Aufstellen von statistischen Hypothesen

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon Ben_ja_min » Mi 31. Mai 2017, 15:45

Hallo alle zusammen,
ich muss für den Statistik Unterricht an der Uni ein wissenschaftliches Paper verstehen und die statistischen Hypothesen dazu aufstellen. Das habe ich gemacht, aber ich weiß nicht, ob das so richtig ist wie ich das gemacht habe:
Kurz zur Studie: Es wurde die Lernperformanz in einem Test zu Belohnungslernen und die Speichel Melatonin Werte von Probanden bestimmt, vor und nach einer Manipulation Manipulation: Ein Teil der Probanden durfte Schlafen der andere musste ein Video anschauen.
Die Fragen die es in statisitsche Hypothesen zu formulieren gilt sind folgende:
- Verbessert Schlaf nachfolgendes Belohnungslernen
-Kann ein Anstieg der Melatoninkonzentration im Speichel bereits am Nachmittag ausgelöst werden?
--Falls ja, verbessert dieser Anstieg Belohnungslernen ?

Hypothese zum Schlaf

Die Lernperformanz der Probanden ist nach dem Schlafen (Versuchsbedingung) nicht besser als die Lernperformanz nach dem Anschauen des Videos (Vergleichsbedingung).
H0: μ (Schlaf) ≤ μ (Video)
Die Lernperformanz nach dem Schlafen (Versuchsbedingung) ist besser als nach dem Anschauen eines Videos (Vergleichsbedingung).
H1: μ (Schlaf) > μ (Video)

Hypothese zu Melatonin

Probanden in der Versuchsbedingung haben nach der Manipulation keinen höheren Melatonin-Spiegel im Speichel als Probanden nach der Vergleichsbedingung.
H0: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] ≤ Wach [μ (nachher) - μ (vorher)]
Probanden in der Versuchsbedingung haben nach der Manipulation einen höheren Melatonin-Spiegel im Speichel als Probanden aus der Vergleichsbedingung.
H1: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] > Wach [μ (nachher) - μ (vorher)]

Hypothese zu Melatonin und Lernperformanz

Probanden bei denen ein Anstieg der Melatonin-Konzentration zu verzeichnen ist, zeigen keine verbesserte Lernperformanz im Belohnungslernen als Probanden bei denen kein Anstieg der Melatonin-Konzentration verzeichnet wurde.
H0: μ (Responder) ≤ μ (Non-responder)

Probanden bei denen ein Anstieg der Melatonin-Konzentration verzeichnet wurde zeigen eine bessere Lernperformanz als Probanden die keinen Anstieg der Melatonin-Konzentration aufweisen.
H1: μ (Responder) > μ (Non-responder)


Das Paper kann ich leider nicht finden online. Ich habe es leider nur als Word dokument.
Hier ist der Abschnitt "Datenanalyse" aus dem Paper

2.6 Data analysis
To evaluate the effect of the manipulation on learning performance, saliva melatonin levels, or mood, we computed ANOVAs with the between-subject factor Condition (video vs. nap) and the within-subject factor Time (before vs. after the manipulation). In case of significant effects, post-hoc Bonferroni-adjusted t-contrasts were computed. To obtain a robust measure for the melatonin-response we calculated the difference of the mean melatonin levels after and the mean melatonin levels before the intervals containing sleep versus wake. Positive values indicated an increase in melatonin levels during the interval. In an exploratory analysis we defined increases of at least 0.5pg/ml as a response and compared the frequencies in the nap versus wake conditions using a McNemar test. To evaluate possible correlations of sleep, arousal, learning performance, and melatonin we used Pearson correlation coefficients. To exclude the possibility that sleep or arousal were confounded with melatonin regarding the correlation with learning performance, we calculated a regression analysis using a bootstrap-simulation with 5000 samples to obtain robust esimates of the significance of the regression coefficients.

