Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon pbrue » Mi 12. Nov 2014, 15:24

Hallo,

ich habe eine Frage zur Rotation (Varimax) im Rahmen einer explorativen Faktorenanalyse mit der Hauptachsenfaktorenanalyse.
Ist es sinnvoll, bei einer Faktorenanalyse die Faktorenmatrix routieren zu lassen, wenn die Faktoren nicht mit Hilfe von SPSS automatisch generiert werden, sondern auf Basis von einfacher Mittelwertbildung?
Anders ausgedrückt: ich führe eine Faktorenanalyse wie zuvor beschrieben durch, lasse die Faktorenmatrix routieren, lasse SPSS aber keine Variablen speichern (da ich die Vorgabe habe, die Items der Faktoren über Mittelwerte zu berechnen). Danach bilde ich manuell entsprechend der Ergebnisse der rotierten Faktormatrix Mittelwerte und bilde so meine Faktoren.

Ist dieses Vorgehen sinnvoll, oder völliger Unsinn? Meiner Meinung nach kommt die von SPSS vorgenommene Rotation bei der manuellen Faktorbildung sowieso nicht zum tragen, da ich schließlich keine Faktoren (z. B. mit der Regressionsmethode) speichern lasse, sondern nur Mittelwerte bilde?! Oder ist auch bei manueller Berechnung der Faktoren die Rotation sinnvoll?

Es wäre super wenn mir darauf jemand eine Antwort geben könnte.

Viele Dank schon mal!

Grüße

Philipp
pbrue
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon strukturmarionette » Do 13. Nov 2014, 02:10

Hi,

es ist durchaus üblich, die Mittelwerte zu verwenden.

Gruß
S.
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon pbrue » Do 13. Nov 2014, 10:36

Hi,

vielen Dank für die schnelle Antwort!

kommt denn die Rotation überhaupt zum tragen, wenn die Faktoren durch Mittelwerte gebildet werden? Die Rotation beinhaltet doch vereinfacht gesagt die Veränderung der einzelnen Faktoren zu seinen einzelnen Items (also dass ein Item gewichtiger wird, da es vllt. auch mehr/ bessere Informationen enthält) sowie ggf. Veränderung der Faktoren zueinander (sodass die Faktoren nicht mehr im 90° Winkel zueinander stehen). Diese beiden Aspekte kommen aber doch nur zum tragen, wenn ich SPSS dann auch einen Faktor bilden lasse, oder? Wenn ich aber auf Basis der rotierten Faktormatrix Schlussfolgerungen ziehe und auf dieser Basis Mittelwerte bilde, kann dies doch zu einer falschen Faktorbildung führen, oder? Dann müsste doch eigentlich die nicht rotierte Faktormatrix betrachtet werden, da diese der Situation ohne Rotation entspricht (die wir ja schließlich bei der Mittelwertbildung auch haben, im Gegensatz zur Faktorenbildung durch SPSS wo die Rotation berücksichtigt werden kann).


Grüße
pbrue
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon strukturmarionette » Do 13. Nov 2014, 12:00

Hi,

du solltest korrekt zwischen Faktorwerten, Faktorladungen und Faktoren unterscheiden verstehen.

- www.uwe-mortensen.de/fakanalysews0506b.pdf
- oder jede andere einschlägige Fachliteratur

Gruß
S.
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon pbrue » Do 13. Nov 2014, 12:47

Hi,

prinzipiell glaube ich den unterschied zwischen Faktorwerten, Faktorladungen und Faktoren zu kennen. Jedoch hilft mir das bei dem zuvor beschrieben Problem bzw. der Fragestellung nicht weiter, oder?
Bei der Rotation innerhalb einer Faktorenanalyse "verschiebe" ich die Faktoren doch so, dass sich meine Faktorladungen auf die Items optimieren und ich bessere Ergebnisse erziele als ohne eine Rotation. Die zugehörigen Faktorwerte würde SPSS dann dementsprechend erstellen, wenn man SPSS für jeden Faktor eine neue Variable erstellen lassen würde. Und genau bei der Bildung der "neuen" Faktorwerte (im Rahmen der automatischen Faktorbildung durch SPSS)kommt die Rotation zum tragen, da hier Einfluss auf die Faktoren zueinander sowie auf die einzelnen Faktorwerte genommen werden kann. Oder liegt da schon mein Fehler?

Wenn man jetzt aber SPSS keinen neuen Faktor mit neuen Faktorwerten erstellen lässt, sondern den Faktor manuell per Mittelwert bildet, können doch die vorher beschriebenen "Optimierungen" garnicht zum tragen kommen, da wir bei der Mittelwertbildung weder die Faktoren zueinander verändern noch die einzelnen Faktorwerte innerhalb des Faktors.

Ich hoffe das Problem wird einigermaßen klar und ich drücke mich nicht zu umständlich aus!

Grüße
pbrue
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon Albrecht » Di 18. Nov 2014, 00:24

Also Du bildest meiner Meinung nach keine Faktorwerte sondern die Skalenscores?!
Es kann sein, dass sich durch die Rotation die Zuordnung eines Items zu einem Faktor verändert, eventuell.
Daher kann es schon sein, dass dies auch den Skalenscore beeinflusst, da dafür entscheidend ist, ob das Item zur Skala gehört oder nicht.
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon pbrue » Fr 21. Nov 2014, 12:05

Hi,

danke für die Antwort!
das sehe ich genau so. Wenn man jetzt aber auf basis der rotierten Faktorenmatrix einfach Mittelwerte aus den zugehörigen Items für z.b. 2 Faktoren bildet, wird die zuvor durchgeführte rotation (inkl. der veränderung der skalenscores) doch vollkommen übergangen und bei der mittelwertbildung nicht mehr berücksichtigt, oder? So würde ich quasi die verbesserte (rotierte) Lösung bei der Mittelwertbildung anwenden, jedoch ohne auch die Verbesserungen (veränderung der skalenscores und gf. veränderungen der faktoren zueinander) einzubeziehen, da ich ja nur mittelwerte bilde. Demnach wäre die Mittelwertbildung auf basis der rotierten Faktorenmatrix falsch (zumindest in einigen Fällen), oder liege ich da falsch? Richtig wäre dann ja, wenn man Mittelwerte bilden möchte, diese auf Basis der (nicht rotierten) faktorenmatrix zu bilden, oder?

