Gruppenvergleich dichotome Variable

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon julia17 » Sa 30. Mai 2020, 12:29

Hallo

Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich eine Inhaltsanalyse von Facebookposts von Politikern durchgeführt.

Ich habe unter anderem erhoben, ob das Privatleben des Politikers im Post vorkommt (ja/nein).
Ich möchte die Hypothese testen, dass während Wahlkampfphasen das Privatleben häufiger vorkommt, als in Nicht-Wahlkampfphasen.
Es gibt also 2 Gruppen, deren Unterschied ich hinsichtlich des Vorkommens des Privatlebens testen möchte. Die Stichprobengrösse ist dabei sehr unterschiedlich (Wahlkampf N = 1233, Nicht-Wahlkampf N = 688).

Ich habe eine Kreuztabelle erstellt und einen Qui-Quadrat-Test in SPSS durchgeführt.
Meine Fragen:
1. Habe ich den richtigen Test gewählt?
2. Interpretiere ich hinsichtlich der Signifikanz des Tests Chi-Quadrat nach Pearson oder nach Fisher?
3. Kann ich falls signifikant nur die Aussage treffen, dass sich Wahlkampfphasen von Nicht-Wahlkampfphasen unterscheiden oder kann ich auch sagen, dass in Wahlkampfphasen das Privatleben häufigervorkommt?
4. Wie kann ich testen, ob die UV (Zeitraum) die AV (Privatleben-Vorkommen) beeinflusst?

Vielen Dank für Eure Hilfe!
julia17
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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon PonderStibbons » Sa 30. Mai 2020, 13:41

unterschiedlich (Wahlkampf N = 1233, Nicht-Wahlkampf N = 688).

1. Habe ich den richtigen Test gewählt?

Wenn es sich um 1921 verschiedene Politiker und zugleich um 1921 verschiedene
Facebook-Seiten hanbdelt, dann ist ein Test wie der Chi2-Test, der von
unabhängigen Beobachtungen ausgeht, durchaus passend. Falls die 1921
Beobachtungen nicht unabhängig sind, müsste man sich eventuell Gedanken
machen.
2. Interpretiere ich hinsichtlich der Signifikanz des Tests Chi-Quadrat nach Pearson oder nach Fisher?

Wieso Fisher?
4. Wie kann ich testen, ob die UV (Zeitraum) die AV (Privatleben-Vorkommen) beeinflusst?

Das kannst Du nicht testen. Das ist keine Frage des Testverfahrens, sondern des
Untersuchungsdesigns und der Interpretation.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon julia17 » Sa 30. Mai 2020, 14:15

Vielen Dank für die schnelle Antwort.

1. Die 1921 Posts stammen von 68 Politikern.Darf der Chi-Quadrat-Test dann auch angewendet werden?

2. Stimmt, Fisher würde sich nur bei einem kleinen Stichprobenumfang anbieten.

4. Somit kann ich keine statistische Auswertungen diesbezüglich anwenden?

Um über beides Untersuchungszeiträume zu testen, ob es mehr privatisierte als nicht privatisierte Posts gibt, habe ich einen Binominaltest durchgeführt. Muss ich das auch überdenken, wenn die Posts nicht unabhängig sind?
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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon PonderStibbons » Sa 30. Mai 2020, 14:32

1. Die 1921 Posts stammen von 68 Politikern.Darf der Chi-Quadrat-Test dann auch angewendet werden?

Soweit ich das Konzept "Test für unabhängige Beobachtungen" verstehe, nein.

Man könnte statt "Post" als Untersuchungsobjekt den "Politiker" wählen und z.B.
"% Anteil Beiträge mit Privatleben" in Phase 1 versus Phase 2 testen (Wilcoxon-
Vorzeichenrangtest oder t-Test für abhängige Messungen), parallel "Anzahl Beiträge
mit Privatleben" in Phase 1 versus Phase 2.

Man könnte es sich auch als Messwiederholungs-Varianzanalyse aufziehen und
neben dem Vergleich "Anteil [bzw. Anzahl] Phase 1 versus 2" noch das eine oder
andere Politikermerkmal einbeziehen, falls es davon welche gibt, die
Einfluss auf den Wahlkampf-Effekt haben könnten.

4. Somit kann ich keine statistische Auswertungen diesbezüglich anwenden?

Sicher kannst Du. Nur kann der Test nicht etablieren, dass es eine kausale
Beziehung ist.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon julia17 » Sa 30. Mai 2020, 15:47

Herzlichen Dank

Den Wilcoxon Vorzeichenrangtest haben wir im Unterricht nie angeschaut, aber ich habe auf der Methodenberatungsseite der Uni nachgeschaut.
https://www.methodenberatung.uzh.ch/de/ ... koxon.html

Ich würde also jetzt eine neue Datentabelle erstellen, mit 68 Fällen (Politiker) und dann eine Variable für Phase 1 und eine für Phase 2, wobei ich die % Anteile Beiträge mit Privatleben für jede Phase eingebe
zB. Politiker 1, Phase 1: 0,08 Phase 2: 0,12

Wenn der Test sig. ist, kann ich die Hypothese, dass Politiker in Wahlkämpfen häufiger Beiträge mit Privatleben posten, annehmen.

Stimmt dieses Vorgehen?
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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon PonderStibbons » Sa 30. Mai 2020, 16:30

Ja. Und es würde meines Erachtens, ungeachtet sonstiger statistischer Feinheiten,
den Effekt verhindern, der theoretisch darin bestehen könnte, dass einige wenige
Politiker sehr viel posten und damit die Analyse dominieren könnten.
Als extremes Beispiel, 5 Politiker mit je 200 Postings (= zusammen 1000) und
63 Politiker mit je ca. 15 Postings (= zusammen 921). U.a. daher die Wichtigkeit,
von vornherein Abhängigkeit/Unabhängigkeit der Messungen zu beachten.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon julia17 » Sa 30. Mai 2020, 18:13

Danke, das hat mir sehr geholfen und ich konnte nun die Auswertungen vornehmen!
Ja, das macht Sinn, deshalb habe ich jeweils eine ungefähr gleich grosse Stichprobe der Postings von jedem Politiker gezogen.

Als Nächstes habe ich untersucht, ob im Wahlkampf bisher-Kandidierende (N=34) häufiger private Beiträge posten als neu-Kandidierende (N=34).

Mache ich in diesem Fall einen Binominaltest?
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Re: Gruppenvergleich dichotome Variable

Beitragvon PonderStibbons » Sa 30. Mai 2020, 18:48

Wenn Du die Mitglieder von 2 Gruppen hinsichtlich eines Merkmals wie "Anteil privater Beiträge"
vergeichen willst, dann eignet sich der U-Test oder eventuell der t-Test.

Mit freundlichen Grüßen

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