Auswertung Fragebogenstudie

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon Billy » Do 19. Okt 2017, 21:46

Hallo liebe Forengemeinde.

Ich hoffe ihr könnt mir bei folgendem Problem helfen:

Wir haben eine Fragebogenstudie durchgeführt, bei der der Einfluß von positivem bzw. negativem Stress während der Klausurvorbereitung auf die Leistung untersucht werden soll. Es handelt sich um ein Längsschnitt-Design mit 14 Messzeitpunkten. Die Messzeitpunkte werden in zwei Phasen eingeteilt, "frühe Vorbereitungsphase" in der positiver/negativer Stress über entsprechende Items gemessen wird, und "späte Vorbereitungsphase", in der Motivation und Volition über entsprechende Items gemessen wird. Leistung wird über das Klausurergebnis operationalisiert. Es soll jeweils mit den Mittelwerten gerechnet werden, n=100.

Hypothesen:
1. Positiver Stress zu einem früheren Zeitpunkt weist einen positiven Zusammenhang mit Motivation zu einem späteren Zeitpunkt auf.
2. Negativer Stress zu einem früheren Zeitpunkt weist einen negativen Zusammenhang mit Motivation zu einem späteren Zeitpunkt auf.
3. Motivation weist einen positiven Zusammenhang mit Volition auf.
4. Volition weist einen positiven Zusammenhang mit Leistung auf.
5. Motivation mediiert den Zusammenhang zwischen positivem Stress und Leistung.
6. Volition mediiert den Zusammenhang zwischen positivem Stress und Leistung.
7. Motivation mediiert den Zusammenhang zwischen negativem Stress und Leistung.
8. Volition mediiert den Zusammenhang zwischen negativem Stress und Leistung.

Jetzt habe ich keine Ahnung, mit welchem Verfahren ich diese Hypothesen prüfen soll, ich habe versucht, mich entsprechend einzulesen, bin aber krachend gescheitert.

Meine Vermutung ist, dass ich Hypothesen 5-8 mit zwei multiplen Mediatoranalysen prüfen könnte, und 1-4 eventuell über Korrelationsanalysen?

Bitte verzeiht meine Inkompetenz, Statistik gehört wahrlich nicht zu meinen Stärken... :cry:

Es wäre wirklich toll, wenn mich jemand auf den richtigen Weg bringen könnte.

Vielen Dank und viele Grüße,

Billy
Zuletzt geändert von Billy am Fr 20. Okt 2017, 01:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon PonderStibbons » Do 19. Okt 2017, 23:11

ich habe versucht, mich entsprechend einzulesen, bin aber krachend gescheitert.

Was hast Du gelesen und was meint "krachend gescheitert"? Und was meint Dein Betreuer?


Mit freundlichen Grüßen

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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon Billy » Do 19. Okt 2017, 23:48

Ich habe so ziemlich alles gelesen, was ich zum Thema Auswertung experimenteller Untersuchungen in die Finger bekommen habe.
Leider stoße ich recht schnell an die Grenzen meiner Auffassungsgabe, besonders bei englischer Literatur.
Für die spezielle Situation der Zusammenhangsanalyse einer zeitversetzten Erhebung von mehreren Variablen habe ich leider keine verwetbaren Informationen gefunden.

Mein Betreuer spricht leider sehr viel Fachchinesisch ohne konkrete Antworten zu geben und ich befürchte, wir reden permanent aneinander vorbei. Es ist mir auch langsam etwas peinlich, ständig wegen diesem Thema nachzufragen, ich denke er möchte, dass ich selbst auf die Lösung komme, aber ich bin inzwischen der Verzweiflung ziemlich nahe und fühle mich wie der Ochs vor dem Berg.

Ich bräuchte einfach nur einen Ansatz um mich nicht weiter zu verrennen, Vermutungen habe ich ja schon geäußert. Ich bitte um Entschuldigung falls so dilettantische Fragen hier nicht erwünscht sind, ich bin einfach wirklich keine große Leuchte wenn es um Statistik geht...

Edit:
Ich habe zum Beispiel einige Texte über diary study designs gelesen, aber dort wird bezüglich der Auswertung immer von Multilevel-Analysen gesprochen, und mein Betreuer meinte, dass das viel zu kompliziert ist. Es geht ja auch nicht um within-person sondern um between-person-Zusammenhänge die anhand der Mittelwerte analysiert werden sollen, also nur um den Zusammenhang zwischen zwei zeitversetzten Variablen und nicht um die Entwicklung der Variablen über die Zeit.

Die ersten Hypothesen müsste man mMn doch einfach mit Kendall's tau testen können, aber ich bin mir nicht sicher, ob das bei zeitversetzten Variablen zulässig bzw. die beste Methode für dieses Design ist.

