EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

Beitragvon Thomas07 » So 29. Mär 2015, 09:45

Hallo Zusammen,

ich sitze gerade an meiner Thesis und bekomme von unterschiedlichen Seiten unterschiedliche Antworten zum Thema EFA und CFA. Vielleicht könnt Ihr mir eine klare Antwort geben :)

Ich habe ein neues Instrument entwickelt, mit Hilfe dessen man bestehende Erfahrungen im Bereich der IT-Systemeinführungen messen kann.
Nach einem Pretest habe ich eine Analysestichprobe erhoben und bin montan dabei, eine Itemanalyse durchzuführen.
Im Rahmen der Itemanalyse soll auch eine Dimensionalitätsüberprüfung durchgeführt werden. An dieser Stelle besteht nun mein Problem:

Soll ich eine explorative oder konfirmatorische Faktorenanalyse durchführen? Ich habe aus unterschiedlichen Studien kritische Erfolgsfaktoren abgeleitet, diese theoretisch fundiert und Items auf Basis der Erfolgsfaktoren konstruiert. Nachfolgende Informationen finde ich in den einschlägigen Lehrbüchern:

Nach Moosbrugger und Kelava (2012) sollte unbedingt eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt werden, wenn eine Theorie vorliegt („Liegt eine Theorie vor, so sollte immerdie CFA und nicht die EFA verwendet werden. Nur mit ihr ist es möglich, die Hypothesen konfirmatorisch zu prüfen und die Güte des resultierenden Modells zu beurteilen.“ (Moosbrugger; Kelava, 2012, S. 340) Amelang führt an, dass sich multivariate Analysemethoden in strukturentdeckende und strukturprüfende Verfahren einteilen lassen. Dabei wird bei strukturentdeckenden Verfahren das Ziel der Entdeckung von Zusammenhängen zwischen Variablen verfolgt, wohingegen das Ziel der strukturprüfenden Verfahren die Überprüfung von Zusammenhängen zwischen Variablen ist. "Eine derartige Überprüfung setzt voraus, dass für solch eine Zusammenhangsstruktur bereits a priori Annahmen formuliert wurden." (Amelang, 2006, S. 109) Nach Schnell, Hill und Esser erfordern konfirmatorische Faktorenanalysen "die vorherige Festlegung einiger Größen, wie z.B. der Anzahl der Faktoren, der Beziehungen zwischen den Faktoren und der Beziehungen zwischen den Faktoren und den beobachteten Variablen." (Schnell, HIll, Esser, 2008, S. 162) Durch diese theoretische Festlegung wird das sogenannte "Messmodell" definiert, dass mit Hilfe der CFA überprüft wird (vgl. ebd.).

Da in meinem Fall eine Theorie existiert und ich die Faktoren und Items darauf aufbauend konstruiert habe, würde ich eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchführen. Auch die Aussagen nach Moosbrugger und Kelava sowie die von Amelang, Schnell, Hill und Esser sprechen aus meiner Sicht für eine CFA, da bei mir bereits a priori Annahmen über die Struktur formuliert und die unterschiedlichen Beziehungen in einem Modell dargestellt wurden.

Mein Betreuer meinte jedoch, das zuerst immer eine EFA durchzuführen sei, jedoch hätte ich mir dann ja das Thema mit der Theorie, der Ableitung von Faktoren und der darauf konstruierten Items am Anfang sparen können oder?

Was meint Ihr dazu? Ist immer vorab eine EFA zu rechnen?

