Notfall:Welcher Test eignet sich?

Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon alex.nieder333 » Mi 18. Dez 2019, 13:47

Ich habe eine Datenerhebung mit EINEM Befragungszeitpunt in 2 Gruppen (OP-Techniken) gemacht. So haben mir Patienten aus beiden Gruppen zu Zeitpunkten von 8 Jahren bis zu 6 MOnaten nach einem Ereignis (OP) geantwortet. Jetzt möchte ich gern schauen, ob es Unterschiede im Ergebnis (Kontinenz) in den einzelnen Jahren gibt. So will ich Schauen ob es einen signifikanten Unterschied bei der Kontinenz der Patienten aus dem 8. postoperativen Jahr zu dem Patienten aus dem postoperativen 7. Jahr gibt usw. Mit einer Kreuztabelle lässt sich das für ALLE patienten ja schön darstellen (Zeilen: Patienten nach Jahren, Spalten: KOntinent/inkontinent). Wie aber kann ich da jetzt noch die Gruppierung der Patienten am besten hineinbringen, also nicht nur den Unterschied zwischen den Jahren, sondern innerhalb dieser Berechnung auch den Unterschied in den beiden OP-Techniken berechnen?

Ich wäre für jede Hilfe sehr dankbar!!!
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Re: Welcher Test eignet sich?

Beitragvon PonderStibbons » Mi 18. Dez 2019, 14:08

alex.nieder333 hat geschrieben:Ich habe eine Datenerhebung mit EINEM Befragungszeitpunt in 2 Gruppen (OP-Techniken) gemacht. So haben mir Patienten aus beiden Gruppen zu Zeitpunkten von 8 Jahren bis zu 6 MOnaten nach einem Ereignis (OP) geantwortet.

Wie viele in jeder Gruppe?
Jetzt möchte ich gern schauen, ob es Unterschiede im Ergebnis (Kontinenz) in den einzelnen Jahren gibt.

Ist das ein ja/nein-Endpunkt, und wenn die Kontinenz erstmal weg ist, bleibt sie weg?
So will ich Schauen ob es einen signifikanten Unterschied bei der Kontinenz der Patienten aus dem 8. postoperativen Jahr zu dem Patienten aus dem postoperativen 7. Jahr gibt usw.

Wurden denn zuverlässig so gut wie alle Patienten befragt? Wenn Wahrscheinlichkeit für Befragungsteilnahme und
Endpunkt miteinander assoziiert sind, dann sind Ergebnisse doch nicht interpretierbar. Am Ende steht eine Gruppe
besser da, weil die problematischen Fälle in ihr alle gestorben sind und nicht mehr teilgenommen haben.

Anders gefragt: wie wurden die Teilnehmer an der Studie definiert, eingeschlossen und erreicht?

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon bele » Mi 18. Dez 2019, 14:21

Hallo Alex,

PonderStibbons' Fragen sind alle relevant und vielleicht sollte ich nichts schreiben, bis Du sie beantwortet hast. Ich denke aber, dass Du die Zeit bis zur nächsten Antwort von ihm nutzen solltest, um Dich zur "binär logistischen Regression" zu belesen. Die Chancen stehen gut, dass die nachher die Antwort oder ein wesentlicher Teil der Antwort sein wird. Also lese zu "logistische Regression" "Dummy-Codierung" und "Interaktionseffekt" (jeweils als Suchbegriff zusammen mit "Statistik" oder in einem Statistikbuch).

LG,
Bernhard
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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon alex.nieder333 » Mi 18. Dez 2019, 15:45

Lieber Bernhard,
vielen Dank für die wahnsinnig schnelle Antwort!

In Gruppe 1 sind 289 und ich Gruppe 2 658 Patienten.

Der Endpunkt ist ein ja/nein Endpunkt (KOntinent ja/nein).
Aber wenn die Kontinenz erst einmal weg ist, verbessert sie sich häufig noch nachdem eine gewisse Zeit vergangen ist. Deshalb sehe ich es auch als problematisch an, die Gruppen zu vergleichen, weil ja nicht nach 1, 2, 3, usw. Jahren dieselbe Person befragt wird, sondern nur EINE Person zu EINEM Zeitpunkt. Wenn ich das aber trotzdem wollte, wie könnte ich das wohl am besten machen?

