Hypothesenbildung

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Hypothesenbildung

Beitragvon Tertos » Di 29. Jan 2019, 22:28

Hallo liebe Statistikergemeinde,

ich schreibe zur Zeit an einer sozialwissenschaftlichen Arbeit. Ich führe hierbei eine Reanalyse alter Umfragedaten von mir durch.
Ich muss dabei Fragestellungen, Hypothesen, Alternativhypothesen und Nullhypothesen aufstellen.

Bei der Umfrage ging es um die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen eines Hortes mit einem neuen Arbeitsgruppenkonzept. Ich habe die Befragten nun in zwei Gruppen geteilt und möchte eventuelle Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Erzieherinnen erfassen.

Die Befragten haben auf einer unipolaren verbalen Ratingskalen geantwortet. Also eine Ordinalskala von sehr zufrieden (1) bis sehr unzufrieden (5).

Meine Formulierungen lauten bis jetzt:

Fragestellung: Wie zufrieden sind die älteren Erzieherinnen im Vergleich zu den jüngeren Erzieherinnen des Hortes mit dem entwickelten Arbeitsgruppenkonzept?
Hypothese: Die älteren Erzieherinnen des Hortes sind weniger zufrieden mit dem Arbeitsgruppenkonzept als die jüngeren Erzieherinnen des Hortes.
Alternativhypothese: μ Zufriedenheit-alte Erzieherinnen < μ Zufriedenheit-junge Erzieherinnen
Nullhypothese: μ Zufriedenheit-alte Erzieherinnen ≥ μ Zufriedenheit-junge Erzieherinnen

Im weiteren Verlauf soll ich dann den Mann‐Whitney‐U‐Test nutzen um die Nullhypothese entweder abzulehnen oder zu bestätigen.

Meine Fragen:
1. Zur Hypothese: kann ich "weniger zufrieden" schreiben oder muss es "seltener zufrieden" sein , weil es sich um eine Ordinalskala handelt?
2. Zur Alternativhypothese: kann ich hier eine gerichtete Hypothese nutzen oder nur gleich / ungleich?
3. Kann ich bei den statistischen Hypothesen das "μ" für den Mittelwert überhaupt nutzen (ich würde im weiteren Verlauf Rangplätze vergeben) oder muss ich diese mit dem Korrelationskoeffizienten "p" angeben (also z.B. H1: p<0)?

Vielen Dank schon mal vor ab für die Hilfe!

Viele Grüße Felix
Tertos
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Re: Hypothesenbildung

Beitragvon PonderStibbons » Di 29. Jan 2019, 23:10

Im weiteren Verlauf soll ich dann den Mann‐Whitney‐U‐Test nutzen um die Nullhypothese entweder abzulehnen oder zu bestätigen.

Wieso die Einteilung in 2 arbiträre Gruppen? Wenn Du einfach das Alter nimmst wie es ist,
hast Du bessere Daten, mehr Informationen, vermeidest möglichen Unsinn (z.B. dass 2
altersmäßig benachbarte Personen in 2 Kategorien gesteckt werden, aber 2 weit entfernte
Personen in dieselbe). Als Verfahren kannst Du dann eine Spearman-Rangkorrelation rechnen.

1. Zur Hypothese: kann ich "weniger zufrieden" schreiben oder muss es "seltener zufrieden" sein , weil es sich um eine Ordinalskala handelt?

Ordinal = mehr oder weniger.
3. Kann ich bei den statistischen Hypothesen das "μ" für den Mittelwert überhaupt nutzen (ich würde im weiteren Verlauf Rangplätze vergeben) oder muss ich diese mit dem Korrelationskoeffizienten "p" angeben (also z.B. H1: p<0)?

Wenn Du den U-Test benutzt (wie gesagt, Korrelation wäre in der Regel sinniger),
dann gibt es keinen Mittelwert. Das ist ein Verfahren für Rangdaten, entsprechend
dem Skalenniveau der Zufriedenheitsmessung.

In statistischen Hypothesen haben p-Werte aber ohnedies nichts verloren.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Hypothesenbildung

Beitragvon Tertos » Mi 30. Jan 2019, 01:23

Hallo PonderStibbons,

danke für die schnelle Antwort.

