Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelation

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelation

Beitragvon Charles » Di 2. Jul 2013, 18:55

Hallo zusammen,
ich bin wahrscheinlich einer der vielen, die bei Statistik des öfteren mal auf dem Schlauch stehen und hoffe ihr könnt mir ein paar Hinweise zu folgendem Problem geben:

Ich haben einen Artikel, in dem der Sprechstil von Lehrern erfasst wurde. Eine Faktorenanalyse hat dabei zwei Faktoren ergeben, die zusammen 46% der Varianz erklären. Faktor 1 (35%). Weiter wurde dort die Zufriedenheit mit dem Lehrer erfasst und die Korrelation von Faktor 1 mit der Zufriedenheit beträgt 0,90. Ich würde nun gerne den Faktor 1 als Operationalisierung in einem Experiment verwenden. Ich gehe davon aus, dass sich die Wahrnehmung der Zufriedenheit mit dem Lehrer durch Stress bei den Testpersonen ändert. Da ich den Sprechstil gut erfassen kann stellt sich nun die Frage ob ich diesen aufgrund der hohen Korrelation als Operationalisierung verwenden kann oder ob die geringe erklärte Varianz hierbei eine Rolle spielt. Ich dachte, dass sich die erklärte Varianz ja auf das Konstrukt Sprechstil bezieht und ich somit den Faktor aufgrund der hohen Korrelation zum Konstrukt Zufriedenheit könnte. (Mir ist natürlich klar, dass ich dann nicht das gesamte Konstrukt der Zufriedenheit mit dem Lehrer erfasse, aber dann könnte ich zumindest darauf schließen, dass sich die Zufriedenheit verbessert)

Für Hilfe wäre ich echt dankbar!

Gruß, Charles
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon kleineSchnecke » Di 2. Jul 2013, 19:15

Hi Charles,

Ich habe aus deiner Beschreibung folgendes herausgelesen:
- Ein Schüler ist zufrieden mit seinem Lehrer.
- Wird der Schüler gestresst, ändert sich die Zufriedenheit mit seinem Lehrer.

Ist es das, was du untersuchen willst?

Falls ja, musst du natürlich die Zufriedenheit des Schülers auch messen.

Der Sprachstil des Lehrers, der zwar nach Studie XY mit der Zufriedenheit des Schülers korreliert, ist kein geeignetes Maß zur Operationalisierung der Zufriedenheit des Schülers.
Warum erstellst du nicht einfach einen Fragebogen den du an die Schüler austeilst, mit dem die Zufriedenheit mit dem Lehrer gemessen wird?

lg, kS
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon Charles » Di 2. Jul 2013, 19:48

@ kleineSchnecke:

Vielen Dank für die umgehende Antwort. Das Problem ist, dass sich die Zufriedenheit nicht nur auf die Lehrtätigkeit an sich bezieht, sondern auf die gesamte Leistung, die dieser erbringt (Erwachsenenbildung, zu Info), also Kontakt außerhalb der eigentlicher Lehrveranstaltungen, Erreichbarkeit und natürlich auch den Erfolg der Lehrtätigkeit und zusätzlich fließen u. a. noch Variablen wie die Freundlichkeit anderer Mitarbeiter oder die technische Ausstattung mit ein. Nun möchte ich die Probanden in Stress versetzen, weil ich schauen möchte, wie sich das auf die Bewertung der gesamten Leistung auswirkt. Den Probanden soll ein Video gezeigt werden, sodass eben alle die gleichen Versuchsbedingungen haben. Nun lässt sich aber in einem Video schlecht alles nachstellen, deshalb wollte ich mich auf eine Sache konzentrieren (den Sprechstil) weil ich den eben gut darstellen kann. Erfolg bspw. kann man eh nicht im Video festhalten.
Mein Betreuer meinte halt, wenn ich darlegen kann, dass der Sprechstil eine zentrale Komponente der Zufriedenheit ist, dann könnte ich diese messen (natürlich mit Limitationen verbunden. Ich war mir jetzt nur unsicher wegen der geringen erklärten Varianz, die sich ja aber eigentlich auf das Konstrukt Sprechstil bezieht und doch aussagt, dass Sprechstil nur teilweise durch die zwei Faktoren erklärt wird. Das ändert aber meiner Meinung nach nichts an der Korrelation zwischen Sprechstil und Zufriedenheit mit Leistung.

lg, charles
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon kleineSchnecke » Di 2. Jul 2013, 20:34

Nur weil der Sprechstil des Dozenten mit der Zufriedenheit des Schülers hoch korreliert, heißt das nicht, dass der Sprechstil eine zentrale Komponente der Zufriedenheit ist.