Der Einschluss der Teilnehmer erfolgte anhand aller OP-Pläne, die seit 2010 erstellt wurden. Alle Patienten wurden angeschrieben (insgesamt 1509), es kamen 947 Antworten zurück, 3 davon wurden als verstorben gemeldet. von den übrigen Patienten habe ich kinerlei Information erhalten.
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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon bele » Mi 18. Dez 2019, 16:09

Hallo Alex,

alex.nieder333 hat geschrieben:In Gruppe 1 sind 289 und ich Gruppe 2 658 Patienten.


Das sind eher große Zahlen, das macht das Durchführen vieler Untersuchungsmethoden deutlich leichter. Bestätigt mit in der Annahme, dass logistische Regression passen könnte.

Der Endpunkt ist ein ja/nein Endpunkt (KOntinent ja/nein).


'binäres' Outcome für binär-logistische Regression ist gut.

3 davon wurden als verstorben gemeldet. von den übrigen Patienten habe ich kinerlei Information erhalten.


Ohne tiefere Ahnung von Urologie zu haben, sauge ich mir mal eben zwei Szenarien aus den Fingern: Du hast Patienten nach OP einer Benigner Prostatahyperplasie angeschrieben, von denen einige aus Altersgründen inzwischen verstorben sind, was aber nichts mit der Prostatahyperplasie zu tun hat. Die Fehlenden sind missing at random. Statistik hilft hier gut.
Anderes Szenario: Du hast Patienten nach Operation bei Prostatakarzinom angeschrieben. Die mit den ganz großen Tumoren sind einen Tick radikaler operiert worden und sie sterben früher, weil die radikalere Operation die vorher übersehenen Mikrometastasen nicht bekämpft. Also sind häufig die mit der etwas radikaleren Operation sowohl die mit Inkontinenz als auch nach wenigen Jahren postalisch nicht mehr erreichbar. Statistik ist gefährlich und verleitet zu Fehlschlüssen: Scheinbar bessert sich die Kontinenz nach einigen Jahren, weil die Inkontinenten inzwischen verstorben sind.
In Szenario 2 Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht!


Wenn ich das aber trotzdem wollte, wie könnte ich das wohl am besten machen?


Eine binär logistische Regression in der als unabhängige Variablen die Zahl der Jahre seit der OP, die Zahl der Jahre seit der OP zum Quadrat und eine Dummyvariable für die OP-Methode eingesetzt werden, als abhängige Variable eine Dummyvariable die codiert, ob Kontinenz oder Inkontinenz zurückgemeldet wurde.

Alternativ könnte man statt der Zahl der Jahre seit OP und deren Quadrat die verschiedenen Abstände auch wieder dummycodieren, was ein bisschen davon abhängt, wie sich Deine Patienten auf die Zahl der Jahre nach OP verteilen, ob es also für jeden Dummy ausreichend viele Patienten gibt.

Über Interaktionsterme müsste man dann nochmal gesondert nachdenken.

LG,
Bernhard
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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon PonderStibbons » Mi 18. Dez 2019, 16:09

Man muss im Zweifel davon ausgehen, dass Endpunkt und Studienteilnahme
direkt oder indirekt miteinander korreliert sind, was wie gesagt Interpretationen
etwaiger Unterschiede problematisch macht. Man müsste demnach ein Modell
entwickeln, das Ko-Faktoren zur Erklärung von In/Kontinenz einbezieht.
Auf jeden Fall muss man zunächst beide Gruppen und gegebenenfalls die
betrachteten Jahre hinsichtlich Responserate bei der Befragung und der
Verteilung von Ko-Faktoren bei den Respondern
und Nonrespondern untersuchen.
In Gruppe 1 sind 289 und ich Gruppe 2 658 Patienten.

Das heißt im Schnitt stehen pro Jahr so um die 110 Beobachtungen zur Verfügung.