Danke für eure Hilfe !!!
Ben_ja_min
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Re: Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon PonderStibbons » Mi 31. Mai 2017, 19:13

Die Lernperformanz der Probanden ist nach dem Schlafen (Versuchsbedingung) nicht besser als die Lernperformanz nach dem Anschauen des Videos (Vergleichsbedingung).
H0: μ (Schlaf) ≤ μ (Video)

Nur die Nachher-Werte einzubeziehen verschwendet wertvolle statistische Informationen und entspricht auch nicht der Formulierung der Forschungsfrage. Was hier naheläge:
Die Wechselwirkung zwischen Messzeitpunkt und Gruppe ist = 0
oder (je nach Vorgehen bei der Auswertung)
der Mittelwertunterschied der Gruppen hinischtlich der Differenzwerte der Lernperformanz ist = 0.

-Kann ein Anstieg der Melatoninkonzentration im Speichel bereits am Nachmittag ausgelöst werden?

Verstehe ich nicht so ganz. Vermutlich "der durchschnittliche Anstieg ist = 0" .
--Falls ja, verbessert dieser Anstieg Belohnungslernen ?

Der Korrelationskoeffizient zwischen der Melatoninveränderung [Differenzwerte prä-post] und der Lernperformanzveränderung [Differenzwerte prä-post] beträgt r = 0.


In an exploratory analysis we defined increases of at least 0.5pg/ml as a response and compared the frequencies in the nap versus wake conditions using a McNemar test.

Wenn das bedeuten soll, sie haben die Responseraten zwischen den Gruppen verglichen, dann ist das falsch. McNemar ist für Messwiederholungen. Angebracht wäre ein Chi²-Test mit der Hypothese, dass Responserate der Gruppe nap = Responserate der Gruppe wake .

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon Ben_ja_min » Di 20. Jun 2017, 07:42

Hallo,
erstmal vielen Dank Ponder Stibbons für deine Hilfe!!! Ich habe meine Hypothesen nochmals verbessert und wollte wissen ob diese jetzt eher zur statistischen Analyse passen, als vorher.
Hypothese zum Schlaf
Die Nullhypothese besagt, dass Probanden aus der Schlafbedingung im Vergleich zu Probanden aus der Videobedingung nach der Manipulation keine bessere Lernperformanz an den Tag legen.
H0: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] ≤ Video [μ (nachher) - μ (vorher)]
Die Alternativhypothese besagt, dass Probanden aus der Schlafbedingung im Vergleich zu Probanden aus der Videobedingung nach der Manipulation eine bessere Lernperformanz zeigen.
H1: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] > Video [μ (nachher) - μ (vorher)]

Hypothese zu Melatonin
Die Nullhypothese besagt, dass Probanden aus der Versuchsbedingung nach der Manipulation keinen höheren Melatonin-Wert im Speichel aufweisen als Probanden aus der Vergleichsbedingung.
H0: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] ≤ Video [μ (nachher) - μ (vorher)]
Die Alternativhypothese besagt, dass Probanden aus der Versuchsbedingung nach der Manipulation einen höheren Melatonin-Wert im Speichel aufweisen als Probanden aus der Vergleichsbedingung
H1: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] > Wach [μ (nachher) - μ (vorher)]
Ist es in Ordnung wenn die Hypothesen zu Melatonin und Schlaf gleich sind ?? der Erwartungswert ist natürlich der einer anderen Variablen .

Hypothese zu Melatonin und Lernperformanz
Die Nullhypothese besagt, dass es keine Korrelation zwischen der Veränderung der Melatonin-Konzentration und der Veränderung der Lernperformanz gibt.
H0: r = 0 (p > 0,05)
Die Alternativhypothese besagt, dass es eine positive Korrelation zwischen der Veränderung der Melatonin-Konzentration und der Veränderung der Lernperformanz gibt.
H1: r > 0 (p ≤ 0,05)

Ich habe auch noch eine weitere Frage zum Ergebnisteil der Studie in dieser heißt es:


