Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon ben1983 » Do 19. Mai 2016, 10:23

Moin Moin an die Community,

ich (wir) stehen vor der Erstellung eines doch umfangreichen Fragebogens für ein Forschungsprojekt. Ziel soll es sein aus dem Fragebogen mehrere Modelle (SEM) generieren zu können. Weil wir nur einmal die Möglichkeit zur Erhebung haben. meine Frage zielt jetzt darauf ab, ob man generell bekannte Skalen wie zum beispiel für Organizational Citizienship Bheavior reduzieren kann. Die Orginalskala oder anders das bereits mehrmals geteste Messinstrument besteht ja aus mehreren Dimensionen z.B. Sportsmanship, civic virtue etc. welche wiederum latente Variable mit eigenen Messindikatioren darstellen. Wenn wir für alle Kosntrukte diese bekannte großen Psychosomentrischen Messinstrumente einsetzen würden, würde der Fragebogen schnell explodieren. Daher meine Frage inwiefern kann man diese bekannte Skalen reduzieren, so dass man ein einfaktorielles Konstrukt OCB mit 4-5 anstatt mit 20 Items hat. Sprich die Skala reduzieren, aggregieren. Da uns ja auch in erster Linie nicht die Faktorsturktur dieses einen Konstrukts interessiert, sondern vielmehr die kausalen Beziehungen in einem größeren nomologischen Netz.

Für Hilfestellung wären wir sehr dankbar

beste Grüße
ben1983
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon strukturmarionette » Do 19. Mai 2016, 12:17

Hi,

meine Frage inwiefern kann man diese bekannte Skalen reduzieren, so dass man ein einfaktorielles Konstrukt OCB mit 4-5 anstatt mit 20 Items hat.

- Veränderungen an derartigen Messinstrumenten mache diese unbrauchbar
- Veränderungen erfordern Neuvalidierungen, die vom Umfang her aufwendiger sind als das Zusammenbasteln und 'fitten' eines SEMs mit bestehenden standardisierten (ggfs normierten) Skalen.

nur einmal die Möglichkeit zur Erhebung haben.

- dann geht sowas nicht

Gruß
S.
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon ben1983 » Do 19. Mai 2016, 13:46

Danke für die Antwort,

nochmal es geht ja nicht um die Bestätigung eines Messintrumentes, sondern um die Messung eines Konstruktes im nomologischen netz mehrerer Konstrukte. Im endeffekt müsste es doch machbar sein aus den fünf Dimensionen von OCB z.B. jeweils ein Item rauszuziehen, so dass man eine latente Var mit 5 Indikatoren hat. Gemessen wird immer noch OCB durch seine Teilaspekte, diese nur nicht in epischer breite.

Das der Psychologe jetzt wahrscheinlich sich übergeben muss ist mir klar, ich denke nur pragmatisch;)

oder doch lieber die Finger von lassen?
ben1983
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon strukturmarionette » Fr 20. Mai 2016, 01:27

Hi,

oder doch lieber die Finger von lassen?

- schicke eine e-Mail mit entsprechender Frage an die Testautoren /autorinnen (Skalenautoren, /-autorinnen)
- wenn Du was seriöses einsetzen willst, kommt normalerweise eine Antwort

Gruß
S.
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon Semson » So 22. Mai 2016, 19:55

Rein methodisch:
Wenn die Konstrukte als reflektive Messmodelle modelliert werden sollen, dann ist die Annahme für alle Indikatoren, dass sie untereinander austauschbar sind. Folgt man dieser Argumentation, dann ist kein Indikator unverzichtbar und somit auch weniger Indikatoren zur Messung eines Konstrukts geeignet. Eine Anzahl von 4-5 Indikatoren je Faktor (d.h. Dimension) wird ja oft im Rahmen von SEM empfohlen. Wenn man mehr Indikatoren hat, ist die Eindimensionalität des Faktors nicht mehr sehr wahrscheinlich ==> d.h. schlechter Fit des Messmodells. Items unterschiedlicher Dimensionen zusammenzufassen ist im Rahmen reflektiver Messmodelle natürlich nicht möglich.

Inhaltlich würde ich dem Vorschlag von Strukturmarionette folgen und die Autoren vielleicht nach einer Kurzskala fragen.
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon strukturmarionette » So 22. Mai 2016, 22:23

Hi,

Rein methodisch:
Wenn die Konstrukte als reflektive Messmodelle modelliert werden sollen, dann ist die Annahme für alle Indikatoren, dass sie untereinander austauschbar sind. Folgt man dieser Argumentation, dann ist kein Indikator unverzichtbar und somit auch weniger Indikatoren zur Messung eines Konstrukts geeignet.

- woher stammt denn so etwas?

Gruß
S.
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon Semson » Mo 23. Mai 2016, 09:22

- woher stammt denn so etwas?

