxon- ... itney-Test

LG,
Bernhard

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Mi 17. Mai 2017, 20:48
von Grafette
Den Rechenweg bei einem U-Test kenne ich, ich verstehe nur nicht, wie man "per Hand" auf p=0,49 kommt. Danke nochmal!

Re: Falsches Verfahren gewählt?

BeitragVerfasst: Do 18. Mai 2017, 08:08
von bele
Sorry, so was rechne ich nie von Hand - kann ich nicht beantworten.

LG,
Bernhard