Für die Mediationshypothesen scheinen mir multiple Mediationsanalysen geeignet zu sein.

Ein Hinweis ob ich grob richtig liege, oder vielleicht eine Literaturempfehlung würden mir wirklich schon sehr weiterhelfen.
Billy
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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon PonderStibbons » Fr 20. Okt 2017, 08:38

Das ganze ist ein bißchen sehr komplex, zumal angesichts von nur 100 Probanden.

Anscheinend lautet das Modell laut den Hypothesen
positver Stress, negativer Stress => Motivation => Volition => Leistung
zugleich aber auch
positiver Stress, negativer Stress => Volition => Leistung

Sind es alternative Modelle? Oder ist gemeint, Stress wirkt sowohl vermittelt durch Motivation auf Volition, als auch direkt? Oder ist damit einfach das erste Modell gemeint, dass schlussendlich auch Volition die Wirkung von Stress vermittelt, nachdem ein Zwischenschritt eingelegt wurde. Vielleicht malst Du Dir das als Pfaddiagramm, falls noch nicht geschehen (sowas in der Art http://elkhartgroup.com/images/example_ ... diator.png).

Ich habe so ziemlich alles gelesen, was ich zum Thema Auswertung experimenteller Untersuchungen in die Finger bekommen habe.

Ist das denn hier ein Experiment? Es geht um eine korrelative Studie, eine Fragebogenuntersuchung ohne Intervention, laut Deiner Beschreibung.
Du brauchst multiple lineare Regressionsanalysen und müsstest gezielt über Mediation lesen. Je nach verwendeter Software kannst Du das PROCESS Makro von Hayes für Deine Analysen nutzen http://www.processmacro.org/index.html

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon Billy » Fr 20. Okt 2017, 13:24

PonderStibbons, vielen Dank für deine Antwort!

Das Pfaddiagramm sieht so aus:
Bild

Prinzipiell gehen wir von dem Modell Stress -> Motivation -> Volition -> Leistung aus.

Nun hat mich mein Betreuer allerdings explizit darum gebeten, sowohl Volition als auch Motivation als potentielle Mediatorvariablen zu testen. Ich wollte eigentlich nur die Mediation über Volition testen, da Motivation im Modell ja nur einen Zwischenschritt repräsentiert und theoretisch nur über den Einfluss auf Volition auf die Leistung wirken sollte (Volition ist sozusagen die Umsetzung von reiner Motivation in eine motivationale Handlung, gemessen über den selbstberichteten Lernaufwand, demnach sollte Motivation ALLEIN für meine Begriffe ja keinen direkten Einfluss auf die Leistung haben). Das meinte ich mit "aneinander vorbeireden" ;) . Zwischen Stress und Volition besteht ja keine direkte Verbindung, sie wird über die Motivation vermittelt. Ich hoffe das ist einigermaßen verständlich.

Vielen Dank für den Link! Aber die Zusammenhangshypothesen kann ich über die multiplen linearen Regressionsanalysen direkt nicht testen, oder? Würde sich hier ein Korrelationsmaß wie Kendall's tau oder Spearman's rho anbieten?
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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon PonderStibbons » Fr 20. Okt 2017, 13:54

Das Pfaddiagramm sieht so aus:
Bild

Da ist nichts.
Prinzipiell gehen wir von dem Modell Stress -> Motivation -> Volition -> Leistung aus.

Nun hat mich mein Betreuer allerdings explizit darum gebeten, sowohl Volition als auch Motivation als potentielle Mediatorvariablen zu testen.

Das sind sie in dem Modell doch beide.
Ich wollte eigentlich nur die Mediation über Volition testen, da Motivation im Modell ja nur einen Zwischenschritt repräsentiert

Ja, das nennt man eine vermittelnde Variable oder eine Mediation. War gemeint, Du sollst das erste Modell dann einmal ohne die Variable Motivation testen?

Aber die Zusammenhangshypothesen kann ich über die multiplen linearen Regressionsanalysen direkt nicht testen, oder?

Was heißt direkt nicht testen?
Würde sich hier ein Korrelationsmaß wie Kendall's tau oder Spearman's rho anbieten?

Falls die abhängige Variable ordinalskaliert ist. Falls nicht, sehe ich unmittelbar keinen Sinn darin.
Einfache bzw. multiple lineare Regressionen im Falle einer intervallskalierten abhängigen Variable.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon Billy » Fr 20. Okt 2017, 14:38

Da ist nichts.

Sorry, jetzt sollte es klappen. Die durchgezogenen Linien sind direkte, die gestrichelten indirekte Effekte.

Bild

Ja, das nennt man eine vermittelnde Variable oder eine Mediation. War gemeint, Du sollst das erste Modell dann einmal ohne die Variable Motivation testen?

