CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

Beitragvon Humorstudie » Mi 23. Mai 2012, 16:17

Liebes Forum!

Ich schreibe gerade meine MA und die Abgabe naht...
Mein aufgestelltes Modell wollte ich ursprünglich mit einem Strukturgleichungsmodell in LISREL überprüfen.
Allerdings habe ich nur eine Stichprobengröße von N=178.
Nun habe ich zwei Fragen/Probleme:
1. Stimmt es, dass ein "schrittweises" Vorgehen - also zuerst das Rechnen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse und anschließend das Aufstellen eines Pfadmodells mit einer kleineren Stichprobe unproblematischer ist?

Wenn ja, wäre es großartig, wenn ihr mir eine Literaturangabe nennen könntet, mit der ich belegen kann, dass eine PA ohne latente Faktoren mit einem geringeren Stichprobenumfang durchführbar ist.

2. Außerdem würde ich gerne einen Moderatoreffekt testen. Da das Bilden von latenten Interaktionstermen unter der Annahme von bestimmten constraints zwar grundsätzlich machbar, aber kompliziert ist und die Anzahl an Variablen dann außerdem nicht mehr mit der LISREL-Studentenversion überprüfbar ist, würde ich die Moderation gerne über einen Gruppenvergleich testen. Allerdings reduziert sich dann meine Stichprobe um die Hälfte...
Haltet ihr einen Test mit N=89 dennoch für möglich?

Vielen Dank für Hinweise und Ratschläge!
*
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Re: CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

Beitragvon nemo » Mi 23. Mai 2012, 21:02

Bühner 2011 spricht von mindestens 200, besser 250 Personen um Schätzproblemen aus dem Weg zu gehen.

Schreiber et al. (2006; Reporting Structural Equation Modeling and Confirmatory Factor Analysis Results: A Review) sprechen von mindestens 10 Personen pro frei zu schätzenden Parameter.
Ich befürchte, dass deine Stichprobe etwas zu klein ist, aber für ne Masterarbeit sollte es reichen!

Bevor du die Stichprobe halbierst solltest du eventuell in Erwägung ziehen auf AMOS zurückzugreifen. Dort kannst du mehr Variablen einbeziehen und es gibt auch einige Tutorials auf youtube. Einfach mal Moderation + AMOS eingeben...
nemo
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Re: CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

Beitragvon Humorstudie » Mi 23. Mai 2012, 22:48

Hallo nemo,

vielen Dank für deine Antwort!
Ich weiß, dass 200 bis 250 Personen notwendig wären, um Schätzprobleme zu umgehen, daher ja meine Frage, ob Pfadmodelle ohne latente Variablen mit weniger große Stichproben auskommen?
Ich meine das irgendwo gelesen zu haben und ich suche eine passende Literaturquelle...
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Re: CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

Beitragvon Holgonaut » So 27. Mai 2012, 10:36

Hi,

N=178 ist nicht viel, aber genug um das Modell zu testen. Die Parameterschätzungen düften wahrscheinlich nicht ganz so unverzerrt sein, wie man das gern hätte, aber du hast über die latenten Variablen eine Messfehlerkorrektur, die dir in der Pfadanalyse wieder verlorgen geht.

Außerdem können hohe Faktorladungen ein geringeres N kompensieren, siehe

Boomsma, A., & Hoogland, J. J. (2001). The robustness of LISREL modeling revisited. In R. Cudeck, S. du Toit & D. Sörbom (Eds.), Structural equation models: Present and future. A festschrift in honor of Karl Jöreskog (pp. 139-168). Chicago: Scientific Software International.

Dieser Artikel macht auch klar, dass Daumenregeln (wie ja so oft ;) ) nicht so viel taugen.

Wegen der Moderation solltest du auf keinen Fall die Stichprobe teilen! Das reduziert die power, einen Moderatoreffekt zu finden:

Dimitruk, P., Schermelleh-Engel, K., Kelava, A., & Moosbrugger, H. (2007). Challenges in nonlinear structural equation modeling. Methodology, 3(3), 100-114.

Produktterme in SEM sind nicht so schwer. Ich hab einen eigenen Artikel, in dem wir verschiedene Methoden verglichen haben. Die beste m.E. ist auch gleich
die simpelste:

http://www.pbs.plym.ac.uk/mi/pdf/09-06- ... fed%29.pdf

Grüße
Holger
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Re: CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

Beitragvon Humorstudie » Di 29. Mai 2012, 08:03

Guten Morgen Holger,

vielen Dank für die Literaturangabe und deinen Artikel!
Das Bilden von Produkttermen war nur leider nicht mein Hauptproblem, viel mehr lag es daran, dass ich mit meiner LISREL-Studentenversion die Syntax nicht laufen lassen kann, weil ich dann mehr als zwölf Variablen teste...
Mein Betreuer schlägt die Überprüfung der Moderation mit einer multiplen Regression in SPSS vor - das führt dann allerdings zu einem unschönen Mix an Auswertungsverfahren... Ist das problematisch?

Beste Grüße
*
Humorstudie
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Re: CFA+PA statt SEM bei kleiner Stichprobe

Beitragvon Holgonaut » Di 29. Mai 2012, 13:24

Hi,

schau dir lavaan mal an (www.lavaan.org). Das ist kostenlos (ein Paket von R) und sehr einfach zu bedienen (viel einfacher als Lisrel).

Klar kannst du das mit SPSS machen - aber insbesondere Produktterme sind extrem unreliabel, weil sich die Reliabilität des Produktterms ergibt aus dem Produkt der Einzel-Reliabilitäten (von Prädiktor und Moderator).

Busemeyer, J., & Jones, L. (1983). Analysis of multiplicative combination rules when the causal variables are measured with error. Psychological Bulletin, 93, 549-562.

Grüße
Holger
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