Berechnung der Varianz aus Experten-Interview

Univariate Statistik.

Berechnung der Varianz aus Experten-Interview

Beitragvon Floy89 » Di 14. Mär 2017, 13:39

Hallo Leute,

ich beschäftige mich zur Zeit mit Risikomanagement und bin dabei auf folgende Veröffentlichung gestoßen:
https://www.risknet.de/fileadmin/eLibra ... nk_p26.pdf

Die Quelle habe ich auch schon woanders zitiert gefunden.

Darin beschreibt der Autor ein Vorgehen, wie in Experten-Interviews Informationen über einzelne Risiken abgefragt werden können (ab S. 29).
Genauer sagt er an einer Stelle folgendes:

"Das Objekt der Bewertung kann ein Prozess oder eine Bündelung von Prozessen sein. Für dieses Objekt wird für zehn Risikoursachenkategorien beurteilt, wie hoch das Risikopotenzial und die Häufigkeit in einer typischen Situation sind. Der Experte gibt ebenfalls die Bandbreiten um beide Werte an, umso die Variabilität in der Schätzung zum Ausdruck zu bringen. Die Experten betrachten eine Bandbreite in die 95% aller vorstellbaren typischen Werte passen. Eine solche Schätzung wird ebenfalls für die Schadenshöhe gemacht." (S.31)

Später geht er dann noch genauer darauf ein, wie aus diesen Informationen das Risikokapital kalkuliert werden kann. Dafür wird für jedes Risiko anhand der Informationen eine Verteilung gewählt und die Parameter der Verteilungen aus den Experteninformationen abgeleitet:
"Im ersten Schritt werden die Parametewerte für die Verteilungen der Häufigkeit und der Schadenshöhe bestimmt. Die zu bestimmenden Parameterwerte sind der Mittelwert und die Standardabweichung. Der Mittelwert wird dem geschätzten typischen Wert gleichgesetzt. Die Ableitung der Standardabweichung erfolgt aus den geschätzten Bandbreiten. Die Bestimmung der Standardabweichung berücksichtigt, dass der Experte 95% aller typischen Fälle in der Bandbreite eingeschlossen hat." (S.32)

Nun zu meiner Frage:
Wie genau kann ich aus der Bandbreite (2 Werte bzw. das 5% und das 95% Quantil) und dem Mittelwert (1 Wert) die Standardabweichung berechnen?

Ich weiß, dass ich die Standardabweichung am besten über die Varianz berechne und ich kenne auch die Formel für die Varianz. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich hier einfach die drei vom Experten genannten Werte (Mittelwert sowie die Randwerte der Bandbreite) in die Formel einsetzen kann.

Steh ich einfach auf dem Schlauch und kann ich das mit den drei Werten einfach so machen oder muss ich noch etwas davor durchführen?
Ich konnte keine Quelle finden, die genauer auf diesen Sachverhalt eingeht, sondern ich habe immer nur welche gefunden, die die Varianzberechnung z.B. anhand von mehreren Stichprobenwerten veranschaulicht.

Für Hilfe wäre ich da dankbar.

Viele Grüße
Floy89
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Re: Berechnung der Varianz aus Experten-Interview

Beitragvon bele » Di 14. Mär 2017, 18:20

Wenn man hier mal ohne weiter nachzudenken einfach Normalverteilung annimmt, dann fallen 95% der Fläche unter der Gaußkurve in das Intervall zwischen und , wobei für den Mittelwert und für die Standardabweichung stehen. Der Rest ist algebraische Umformung. Noch etwas präziser wäre es, statt der 2 eine 1,96 einzusetzen, aber so kleinlich wird man da nicht sein, wo man soviel andere Fehler in Kauf nimmt.

LG,
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Re: Berechnung der Varianz aus Experten-Interview

Beitragvon Floy89 » Di 14. Mär 2017, 19:38

Danke für den Hinweis. Ich habe das soweit verstanden glaub ich, aber leider bin ich kein Statistik-Experte. Für mich ist das fast Neuland.
Und wenn man nicht von einer Normalverteilung ausgeht?

Also bspw. sagt ein Experte "Im Mittel kostet uns eine Störung 60€, ich habe es allerdings auch mal erlebt, dass wir nur 50€ bezahlt haben, aber in einem anderen Fall dann 100€ bezahlt haben hatten". Bei der Verteilung handelt es sich bspw. um eine Gamma-Verteilung.

So wie ich das verstehe, wäre dann der Mittelwert 60 und die Bandbreite wäre 50 --> 100.

Ist die Berechnung vielleicht von der Verteilung abhängig?
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Re: Berechnung der Varianz aus Experten-Interview

Beitragvon Floy89 » Mi 15. Mär 2017, 19:50

Ich habe mittlerweile wo gelesen, dass man durch den Mittelwert und die beiden Quantile eine angenommene Verteilung fitten kann.

Allerdings konnte ich noch nicht rausfinden wie ich das mache. Brauche ich dafür eine Software?

Mein Ziel ist letztendlich folgendes: Ich verwende Anylogic zur Simulation einer Supply Chain und an einer Stelle möchte ich gerne ein Risiko berücksichtigen (z.B. ein Transport der während der Simulation unterschiedlich oft verzögert ist und unterschiedlich lange verzögert ist). Das Simulationsmodell soll im Rahmen einer Monte Carlo Simulation mehrfach durchlaufen werden bzw. die risikobehafteten Parameter (Häufigkeit mit der der Transport verzögert ist und Dauer der Verzögerung) sollen sich von Durchlauf zu Durchlauf ändern. Am Ende möchte ich dann sozusagen die Durchlaufzeit-at-Risk bestimmen.
Damit ich in Anylogic allerdings die Verteilungen berücksichtigen kann, muss ich diese in Form verschiedener Parameter angeben. Bei der Gamma-Verteilung z.B. durch den Form-, Skalenparameter und einen Mindestwert. Ich weiß dass ich die beiden Parameter über eine Formel berechnen kann, allerdings brauche ich für diese Formel die Varianz. Auch für andere Verteilungen in Anylogic brauche ich häufig die Standardabweichung einer Verteilung....

Bin schon ganz am Verzweifeln :oops:
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