Die Einteilung in die zwei Altersgruppen ergibt sich aus den Umfragedaten. Dort habe ich drei Altersgruppen zur Auswahl gegeben um die Hemmschwelle das eigene Alter anzugeben zu überwinden.
Jetzt habe ich die beiden "jungen Gruppen" zu einer zusammengefasst.

Also lieber den Median angeben für ordinale Daten, okay.

Bei den statistischen Hypothesen bin ich leider immer noch etwas verwirrt. In meinen Studienunterlagen steht dazu für den U-Test:
"statistische Hypothesen:
– H1: F1(x) ungleich F2 (x) für mindestens ein x, H0: F1(x) gleich F2 (x) für alle x
– F1 und F2: unbekannte Verteilungen gleicher Form

Bei Döring/ Bortz 2016 hab ich dagegen was von:
H1: p<0
H0: p≥0
gelesen.

Ich würde halt gern eine gerichtete Hypothese verwenden, weil mir das für die Auswertung mehr bringt, wenn ich weiß, ob die älteren Kollegen unzufriedener sind, als das ich nur weiß, das sich die Zufriedenheit zwischen beiden Gruppen unterscheidet .

Könntest du mir ein Beispiel geben wie die H1 und die H0 in meinem Fall aussehen müssen?

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Felix
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Re: Hypothesenbildung

Beitragvon strukturmarionette » Mi 30. Jan 2019, 03:32

Hi,

Könntest du mir ein Beispiel geben wie die H1 und die H0 in meinem Fall aussehen müssen?

- Die Frage stellt sich überhaupt nicht, weil H0 und H1 sich immer unmittelbar aus einem jeweils angewendeteten Signifikanztest ergeben.
(Die kannst Du dann abschreiben, wenn eine begründete Asuwahl für einen -oder mehrere- Signifikanztestverfahren erfolgt ist)

Jetzt habe ich die beiden "jungen Gruppen" zu einer zusammengefasst.

- Das ist Murkersei, weil einerseits Information zunichte gemacht wird und andererseits irgendwie künstlich irgendwas 'signifikant' gemacht werden könnte..

Gruß
S.
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Re: Hypothesenbildung

Beitragvon PonderStibbons » Mi 30. Jan 2019, 09:07

Jetzt habe ich die beiden "jungen Gruppen" zu einer zusammengefasst.

Das klingt etwas willkürlich.

Mit 3 Alters-Gruppen kannst Du ebenfalls eine Rangkorrelation rechnen.
Kendalls tau wäre gut geeignet, Spearman ginge auch noch.

Also lieber den Median angeben für ordinale Daten, okay.

Für die zentrale Tendenz in der Deskriptivstatistik zweifellos.
Nota bene testet der U-Test aber keine Mediane, insofern muss man bei der
Beschreibung der Ergebnisse und den Schlu0ßfolgerungen präzise sein.
Bei Döring/ Bortz 2016 hab ich dagegen was von:
H1: p<0
H0: p≥0
gelesen.

Kann ich ohne Kontext nicht interpretieren, ob da was zu dem p in statistischen
Signifikanztests stand oder ob es nicht um eine Hypothese über einen Prozentanteil
ginbg ("Anteil Erfolgreicher liegt über 50%", etwas in der Art). Ein Prozentsatz kleiner 0
ist jedenfalls nicht möglich.

Ich würde halt gern eine gerichtete Hypothese verwenden, weil mir das für die Auswertung mehr bringt

Wie Deine Arbeitshypothese ist, sei Dir überlassen. Nur sollte das keine einseitige Nullhypothese
nach sich ziehen. Siehe https://psychologie.uni-graz.at/de/biol ... -list/faq/ FAQ #3
, als das ich nur weiß, das sich die Zufriedenheit zwischen beiden Gruppen unterscheidet .

In welche Richtung unterscheidet, das zeigt dann die Teststatistik oder die Deskriptivstatistik,
dazu braucht man keine einseitigen Nullhypothesen.
Könntest du mir ein Beispiel geben wie die H1 und die H0 in meinem Fall aussehen müssen?

H1: Ältere sind zufriedener als Jüngere.
H0: Der Korrelationskoeffizient zwischen Alter und Zufriedenheit ist = 0.

Mit freundlichen Grüßen

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