Was hat es mit dem jahresweisen Vergleich auf sich, was soll "ob es einen
Unterschied bei der Kontinenz der Patienten aus dem 8. postoperativen Jahr
zu den Patienten aus dem postoperativen 7. Jahr gibt usw." an Erkenntnissen
bringen? "usw" bedeutet anscheinend paarweise Vergleiche jahresweise,
das wären pozenziell 28 Paarvergleiche. Welche Fragestellung steht,
präzise und nachvollziehbar formuiert, denn hinter der zeitlichen
Betrachtung? Wenn es nur sowas ist wie "ist irgendwie mit der Zeit in der
einen Gruppe was anders als in der anderen", dann wären jahresweise
Vergleiche nicht zwingend erforderlich.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon PonderStibbons » Mi 18. Dez 2019, 16:12

bele hat geschrieben:Eine binär logistische Regression in der als unabhängige Variablen die Zahl der Jahre seit der OP, die Zahl der Jahre seit der OP zum Quadrat und eine Dummyvariable für die OP-Methode eingesetzt werden, als abhängige Variable eine Dummyvariable die codiert, ob Kontinenz oder Inkontinenz zurückgemeldet wurde.

Ich dachte wegen des Studiendeigns an den Cousin Cox-Regression.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon bele » Mi 18. Dez 2019, 16:27

Hallo Alex,
hallo PonderStibbons,

da muss ich jetzt offen gestehen, dass ich mich mit Cox-Regressionen zu wenig beschäftigt habe, um mitzureden. Ich weiß aus jahrelanger Forumserfahrung, dass Du, PonderStibbons, viel mehr über Statistik weißt als ich und daher ist es für Dich, Alex, sicher vernünftig, das von PonderStibbons vorgeschlagene Regressionsverfahren vorrangig vor meinem Vorschlag zu verfolgen.

Liebe Grüße,
Bernhard
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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon PonderStibbons » Mi 18. Dez 2019, 16:59

Danke für die Blumen, nur habe ich bei somatisch medizinischen Fragestellungen
nicht den großen Hintergrund, da kann man in Fällen wie diesem hier (wo Hintergrund,
Thema, Fragestellung, Design, Durchführung weitgehend erst noch erfragt werden
müssen) eher mal auf falsche Fährten kommen. An eine Überlebenszeitanalyse
wäre interessant, dass zu jedem Zeitpunkt t die Informationen aller vorhergehenden
Zeitpunkte in die Betrachtung eingehen, nur muss sich das mit dem Endpunkt und der
präzisen Fragestellung der Studie vertragen.
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Re: Notfall:Welcher Test eignet sich?

Beitragvon alex.nieder333 » Do 19. Dez 2019, 11:54

Hallo bele, Hallo PonderStribbons,

ich bin sehr dankbar für eure Antworten, vielen Dank!
Und bele, ich bin beeindruckt über dein Vorstellungsvermögen. Tatsächlich handelt es sich um Patienten mit Prostatakarzinom nach radikaler Prostatektomie.
Ich glaube, ihr werdet schon gemerkt haben, dass ich statistisch ganz schön aufgeschmissen bin. Wenn ich nun die logistische Regression mit deinen Vorschlägen (bele) durchführen möchte, wie setze ich die Zahl der Jahre seit OP bei SPSS ins Quadrat? oder erstelle ich dafür einfach eine neue Variable? und was steckt dahinter? Wieso nehme ich die Zahl der Jahre nach der OP ins Quadrat?

Ko-Faktoren für die Entstehung von Inkontinenz habe ich erhoben (Alter, BMI, Prostatagröße, Risikogruppe, präventive Maßahmen wie präoperatives Beckenbodentraining, Komplikationen bei der OP). An dieser Stelle vielen Dank für den Gedankenanstoß PonderStribbons, die Kofaktoren in der Responder- und der Nonrespondergruppe zu vergleichen!

Die Fragestellung hinter der Zeit, die seit der OP vergangen ist, ist tatsächlich die, dass ich schauen möchte, ob sich an der Kontinenz im Zeitverlauf etwas ändert. Normalerweise sind die Studien so aufgebaut, dass DERSELBE Patient 3, 6, 12 und 24 Monate nach der OP befragt wird und es i.d.R. eine Besserung der KOntinenz gibt, da sich die umliegenden Strukturen (vor allem Nerven) durch Abschwellung des Gewebes und teilweise Regeneration mit der Zeit erholen und zu besserer Kntinenz führen. Da ich alle Patienten aber nur zu einem Zeitpunkt befragt habe, stelle ich mir das auch schwierig vor.

Vielen, vielen Dank für eure Hilfe!!
Alex
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