Does sleep improve post-sleep learning? The results do not confirm this hypothesis (see Figure 3.A). An ANOVA of the learning performance showed no main effect of Condition (Schlaf vs. Video) (F1; 26= 0.002; p= .961) and no interaction of Condition and Time (vorher vs. nachher) (F1; 26= 1.70; p= .204). However, there was a significant main effect of Time (F1; 26= 37.80; p< .001) indicating that the participants got better over time. Post-hoc Bonferroni-adjusted t-contrasts confirmed that they improved under the video condition (p= .003) as well as under the nap condition (p< .001). Although there was considerable variation in sleep duration and amount of sleep stages, we did not find any correlation of performance after the nap with total sleep time (p= .485), light-sleep (p= .511), slow-wave sleep (p= .766), or any single sleep stage (all p> .100). In summary, there is no indication of any sleep-specific improvement or practice-effect.

Die Alternativhypothese geht hier von einem Interaktionseffekt (nach (Zeit)dem Schlafen (Bedingung) verbessert sich die Lernperformanz der Probanden). Allerdings konnte kein Interaktionseffekt zwischen Bedingung und Zeit nachgewiesen werden, sondern nur ein Haupteffekt der Zeit. Mit Post- Hoc t-tests konnte gezeigt werden , dass nach der Manipulation in beiden Bedingungen (Schlaf vs Wach) die Probanden besser lernen konnten. Das heißt der Schlaf hat das Lernen also nicht verbessern können. Warum wurden nun aber Korrelationen zwischen Schlafstadien, Schlaflänge etc und der Lernperformanz aufgestellt obwohl mir die Anova doch zeigt das es zwischen Schlaf (UV) und Lernperformanz (AV) keine Interaktion gibt ???

Is it possible to elicit an increase of melatonin in the afternoon, long before a circadian dim-light melatonin onset is to be expected? In fact, sleeping in complete darkness increased the melatonin levels (see Figure 2.A). An ANOVA of the saliva melatonin levels with the between-subject factor Condition and the within-subject factor Time (before: 2:15 pm and 2:45 pm, after: 4:15 pm and 4:45 pm) revealed a significant interaction of Condition and Time (F1; 78= 7.44; p< .001) but no significant main effects of Condition (F1; 26= 4.04; p= .055) or Time (F1; 78= 0.99; p= .402). However, there was a slight trend toward higher melatonin levels in the sleep condition. Post-hoc Bonferroni-adjusted t-contrasts showed that before the manipulation melatonin levels did not differ between conditions (p= .606 at 2:15 pm; p= .799 at 2:45 pm). After the manipulation melatonin levels were higher under the sleep/darkness condition (p= .002 at 4:15 pm; p= .030 at 4:45 pm).
Moreover, melatonin might have facilitated learning after the sleep/darkness (see Figure 2.b): The height of the melatonin response in the nap-condition positively correlated with the learning performance after the sleep/darkness (r= .421, n= 27, p= .029) but not with learning performance before (r= .038, n= 27, p= .852). In the wake/light condition the height of the melatonin response did not correlate with the learning performance before (r= -.032, n= 27, p= .874) nor after (r= .123, n= 27, p= .542) the wake interval. To exclude the possibility that sleep or arousal caused the increase in learning performance, we calculated a regression analysis with total sleep time, arousal and melatonin as predictors and learning performance after the manipulation as criterion. Only the height of the melatonin response in the nap-condition had a significant regression weight (p= .043). Neither arousal (p= .870) nor total sleep time (p= .880) predicted the learning performance.

Ich verstehen nicht warum der Autor hier eine Regressionsanalyse gerechnet hat. Es wurde doch anhand der ANOVA (siehe oben) gezeigt, dass Schlaf nachfolgendes Belohnungslenren nicht verbessert. Warum verwende ich die Variable Schlaf aber trotzdem in der Regression ??