Vielen Dank und viele Grüße,
Thomas07
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Re: EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

Beitragvon strukturmarionette » So 29. Mär 2015, 12:08

Hi,

Nach einem Pretest habe ich eine Analysestichprobe erhoben und bin montan dabei, eine Itemanalyse durchzuführen.
Im Rahmen der Itemanalyse soll auch eine Dimensionalitätsüberprüfung durchgeführt werden. An dieser Stelle besteht nun mein Problem:

Soll ich eine explorative oder konfirmatorische Faktorenanalyse durchführen? Ich habe aus unterschiedlichen Studien kritische Erfolgsfaktoren abgeleitet


Nun ja. Demnach hast Du 'irgendwas' (= Items) nach Deinem Gefühl -theoretisch abgeleitet- gut zusammenpassendes ausgesucht.
Wenn Du (noch) im Rahmen von Itemanalysen arbeitest, geht es doch darum deine Items zu prüfen bzw die Messinstrumente, die ein(e) oder mehrerer latente Variable(n) operationalisieren sollen.
Das bedeutet, 'auszuprobieren'. Und für diesen Zweck eignen sich (u.a.) EFAs, um ggfs die Skalen zu verbessern.
Deine Zitierungen sind gut, aber scheck doch einmal, ob sich die Autoren speziell auf 'Itemanalysen' beziehen.

jedoch hätte ich mir dann ja das Thema mit der Theorie, der Ableitung von Faktoren und der darauf konstruierten Items am Anfang sparen können oder?


Nein, das macht immer Sinn.

Gruß
S.
strukturmarionette
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Re: EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

Beitragvon Thomas07 » So 29. Mär 2015, 13:29

Hi Strukturmarionette,

Danke erstmal für deine schnelle Antwort!

Zumindest bei dem Zitat von Moosbrugger und Kelava bin ich mir aber sicher, dass ihre Aussage in Hinblick auf die Itemanalyse getroffen wurde.

Hat sonst noch jemand eine Meinung dazu?

Vielen Dank und viele Grüße!
Thomas07
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Re: EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

Beitragvon Thomas07 » Di 31. Mär 2015, 08:54

Hallo zusammen,

ich habe nochmal weiter recherchiert und hätte nun folgende Idee:

Ich könnte in meiner Thesis erst eine CFA zur Überprüfung der theoretischen Faktorenlösung rechnen (inkl. Reliabilitätsanalyse der a priori Faktoren) und anschließend eine EFA (inkl. Reliabilitätsanalyse der neuen Faktoren) durchführen, um die Dimensionalität grundsätzlich nochmal zu prüfen. Wäre das aus eurer Sicht eine elegante Lösung, oder spricht grundsätzlich was dagegen?

Ich weiß das ich mir hierdurch zusätzlich arbeit mache, jedoch will ich meine theoretische Faktorenlösung nicht ohne weiteres aufgeben und die Reliabilitätsanalyse der a priori Faktoren zeigt extrem gute alpha Werte...

Was meint Ihr dazu?

Viele Grüße
Thomas07
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Re: EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

Beitragvon strukturmarionette » Mi 1. Apr 2015, 03:03

Hi,

ich habe nochmal weiter recherchiert und hätte nun folgende Idee:


Probier es aus. Frag bei Deinem Auftraggeber nach, ob das akzeptiert wird.
Wenn Du die Vorgehensweiese mit Deinen Recherchen (wo auch immer) gut begründest, kann dabei kaum was schiefgehen.
Ich würde anders vorgehen.

Gruß
S.
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Re: EFA oder CFA, was ist jetzt richtig?

Beitragvon Albrecht » Sa 4. Apr 2015, 13:17

Thomas07 hat geschrieben:...
Ich könnte in meiner Thesis erst eine CFA zur Überprüfung der theoretischen Faktorenlösung rechnen (inkl. Reliabilitätsanalyse der a priori Faktoren) und anschließend eine EFA (inkl. Reliabilitätsanalyse der neuen Faktoren) durchführen, um die Dimensionalität grundsätzlich nochmal zu prüfen. Wäre das aus eurer Sicht eine elegante Lösung, oder spricht grundsätzlich was dagegen?
...

Als erstes eine CFA ginge wohl, eine EFA würde ich dann nur machen, wenn die CFA einen unzureichenden Modellfit ergibt.
Die Relibailitätsanalyse lässt sich unabhängig von EFA oder CFA durchführen und würde ich grundsätzlich empfehlen.
Albrecht
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