Kontrolle in Mediationsanalyse

Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Sabrina » Sa 8. Feb 2014, 13:41

Hallo an alle Forenteilnehmer,

im Rahmen meiner Masterarbeit führe ich eine Mediationsanalyse in STATA über die Funktion SEM mit den folgenden Variablen durch:
-UV: Bildung
-MV1: Einkommen
-MV2: Erwerbsstatus
-AV: Lebenszufriedenheit

Hierfür erhalte ich soweit zu meinen Hypothesen passende Ergebnisse. Allerdings suche ich nun vergebens nach Literatur, die mir angibt, welche der Variablen auf Drittvariablen kontrolliert werden muss. Zunächst dachte ich, dass ich die unabhängigen Variablen (also Bildung (UV), Einkommen und Erwerbsstatus (MV)) bezüglich soziodemografischer Variablen (wie Alter, Geschlecht, Familienstand...) kontrollieren muss. Nun habe ich jedoch in einer Arbeit gelesen, dass die abhängigen Variablen (also Einkommen, Erwerbsstatus (MV) und Lebenszufriedenheit (AV)) kontrolliert wurden. Kann mir jemand mit Literatur oder anderen Verweisen weiterhelfen, die mir genau sagen, ob nun die UV + MV oder doch die MV + AV in der Mediationsanalyse bezüglich Drittvariablen kontrolliert werden müssen...?
Vielen Dank schonmal :)
Sabrina
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 3
Registriert: Sa 8. Feb 2014, 13:33
Danke gegeben: 0
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Holgonaut » Di 11. Feb 2014, 23:19

Hi Sabrina,

du musst diejenigen theoretisch angenommenen (oder empirisch belegten) Variablen miteinbeziehen, die auf eine AV einen Effekt haben UND mit deiner UV korrelieren (oder einen Effekt auf die
UV haben).
Andernfalls bekommst du verzerrte Effekte. D.h. du musst weitere Kovariate einfügen, die einen Effekt auf MV1, MV2 oder Lebenszufriedenheit (LZ) wirken und mit Bildung korrelieren,
und Variablen, die auf LZ wirken und auf MV1 oder MV2.

Mal einfach mal ein Gesamtmodell aller Variablen auf, das du dir (oder andere) sich vorstellen mit allen denkbaren Variablen. Immer wenn eine UV und eine AV (oder MV) durch andere Variablen verbunden werden können (über einen indirekten Effekt oder als gemeinsame Folge einer gemeinsamen Ursache), müssen sie kontrolliert werden.

Ich weiß, dass klingt kompliziert. Wenn du Zeit hast, schau dir mal dagitty.net - das ist ein browser-Programm mit dem du Modelle malen kannst. Diese zeigen dir an, welche Variablen andere Effekte verzerren, wenn du sie ignorieren würdest. Oder/und google mal nach path tracing rules und d-separation. Das ist nicht einfach, aber so verstehst du, welche (unterstellten) Kovariate mit rein müssen.

Die herkömmliche Art und Weise, Kontrollvariablen einzubeziehen, hat etwas von einem kopflosen Ritual. Ich kenne fast niemanden, der mir auf die Frage, warum eine bestimmte Variable kontrolliert wurde, eine vernünftige Antwort geben konnte ;) Meist kam so was wie "weil sie auch einen Effekt auf die AV hat". Zentral ist hier aber, dass sie AUCH mit der UV korrelieren muss.

Grüße
Holger
Holgonaut
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 767
Registriert: Do 2. Jun 2011, 18:20
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 207 mal in 198 Posts

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Sabrina » Do 13. Feb 2014, 10:19

Vielen Dank, Holger! :)

Leider hat sich herausgestellt, dass mein Modell zu einfach gedacht war und ich noch viel mehr Variablen mitaufnehmen muss. Mal sehen, was sich nun mit der Kontrolle von weiteren Variablen ergibt...
Sabrina
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 3
Registriert: Sa 8. Feb 2014, 13:33
Danke gegeben: 0
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Holgonaut » Do 13. Feb 2014, 10:27

Hi,

ja das ist sinnvoll. Und wie gesagt: Nimm sinnvolle Variable, die a) als mögliche Drittvariablen (gemeinsame Ursachen) oder b) korreliernde weitere Prädiktoren auf einen link wirken.