Ich hoffe das liest sich vielleicht doch jemand durch. Ich bin langsam am verzweifeln :(
Vielen Dank und beste Grüße
Benjamin
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Re: Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon PonderStibbons » Di 20. Jun 2017, 13:31

H0: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] ≤ Video [μ (nachher) - μ (vorher)]

In aller Regel soll man keine einseitigen Nullhypothesen aufstellen
https://psychologie.uni-graz.at/de/biol ... -list/faq/ FAQ#3

Die Nullhypothese besagt, dass Probanden aus der Versuchsbedingung nach der Manipulation keinen höheren Melatonin-Wert im Speichel aufweisen als Probanden aus der Vergleichsbedingung.
H0: Schlaf [μ (nachher) - μ (vorher)] ≤ Video [μ (nachher) - μ (vorher)]

Die Formulierung und die danach aufgestellte Formel sind unterschiedlich. Letztere besagt, dass die Veränderung von prä zu post in der einen Gruppe anders ist als in der anderen Gruppe.

Warum wurden nun aber Korrelationen zwischen Schlafstadien, Schlaflänge etc und der Lernperformanz aufgestellt obwohl mir die Anova doch zeigt das es zwischen Schlaf (UV) und Lernperformanz (AV) keine Interaktion gibt ?

Interessehalber? Überflüssigerweise? Mal so aus Scheiß', weil die Daten halt da waren?
Ich verstehe nicht warum der Autor hier eine Regressionsanalyse gerechnet hat. Es wurde doch anhand der ANOVA (siehe oben) gezeigt, dass Schlaf nachfolgendes Belohnungslenren nicht verbessert. Warum verwende ich die Variable Schlaf aber trotzdem in der Regression ??

Was sie sagen: " To exclude the possibility that sleep or arousal caused the increase in learning performance..."

Ich bin langsam am verzweifeln

Ahso. Der Grund dafür ist allerdings nicht so ganz nachvollziehbar. Muss er vermutlich auch nicht sein.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon Ben_ja_min » Di 20. Jun 2017, 15:05

Hallo Ponder Stibbons,
vielen Dank für die Tipps. Das mit der Regressionsanalyse verstehe ich aber trotzdem nicht. Ich habe ja in der ersten ANOVA bereits gezeigt, dass Schlaf keine Interaktion mit der Lernperformanz aufweist. Sprich Schlaf verbessert Lernperformanz nicht ! Trotzdem stellen wir dann trotzdem eine Regressionsanalyse auf mit Schlaf und Lernperformanz um zu testen ob nicht schlaf die Lernperformanz verbessert hat und nicht der Anstieg an Melatonin. Was ist hier der Gedankengang des Autors?? Ich bin am verzweifeln weil ich dieses Paper wirklich verstehen muss und auch demnächst präsentieren musst.Ich habe dafür sogar statistische Hife in Anspruch genommen nur weiß die Dame von Mentorium genauso wenig /bzw genauso viel wie ich. Das ist super frustrierend weil ich gerne mit jemandem sprechen würde der sich mit Teststatistiken auskennt. Wie gesagt es hapert an den Formulierungen der statistischen Hypothesen und am nachvollziehen der der Gedankengänge des Autors. Ich habe alle Tests wie sie funktionieren verstanden nur bräuchte ich jemanden der mir hilft die Puzzleteile zusammenzufügen. Sind dann hier beide Hypothesen zu Melatonin und zu Schlaf falsch oder besser ungenau ?? Ich wäre dankbar für einen Verbesserungsvorschlag für zumindest eine der Hypothesen. Ich komme mir vor wie beim suchen der nadel im Heuhaufen. Vielen Dank auf jedenfall für deine Hilfe!!!
Benjamin
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Re: Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon PonderStibbons » Di 20. Jun 2017, 15:16

Dann lass die Regressionsanalyse in der Präsentation doch weg, anscheinend trägt sie zu keinem Erkenntnisgewinn bei. Oder stelle sie dar mit dem Kommentar, dass sie Dir nicht einleuchtet/nicht folgerichtig/überflüssig erscheint.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Aufstellen von statistischen Hypothesen

Beitragvon Ben_ja_min » Di 20. Jun 2017, 15:21

Hallo Ponder Stibbons,
das werde ich wahrscheinlich auch machen. Kannst du mir vielleicht noch einen Tipp bezüglich der Hypothesen geben ?? Dafür wäre ich sehr dankbar
LG
Benjamin
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