Wenn du die Zufriedenheit mit der gesamten Leistung in der Erwachsenenbildung messen möchtest, dann musst du diese auch erfassen. Wenn das in dem Video nicht erfassbar ist, müsstest du wahrscheinlich deine Forschungsfrage entsprechend eingrenzen.
Ich habe zumindest noch nicht verstanden, wie man die Zufriedenheit mit dem Gesamtverhalten eines Dozenten über dessen Sprechstil operationalisiert.

Frage zu deiner Frage: Der Faktor 1 des Sprechstils klärt 35% Varianz von WAS auf??
Hat erstmal nichts mit deiner Forschungsfrage zu tun, da du ja wie du selbst schreibst tatsächlich nur die Korrelation von r=.90 von Zufriedenheit und Faktor 1 des Sprechstils interessant findest. (damit wäre deine Frage beantwortet glaube ich)

Aber nochmal: Eine hohe Korrelation zwischen Zufriedenheit und Sprechstil heißt ja erstmal noch gar nichts.
Denn da steht ja nicht "Der Sprechstil klärt 90% der Varianz der Zufriedenheit auf, wenn alle(!) theoretisch relevanten weiteren Variablen deiner Forschungsfrage ebenfalls ins Modell einbezogen werden".

lg, kS
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon Charles » Di 2. Jul 2013, 21:08

Ich glaube jetzt hab ich's verstanden. D. h., unabhängig von meinem Problem, wenn ich eine hohe Varianz habe, dann erklären die Faktoren bzw. die darin enthaltenen items ein konstrukt sehr gut --> wenn ich diese items messe, messe ich zuverlässig das damit abgebildete Konstrukt?
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon kleineSchnecke » Do 4. Jul 2013, 19:14

Nicht, wenn du eine hohe Varianz, sondern wenn du eine hohe Varianzaufklärung hast.
(--> zum Beispiel in einer linearen Regression wird das durch R² ausgedrückt)
Aber dann hast du recht :-)
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon daniel » Do 4. Jul 2013, 20:22

Cave! Ein solcher Schluss wird häufig gemacht, ist streng genommen aber weitaus begrenzter, als die meisten wahr haben wollen.

R-Quadrat ist (im Unterschied zu Regressionskoeffizienten) nicht über eine Stichprobe hinaus verallgemeinerbar. Dem Konzept unterliegt kein "wahrer" Populationsparameter, weshalb der Schluss von einer hohen Varianzaufklärung in der vorliegenden Stichprobe auf eine hohe Relevanz (oder Erklärungskraft) der Prädikatoren in der Grundgesamtheit nicht gültig ist.
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon kleineSchnecke » Do 4. Jul 2013, 21:59

an daniel: oh das klingt wichtig zum merken! danke! und was wäre in diesem Fall mit dem standardisierten R²?

ich würde mich sehr sehr freuen, wenn du dir im Unterforum "Regressionsanalyse" nochmal mein Plot angucken könntest.
1000 Dank!!! :)
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Re: Skala verwenden? geringe erklärte Varianz, hohe Korrelat

Beitragvon daniel » Do 4. Jul 2013, 22:54

Ich weiß nicht, was mit einem standardisierten R-Quadrat gemeint ist. Aber wenn R-Quadrat keine Entsprechung in der Population hat, dann auch kein Maß, das auf R-Quadrat basiert.

Falls Du mit standardisiertem R-Quadrat das adjustierte R-Quadrat meinst, dann ist das noch nicht einmal mehr ein Maß für den Anteil der erklärten Varianz in der Stichprobe. Wie sollte es da über die Stichprobe hinaus als solches interpretierbar sein.
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