Aber die Mediation durch Motivation würde dann doch zwischen Stress und Volition stattfinden und nicht zwischen Stress und Leistung, oder verstehe ich da was falsch? Ohne Motivation testen in dem Sinne, dass ich einmal eine multiple lineare Regressionsanalyse rechne mit nur einem Mediator Volition und einmal mit beiden? Ich denke nicht, ich verstehe auch nicht so richtig, was mir das bringen würde.
Was heißt direkt nicht testen?

Ich meinte damit, ob ich die Zusammenhangshypothesen auch im Rahmen der multiplen linearen Regressionsanalyse testen kann, oder ob ich dafür ein anderes Verfahren wählen sollte.
Falls die abhängige Variable ordinalskaliert ist. Falls nicht, sehe ich unmittelbar keinen Sinn darin.
Einfache bzw. multiple lineare Regressionen im Falle einer intervallskalierten abhängigen Variable.

Alle Variablen sind ordinalskaliert, mit Ausnahme der Leistung, welche über die Punktzahl in der Klausur operationalisiert wird (z-transformiert, es handelt sich um zwei verschiedene Klausuren), also intervallskaliert. Es sind Mittelwerte aus 7 Messzeitpunten von entsprechenden Selbstauskunftsitems mit Likert-Skala.

Also wenn ich das richtig verstehe, teste ich die Hypothesen 1-3 mit Kendall's tau (abhängige Variable ordinalskaliert) und 4 über eine einfache lineare Regression?

Vielen Dank nochmal für deine Geduld, ich glaube ich sehe endlich wieder so etwas wie Licht am Ende des Tunnels :)
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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon PonderStibbons » Fr 20. Okt 2017, 14:53

alle Variablen sind ordinalskaliert(...) Es sind Mittelwerte aus 7 Messzeitpunten von entsprechenden Selbstauskunftsitems mit Likert-Skala.

Meinst Du einzelne Items im Likert-Antwortformat (Likert-Skala bezeichnet tatsächlich Skalen, also Messinstrumente, die aus mehreren Items bestehen)? Wenn Du die schon über 7 Zeitpunkte summierst bzw. mittelst, kannst Du sie wohl als quasi-intervallskaliert behandeln.

Also wenn ich das richtig verstehe, teste ich die Hypothesen 1-3 mit Kendall's tau (abhängige Variable ordinalskaliert) ?

Du meinst, Du kommst ohne konfundierte Kovariaten im Modell aus (Variablen, die potenziell eine Scheinkorrelation zwischen A und B hervorrufen können, sowas wie hier http://pedsinreview.aappublications.org ... .large.jpg) ? Kann ich mir kaum vorstelen. zumindest sowas wie Leistungsfähigleit müsste doch drin sein im Modell.


Mit freundlichen Grüßen

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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon Billy » Fr 20. Okt 2017, 15:30

Meinst Du einzelne Items im Likert-Antwortformat (Likert-Skala bezeichnet tatsächlich Skalen, also Messinstrumente, die aus mehreren Items bestehen)?

Ja, genau das meinte ich. Also doch lineare multiple Regression, okay. War mir nicht sicher ob die Voraussetzungen da nicht zu arg verletzt werden durch die Skalierung.
Du meinst, Du kommst ohne konfundierte Kovariaten im Modell aus...zumindest sowas wie Leistungsfähigleit müsste doch drin sein im Modell.

Naja, wir erheben potentielle Störvariablen wie z.B. generalisierte Selbstwirksamkeit, akademisches Selbstkonzept, Gesamtaufwand vor der Studie, und Belastungen ausserhalb der Vorbereitung, Anzahl paralleler Prüfungsvorbereitungen etc. im Rahmen der Messungen wenn du das meinst. Leistungsfähigkeit ist nicht mit im Modell, nein. Da es sich um eine Klausur des Hauptstudiums in Psychologie handelt, erwarten wir eine eher geringe Varianz bezüglich der Leistungsfähigkeit.

Viele Grüße,

Billy

Edit:
Ich glaube, ich weiß jetzt, wie ich vorgehen muss. Zunächst einmal die Hypothesen 5-8 mit jeweils 2 einfachen und einer multiplen linearen Regression auf Effekt und Signifikanz testen und damit habe ich ja quasi gleichzeitig auch schon die Hypothesen 1,2 und 4 gestestet. Dann noch eine einfache lineare Regression für die dritte Hypothese rechnen und dann kann man weitersehen. Ist das in etwa richtig? :)
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Re: Auswertung Fragebogenstudie

Beitragvon strukturmarionette » Sa 21. Okt 2017, 12:19

Hi,

- welcher Art Zusammenstellung entstammen Deine Messinstrumte der Konstruktoperationalsisierung für die große Anzahl latenter Variablen?

Gruß
S.
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