Jarvis et al. (2003): A Critical Review of Construct Indicators and Measurement Model Misspecification inMarketing and Consumer Research http://jcr.oxfordjournals.org/content/jcr/30/2/199.full.pdf

z.B. auf Seite 203:
- Indicators should be interchangeable
- Dropping an indicator should not alter the conceptual domain of the construct
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon strukturmarionette » Mo 23. Mai 2016, 10:27

Hi,

ein Freibrief dafür, Items aus bestehenden Skalen beliebig zusammenszustellen, ist das aber nicht.

Es ist nur eine Entscheidunsghilfe dafür, wenn es darum geht:
DECISION RULES FOR DETERMINING WHETHER A CONSTRUCT IS FORMATIVE OR REFLECTIVE


Gruß
S.
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon Semson » Mi 25. Mai 2016, 16:39

Wie ist das denn eigentlich bei so psychologischen Testskalen? Da gibt es dann 20 Items für ein einfaktorielles Konstrukt? Ich kann mir garnicht vorstellen, dass die alle auf denselben Faktor laden bzw. dass in einer CFA ein anständiger Fit erreicht wird.
Was ist denn der klassische Anwendungs- bzw. Auswertungsfall für solche Skalen? Strukturgleichungsmodellierung? Oder wird aus den Skalen ein Score gebildet und dann irgendwelche Regressionen oder Varianzanalysen gerechnet?

Vielleicht ist auch ein Problem, dass Kriterien aus der klassischen Testtheorie (Gütekriterien der ersten Generation) bei Strukturgleichungsmodellierung eher obsolet sind und andere Gütekriterien gelten. Also nicht KMO, Cronbachs alpha und Hauptkomponentenanalyse, sondern CFA mit C.R., DEV und Diskriminanzvalidität oder was man halt alles braucht.

Abgesehen davon glaube ich, dass ben1983 schon das Interesse verloren hat.
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Re: Mehrdimensionale Konstrukte reduzieren

Beitragvon Holgonaut » Sa 28. Mai 2016, 12:18

Hi Leute,

ich erlaub mir mal eine Meinung :)

Grundsätzlich kenn ich keine einzige "validierte" oder "bewährte" Skala, die richtig rigide auf Eindimensionalität getestet wurde. Entweder sind sie mit EFA
(oder schlimmer PCA) konstruiert worden, oder mit laxer CFA und "akzeptablem" Fit. Wie Semson korrekt sagt, ist es extrem unwahrscheinlich, dass sets von items
größer als 4-5 items noch dieselbe latente Variable messen - oder aber es werden Begriffe gedoppelt, was dann zu komplexeren Faktorenstrukturen sieht. Dummerweise
weiß man das nicht, weil das Modell einfach nicht fittet und man nicht erkennen kann, ob das generell mehrere Faktoren sind, oder ein einzelner plus "Nusiance-Faktoren"
(die Reaktionsstile auf die gedoppelten Begriffe).

Wenn man tatsächlich austauschbare Indikatoren hat, gilt folgendes: Wenn k Indikatoren alle valide Indikatoren der latenten Variable X sind, dann ist folglich JEDES sub set aus diesen k Indikatoren ebenfalls ein valides set von Indikatoren. Selbst wenn das set jeweils nur einen Indikator enthält. Daher ist es aus Validitätsgründen völlig legitim, eine Auswahl zu treffen. Wie sinnvoll/effektiv dies aus Reliabilitätsgründen ist, hängt davon ab, ob man a) ein SEM oder einen Summenscore verwenden will und b) das Konstrukt eine UV oder eine AV ist. Bei a: Wenn es ein SEM ist, kann man den Messfehler modellieren (-> kein Problem), wenn es ein Summenscore ist, erhöht jeder weiterer Indikator die Reliabilität. Bzgl b: Wenn es eine UV ist, ist Reliabilität wichtig (Endogenität durch Messfehler), wenn es eine AV ist, weniger (=Messfehler erhöhen die Varianz des Fehlerterms, verzerren aber den Effekt nicht.

Wenn das Konstrukt nun ein multidimensionaler Index/composite/Aggregat/formatives Konstrukt ist, ist eine Reduktion schon unangenehmer, weil man hier u.U. ganze Facetten rausstreicht. Bei OCB (wie bei allen Verhaltenskonstrukten) ist daher durchaus wahrscheinlich, dass das set von Indikatoren eine domain absteckt. Hier ist eine Verringerung der Anzahl nur möglich, wenn die Item - Formulierung auf einem höheren Abstraktionsniveau angesiedelt ist ("ich führe oft Verhaltensweisen aus, die nicht in meinem Vertrag stehen" oder so ähnlich).

Ich selbst beschäftige mich zur Zeit mit Barrieren bei der Gründung von Unternehmen. Da haben wir in einem Fragebogen eine ziemlich umfangreiche Liste mit Barrieren drin. Für eine uniweite Erhebung mussten wir unseren Fragebogen extrem reduzieren. Die Barrienliste ging so auf keinen Fall. Also ist der verzweifelte Versuch jetzt, "Barrieren" insgesamt auf einem höheren Niveau abzufragen ("ich erwarte viele Hindernisse, die einer Gründung im Wege stehen"). Hmm, mal sehen, ob das funktionieren wird.

Grüße
Holger
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