Mediationsanalyse

Mediationsanalyse

Beitragvon Will49 » Mi 26. Okt 2022, 10:02

Guten Tag zusammen,

ich schreibe aktuell meine Abschlussarbeit und bin ein wenig am grübeln.
Mir ist bewusst, dass es selbst für euch Experten schwierig ist genaue Aussagen zu treffen ohne die Variablen zu kennen etc. ich denke eine allgemeine interpretation würde mir jedoch bereits helfen.
Meine Frage ist jetzt, wie ich folgendes zu interpretieren habe:

a-Pfad = 0.21**
b-Pfad = 0.9**
c`-Pfad (direkt) = -0.139
c-Pfad (total) = 0.05
indirekter Effekt = 0.189** (da keine 0 im Konf.Intervall)

-> mir ist bewusst, dass nach Baron und Kenny (1986) bereits bei einem nicht signifikanten c-Pfad abzubrechen ist. Nach neueren Erkenntnissen, ist eine Mediation ja aber dann gegeben, wenn tatsächlich ein indirekter Effekt besteht. Und das tut es in diesem Fall ja.

Vielleicht kann ja irgendjemand Licht ins Dunkle bringen und hat eine Idee, wie diese Mediation zu interpretieren ist.

Freundliche Grüße
Will49
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Re: Mediationsanalyse

Beitragvon PonderStibbons » Mi 26. Okt 2022, 11:08

Steht doch da. X hat für einen negativen Zusammenhang mit Y,
aber einen positiven Zusammenhang mit M. Da M wiederum einen
positiven Zusammenhang mit Y hat, gleichen sich der negative direkte
und der positive vermittelte Zusammenhang aus.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Mediationsanalyse

Beitragvon Will49 » Mi 26. Okt 2022, 11:35

Vielen Dank für die schnelle Antwort @PonderStibbons.

kann man in der Interpretation trotzdem von einem negativen direkten Zusammenhang sprechen, auch wenn dieser nicht signifikant ist (ebenso mit dem totalen Effekt)?
Besser formuliert: Heißt das jetzt das wir einen Zusammenhang zwischen X und Y (über den Mediator) haben obwohl der totale Effekt nicht signifikant ist? Ein positiver Zusammenhang besteht nur aufgrund des mediators nicht aber aufgrund des Verhältnisses zwischen X und Y?

Wie interpretiere ich das? X hat einen Einfluss auf Y aber nur durch den Einfluss anderer Variablen wie in diesem bsp. den Mediator?
Will49
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Re: Mediationsanalyse

Beitragvon PonderStibbons » Mi 26. Okt 2022, 12:05

kann man in der Interpretation trotzdem von einem negativen direkten Zusammenhang sprechen, auch wenn dieser nicht signifikant ist (ebenso mit dem totalen Effekt)?

Ich habe mich nur auf die Stichprobenkoeffizienten bezogen. Irgendwelcher weiterer Interpretationen
enthalte ich mich, ich kenne weder Fragestellung noch Variablen noch Stichprobe noch Stichprobengröße.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Mediationsanalyse

Beitragvon bele » Mi 26. Okt 2022, 15:09

Grundsätzlich kann es sein, dass ein negativer direkter und ein positiver Mediationseffekt sich auslöschen. Das könnte in Deiner Stichprobe der Fall sein.
https://www.sowi.uni-stuttgart.de/abtei ... e_v1-3.pdf schreibt auf Seite 4:
Durch die Berücksichtigung einer Mediator-Variablen im Regressionsmodell kann
sich sogar erweisen, dass eine X-Variable, die keinen signifikanten totalen Effekt
auf Y aufweist, durchaus starke und statistisch signifikante indirekte und direkte
Effekte auf Y ausübt, die aber in gegenläufiger Einflussrichtung wirken und sich
daher in der Summe im totalen Effekt aufheben.
[...]
Dies bedeutet auch, dass ein nicht-signifikanter bivariater Regressionskoeffizient von 0,00 (= totaler Effekt) noch lange nicht heißen muss, dass X überhaupt
keinen Einfluss auf Y hat – die Kausalstruktur kann auch lediglich komplexer sein.


Ein signifikant vorhandener indirekter Effekt ist der Nachweis einer Mediation.

https://wgruber.github.io/Modellbildung2/mediation.html schreibt:

Bootstrap Test: berechnet Konfidenzintervalle für den indirekten Effekt. Liegt der Null-Effekt im CI, kann man davon ausgehen, dass keine Mediation vorliegt, anderenfalls hat man einen Mediator-Effekt gefunden. Diese Methode gibt über den Sobel-Test hinaus auch noch Auskunft über die Güte (Breite des CIs) des gefundenen Mediatior-Effektes. Wenn möglich, sollte diese Methode zur Absicherung des Effektes gewählt werden.


Der Satzteil mit "kann man davon ausgehen" ist unglücklich formuliert, der Satzteil mit dem "andernfalls" ist vielleicht das, wonach Du suchst. Ich weiß es nicht genau, aber der Autor des oben verlinkten Textes ist dieser hier: https://www.plus.ac.at/psychologie/fach ... er-roland/


Abschließend noch aus einem der beiden oben zitierten Werke (welchem?)

Es soll noch daran erinnert werden, dass die hier genannten Regressionsschätzungen zum Nachweis von Mediator-Effekten allen regressionsanalytischen Anforderungen entsprechen müssen [...] und daher u.a. auch eigene Residuenanalysen notwendig machen. Daran lässt sich auch leicht erkennen, dass die Schätzung von Mediator-Modellen mit sehr viel Aufwand verbunden sein kann. Anspruchsvolle Sozialforschung sollte sich jedoch nicht davon abhalten lassen, entsprechende Analysen durchzuführen.


LG,
Bernhard
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Re: Mediationsanalyse

Beitragvon Holgonaut » Do 27. Okt 2022, 10:09

Hi zusammen

meine beiden Kollegen haben bereits (fast) alles gesagt. Dass die -.14 nicht sign. ist ändert nichts, dass der geschätzte totale effekt die Summe aus indirektem und direktem Effekt ist. EIn Wert von -.14 ist ja schon nicht "nichts" und zahlt da subtantiell ein.

Mich würde (trotz nicht-sign.) aber interessieren, ob ein eventueller negativer direkter Effekt denn plausibel wäre. Solche negativen Effekte tauchen dann auf, wenn die M-Y-Beziehung durch ausgeschlossene Drittvariablen konfundiert ist. Für mich immer eine red flag. Vielleicht kannst du mal darüber nachdenken, ob du in deinem Datensatz eventuell Variablen hast, die (theoretisch) einen spezifischen Einfluss auf M haben könnten (und keinen auf Y). Mit diesem "instrumentalvariablen-Ansatz" kann man den o.g. Fall testen.

Grüße
Holger
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