Grüße

P.
pbrue
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon Albrecht » Fr 21. Nov 2014, 20:49

"das sehe ich genau so. Wenn man jetzt aber auf basis der rotierten Faktorenmatrix einfach Mittelwerte aus den zugehörigen Items für z.b. 2 Faktoren bildet, wird die zuvor durchgeführte rotation (inkl. der veränderung der skalenscores) doch vollkommen übergangen und bei der mittelwertbildung nicht mehr berücksichtigt, oder?"
Genau, es gibt auch keinen Weg, dies bei den Skalenscores zu berücksichtigen. Alternativ kann man mit Faktorwerten arbeiten.

"So würde ich quasi die verbesserte (rotierte) Lösung bei der Mittelwertbildung anwenden, jedoch ohne auch die Verbesserungen (veränderung der skalenscores und gf. veränderungen der faktoren zueinander) einzubeziehen, da ich ja nur mittelwerte bilde. Demnach wäre die Mittelwertbildung auf basis der rotierten Faktorenmatrix falsch (zumindest in einigen Fällen), oder liege ich da falsch? Richtig wäre dann ja, wenn man Mittelwerte bilden möchte, diese auf Basis der (nicht rotierten) faktorenmatrix zu bilden, oder?"
Vielleicht missverstehen wir uns.

Skala 1: Item 1, Item 2, Item 3 --> Skalenmittelwert = (Item 1 + Item 2 + Item3)/3
Skala 2: Item 4, Item 5 --> Skalenmittelwert = (Item 4+Item5)/2.

Ich kann so viele Rotationen machen wie ich will, solange die Zuordnung zu den Items so bleibt, dass Item 4 und 5 zur Skala 2 gehören und die anderen zur Skala 1, hat keine Rotation eine Auswirkung auf den Skalenscore. Die Berechnung verändert sich, wenn bspw. Item 1 der Skala 2 zugeordnet wird.
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon pbrue » Sa 22. Nov 2014, 10:43

okay, super! vielen dank für die antwort. das hilt mir schon mal sehr weiter!!

eine frage bleibt bei mir aber noch offen: durch eine rotation werden doch auch die skalenscores zum einen innerhalb eines faktor und zum anderen zu den anderen faktoren verändert (letzteres nur bei der hauptachsenmethode). so werden, einfach gesagt, die Ladungen auf die faktoren optimiert indem die einzelnen skalenscores eines faktors unterschiedlich stark "gewichtet" werden. Darüber hinaus passiert das bei der Hauptachsenmethode auch zwischen den faktoren. also verändern sich die einzelnen skalenscores bei der rotation zueinander, wodurch die Faktorladungen erhöht werden und somit mein gesamtergebnis der faktorenanalyse verbessert werden soll. Wenn ich aber jetzt einfach einen mittelwert bilde, verliere ich diese anpassungen der faktoren doch vollkommen. Klar, die beste Zuordnung der Items zu den faktoren mag gleich bleiben, aber die Verbesserungen durch die rotation der faktorenanalyse gehen bei der mittelwert komplett verloren. also wäre es meiner meinung nach immer noch falsch, auf basis der rotierten faktorenmatrix diese mittelwerte zu bilden. oder?
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Re: Faktorenanalyse - Rotation bei manueller Faktorenbildung

Beitragvon Albrecht » Sa 22. Nov 2014, 16:32

pbrue hat geschrieben:eine frage bleibt bei mir aber noch offen: durch eine rotation werden doch auch die skalenscores zum einen innerhalb eines faktor und zum anderen zu den anderen faktoren verändert (letzteres nur bei der hauptachsenmethode).

Nein, werden sie nicht. Die Summenbildung, die ich oben gezeigt habe, beinhaltet keine Gewichtung.

pbrue hat geschrieben: so werden, einfach gesagt, die Ladungen auf die faktoren optimiert indem die einzelnen skalenscores eines faktors unterschiedlich stark "gewichtet" werden. Darüber hinaus passiert das bei der Hauptachsenmethode auch zwischen den faktoren. also verändern sich die einzelnen skalenscores bei der rotation zueinander, wodurch die Faktorladungen erhöht werden und somit mein gesamtergebnis der faktorenanalyse verbessert werden soll.

Das sind keine Scalenscores, sondern Faktorwerte.

pbrue hat geschrieben: Wenn ich aber jetzt einfach einen mittelwert bilde, verliere ich diese anpassungen der faktoren doch vollkommen. Klar, die beste Zuordnung der Items zu den faktoren mag gleich bleiben, aber die Verbesserungen durch die rotation der faktorenanalyse gehen bei der mittelwert komplett verloren. also wäre es meiner meinung nach immer noch falsch, auf basis der rotierten faktorenmatrix diese mittelwerte zu bilden. oder?

Die Frage ist, wofür Du das brauchst!
In der Praxis werden selten Faktorwerte gebildet, weil sie u.a. auch stark stichprobenabhängig sind.

Möchte man allerdings weitergehende Analysen mit den Daten machen, sind Faktorwerte besser, allerdings ist der Umgang damit nicht immer einfach.
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