Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Beitragvon Pablinho » Do 18. Okt 2018, 13:46

Hallo liebe Community,
ich steh maximal auf dem Schlauch und hoffe, jemand ist lieb genug mir runter zu helfen, auch wenn es mir schon fast peinlich ist, diese Frage zu stellen.
Ich habe eine Umfrage gemacht, in der die Versuchspersonen aufgefordert werden Aussagen zu beurteilen, inwiefern sie wahr oder falsch sind. Bei N=124 haben z.B. bei der ersten Aussage (eine Lüge) 60 gesagt, es wäre eine Lüge, und 64 haben gesagt, es ist eine wahre Aussage. Sprich 48,4% hatten recht, 51,6% lagen falsch. Bei der zweiten Aussage, dieses Mal eine wahre Aussage, haben lediglich 11 gesagt, es wäre eine Lüge, 113 lagen richtig mit der Vermutung, dass die Aussage wahr ist. Also 91,1% hatten die richtige Vermutung.
Die dahinterstehende Frage ist: Ob es möglich ist, Lügen und wahre Aussagen korrekt zu identifizieren.
Nun die, sicherlich banale Frage: Wie finde ich heraus bzw. gebe ich an, ob die Antworten sich Signifikant von der Zufallswahrscheinlichkeit unterscheiden?
Muss ich einen bestimmten Test vollziehen oder reicht in diesem banalen Fall die Aussage, alles was über 5% von der Gleichverteilung (62/62) abweicht, darf man als Signifikant betiteln?
Vielen Dank für die oder denjenigen, der sich herablässt mir da kurz zu helfen.
verzweifelte Grüße
Pablinho
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Re: Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Beitragvon PonderStibbons » Do 18. Okt 2018, 14:32

Die dahinterstehende Frage ist: Ob es möglich ist, Lügen und wahre Aussagen korrekt zu identifizieren.

Um das zu beantworten, würde es Dir schon reichen, dass "Ratewahrscheinlichkeit" ein bisschen übertroffen wird?

Muss ich einen bestimmten Test vollziehen oder reicht in diesem banalen Fall die Aussage, alles was über 5% von der Gleichverteilung (62/62) abweicht, darf man als Signifikant betiteln?

Nein, so funktionieren statistische Signifikanztests nicht.
Man könnte (wie z.B. beim Überprüfen, ob eine Münze "fair" ist) Binomialtests durchführen.


Mit freundlichen Grüßen

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Re: Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Beitragvon Pablinho » Do 18. Okt 2018, 14:41

PonderStibbons hat geschrieben:
Die dahinterstehende Frage ist: Ob es möglich ist, Lügen und wahre Aussagen korrekt zu identifizieren.

Um das zu beantworten, würde es Dir schon reichen, dass "Ratewahrscheinlichkeit" ein bisschen übertroffen wird?

Muss ich einen bestimmten Test vollziehen oder reicht in diesem banalen Fall die Aussage, alles was über 5% von der Gleichverteilung (62/62) abweicht, darf man als Signifikant betiteln?

Nein, so funktionieren statistische Signifikanztests nicht.
Man könnte (wie z.B. beim Überprüfen, ob eine Münze "fair" ist) Binomialtests durchführen.


Mit freundlichen Grüßen

PonderStibbons


Erstmal herzlichen Dank für deine Antwort.
Ich bin schon etwas runter vom Schlauch, aber ich wollte nochmal nachfragen:
Ich kann ja nicht behaupten, dass eine Aussage richtig beurteilt werden kann, wenn lediglich 51% der 124 TN diese so markiert haben. Das ist ja offenbar reiner Zufall, dass nicht genau 50% raus gekommen sind, was ja die genaue Ratewahrscheinlichkeit wäre.
Anders herum ist es aber offensichtlich, dass wenn über 90% eine Aussage richtig beurteilen, dass da nicht mehr der Zufall dieses Ergebnis liefert, sondern diese Aussage tatsächlich identifizierbar ist.
Wo ist da jetzt die Grenze? Ist das noch Zufall, wenn z.B. 60% richtig beurteilen? oder 70%?
Pablinho
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Re: Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Beitragvon bele » Do 18. Okt 2018, 14:45

Stammen die JA-NEIN-Antworten der Versuchspersonen aus einem Prozess, der genau zu 50% Ja und zu 50% Nein sagt? Das ist leicht mit einem Binomialtest zu beantworten. In R:
Code: Alles auswählen
> binom.test(c(60, 64))$p.value
[1] 0.7877466
> binom.test(c(11, 113))$p.value
[1] 1.758222e-22


im 60 zu 64 Vergleich lässt sich die Nullhypothese (alles mit 50% geraten) nicht verwerfen. Das kann gut Zufall sein (p=0,79). Im 11 zu 113-Vergleich kann die Nullhypothese mit einem p-Wert verworfen werden, der extrem nah an Null ist.

Dir Frage ist, ob Dir das mit Deinem Versuchsaufbau hilft. Wenn ich beispielsweise lauter gutgläubige Versuchspersonen habe, die immer alles glauben und lege denen eine wahre Aussage vor, dann werden die ganz überwiegend die wahre Aussage als wahr beschreiben. Deshalb haben sie aber noch lange nicht die Wahrheit der Aussage erkannt, sondern ware nur gutgläubig.

In den Binomialtest übersetzt: Woher weiß ich, dass ich die Antworten mit einer 50%-Chance und nicht mit einer anderen Chance vergleichen muss?

Prüfe gut, ob der Binomialtest zu Deinem Problem passt. WEnn nicht, musst Du Deinen Versuchsaufbau und Deine genaue Frage sehr viel präziser formulieren.

LG,
Bernhard
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Re: Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Beitragvon bele » Do 18. Okt 2018, 14:47

Pablinho hat geschrieben:Wo ist da jetzt die Grenze? Ist das noch Zufall, wenn z.B. 60% richtig beurteilen? oder 70%?


Das hängt davon ab, ob das 60 bzw 70% von 10 befragten oder von 1000 Befragten sind. Die Frage lässt sich nur in absoluten Zahlen, nicht in Prozentzahlen beantworten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Binomialtest
https://www.socscistatistics.com/tests/ ... ault2.aspx
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Re: Signifikanz bei richtig/falsch Fragen?

Beitragvon Pablinho » Do 18. Okt 2018, 15:03

Zack, da bin ich unten vom Schlauch,
vielen dank ihr lieben, ihr habt mir sehr geholfen.
Das Problem war irgendwie zu einfach für meinen Kopf :D
Pablinho
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