Das kann sogar dazu führen, dass du dadurch erst Effekte findest.

Gruß
Holger
Holgonaut
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 767
Registriert: Do 2. Jun 2011, 18:20
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 207 mal in 198 Posts

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Sabrina » Do 13. Feb 2014, 12:02

Hallo Holger,

wie ist es denn, wenn ich in meinem Modell metrische Variablen habe -müssen diese vorher zentriert werden? Oder kann ich die metrischen Variablen im SEM-Befehl auch nicht-zentriert mitaufnehmen...?

Liebe Grüße, Sabrina
Sabrina
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 3
Registriert: Sa 8. Feb 2014, 13:33
Danke gegeben: 0
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Holgonaut » Do 13. Feb 2014, 12:27

Wozu das denn?

Variablen werden / müssen nie zentriert (werden). Bei Interaktionseffekten kann man es machen, um die Effekte auf eine bevorzugte Art interpretieren zu können oder sie grafisch
darzustellen.

Gruß
Holger
Holgonaut
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 767
Registriert: Do 2. Jun 2011, 18:20
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 207 mal in 198 Posts

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon josora » So 6. Nov 2022, 16:00

Hallo Holger,

auch hierzu hätte ich im Hinblick auf mein SEM eine Frage. :-)

Wenn ich das richtig verstehe, sollte ich neben einer "theoretischen" Begründung für die Aufnahme von typischen Kontrollvariablen (z. B. Alter, Geschlecht) erst einmal auch statistisch prüfen, ob dies sinnvoll ist. Wie könnte ich das machen? Sollte ich mittels Korrelationsanalysen und linearen Regressionen zunächst ermitteln, welche der Kontrollvariablen mit meiner AV und meinem Mediator signifikant in Verbindung stehen? Und nur, wenn dies der Fall ist, diese anschließend mit aufnehmen?

Und was die Skalierung betrifft: Teilweise sind meine Kontrollvariablen ordinal (z. B. Altersgruppen) - was muss ich bei der Aufnahme in meinem SEM beachten?

Danke vielmals und VG
Sophie
josora
Grünschnabel
Grünschnabel
 
Beiträge: 8
Registriert: Sa 22. Mai 2021, 17:31
Danke gegeben: 0
Danke bekommen: 0 mal in 0 Post

Re: Kontrolle in Mediationsanalyse

Beitragvon Holgonaut » Mo 7. Nov 2022, 09:11

Hi Sophie,

über Kontrollvariablen entscheidet man nur theoretisch, da es durchaus sein kann, dass eine Kontrollvariable nicht-signifikant ist aber dennoch ihre Kontrollfunktion hat. Außerdem zeigt ja deine Frage, dass "Zusammenhänge" einer Kontrollvariable mit UV und/oder uninformativ sind.

Schau dir bitte mal die erste Hälfte dieses Papers hier an. Das dreht sich zwar um meta-analytische SEM, aber im Grunde geht es in der Essenz um SEM, kausale Identifikation und Kontrollvariablen-Auswahl.

https://link.springer.com/content/pdf/1 ... 0293-6.pdf

Zudem hatte ich auf ResearchGate vor einiger Zeit eine ausgeprägte Diskussion über Kontrollvariablen, die zwar lang ist aber dir alles zeigt, was du wissen musst:
https://www.researchgate.net/post/Delet ... ariables/1

Wegen des Skalenniveaus. Wenn das deutlich vom Intervallniveau abweicht, dann eben als dummies.

Grüße
Holgere
Holgonaut
Foren-Unterstützer
Foren-Unterstützer
 
Beiträge: 767
Registriert: Do 2. Jun 2011, 18:20
Danke gegeben: 3
Danke bekommen: 207 mal in 198 Posts

folgende User möchten sich bei Holgonaut bedanken:
PonderStibbons


Zurück zu Pfadanalyse, Strukturgleichungsmodelle & CFA

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste