Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon Krispy96 » Mo 20. Sep 2021, 15:42

Liebe Forenmitglieder,

Leider habe ich es durch das Statistik Modul meiner Uni geschafft ohne ein tieferes Verständnis für die ganze Angelegenheit zu entwickeln.

Jetzt bei der Abschlussarbeit stellt sich mir nun folgende Frage zur Auswertung:

Wir haben medizinische Prothesen auf ihre MR Sicherheit untersucht. Dazu haben wir sie in einer MR-tauglichen Halterung in Gel verschiedene "Untersuchungsgänge" über sich ergehen lassen und dabei mittels Temperatursensoren die Temperatur an 3 verschiedenen Stellen aufgenommen und eine vierte Referenztemperatursonde in der Nähe messen lassen, um eine generelle Erwärmung miteinzubeziehen. Alle 5 Sekunden wurde von allen Sonden die aktuelle Temperatur aufgezeichnet.
Dasselbe Prozedere wurde noch einmal ohne Prothese und nur mit dem Gel wiederholt.

Ich habe bis jetzt eigentlich keine wirkliche Info gefunden wie diese Werte am besten miteinander in Beziehung zu setzen sind, um eine Aussage zu treffen (erwärmt oder nicht) müsste ich sowohl alle 3 Prothesenmessungen mit der jeweiligen Referenzmessung vergleichen, als auch sämtliche Messungen mit der Leermessung.

Ich habs bis jetzt mit dem T-Test für verbundene Stichproben versucht, der liefert auch Ergebnisse (wieso sollte er auch nicht), nur bin ich mir sehr sehr unsicher ob dies überhaupt das richtige Verfahren ist.

Die so erzielten Signifikanz-Werte sind 0,000, womit man eigentlich die Nullhypothese (keine Erwärmung messbar) verwerfen müsste. Allerdings wurde keine Erwärmung gemessen, die Werte "kreisen" um die Raumtemperatur und zwar im Bereich von 0,25°C (Maximalwert). Oder hab ich da was grundlegend falsch verstanden?

Muss ich ein anderes Testverfahren wählen, und wenn ja welches? Ist

Vielen Dank im Voraus an jeden der sich das wenigstens bis hierhin durchgelesen hat,
Christian
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon strukturmarionette » Mo 20. Sep 2021, 16:42

Hi,

medizinische Prothesen auf ihre MR Sicherheit

- welche Art Prothesen?
- was ist MR?
- Stichprobenbeschreibung und Zustandekommen der Stichprobe?

Gruß
S.
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon bele » Mo 20. Sep 2021, 19:25

Hallo!

MR heißt Magnetresonanz. Es geht als darum, ob die Ströme die wechselnde Magnetfelder im Kernspintomographen in Metallprothesen induzieren zu Erhitzung führen und den Prothesenträger schädigen.

Ein t-Test dürfte dazu nicht reichen. Wahrscheinlich sollte man eine Temperaturzunahmefunktion bestimmen und die dann vergleichen? Die Fragestellung erscheint noch unzureichend spezifiziert.

Ist das eine Studienarbeit oder soll das publiziert werden?

LG,
Bernhard
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon Krispy96 » Di 21. Sep 2021, 10:54

Es handelt sich um relativ große Knieprothesen. Sicherheitsstudien zu Implantaten gibt es viele (vor allem zu Schrauben, Stents und Platten), die führen aber oft nur die maximale Temperaturänderung an (sprich da steht in der Publikation: Erwärmung weniger als 1°), die die ein p angeben verzichten auf eine Angabe wie gerechnet wurde.

Die Fragestellung ist tatsächlich simpel:
Wurde bei einem der drei Messpunkte an der Prothese eine Temperaturerhöhung festgestellt die größer ist als die Erhöhung der Temperatur des Gels (=Messsonde 4/Referenz). (Gel und Raumtemperatur steigen bei den vorgeschriebenen Verfahren zwangsläufig ganz leicht an)

Weitere Fragestellungen fallen weg wenn keine Erwärmung stattgefunden hat.

Primär ist das eine Diplomarbeit, wenn das gut werden sollte möchte der Betreuer eventuell eine Publikation anstreben, ist aber noch nicht sicher!
Tut mir leid das ich wirklich so ein Statistik Unwissender bin, die auf der Uni gelehrten Statistik Beispiele hatten mit sowas wenig zu tun :/.

Vielen Dank noch einmal!
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon bele » Di 21. Sep 2021, 14:38

Hallo Krispy96,

wenn die Frage lautet, ob bei einem der drei Prothesenmesspunkte die Geltemperatur überschritten wird, dann ist das eine Ja/Nein-Antwort. Ich weiß ja nicht, ob Du den Versuch mehrfach durchgeführt hast - meistens geht es beim Testen darum, Wissen aus der Summe mehrerer Versuch zusammenzuführen. Wenn Du beispielsweise sagen könntest, dass am Ende von 10 Versuchen 0 Mal eine stärkere Erwärmung als im Gel aufgetreten ist, dann könntest Du daraus ein binomiales Modell machen und ein 95%-Konfidenzintervall für die Wahrscheinlichkeit einer Erwärmung berechnen.

Ich nehme mal an, dass es sich um einigermaßen einheitliche Untersuchungsprogramme gehandelt hat, dass Energie mit einigermaßen konstanter Leistung zugeführt wurde. Dann würde ich annehmen, dass die Temperatur an allen Messpunkten etwa linear ansteigt. Dann könnte es beispielsweise auch sinnvoll sein, die Steigungen der Temperaturkurven zu bestimmen und nicht nur absolute Werte zu vergleichen, sondern auch Steigungen der Temperaturkurve (wie lange müsste ich weiter erwärmen, bis es an der Prothese deutlich wärmer wird als im Gel?). Dann wäre es auch sinnvoll, alle fünf Sekunden gemessen zu haben.

Was ich noch nicht verstehe: Du hast einmal mit Prothese und einmal ohne Prothese gemessen. Bei der Fragestellung taucht aber nur eine der beiden Messungen auf. Auch beschreibst Du keine wiederholten Messungen und mir ist nicht klar, ob wiederholte Messungen erforderlich sind: Temperatur kann man ja sehr genau messen(?) und wenn eine gewisse Gel-Prothesen-Kombination mit einer fixen Magnetfeldveränderungsleistung erwärmt wird, dann sollte doch auch jedes Mal wieder die gleiche Temperaturänderung eintreten. Wenn das so wäre, wozu brauchst Du dann überhaupt schließende Statistik, warum sprechen dann die Messwerte eines einzelnen Durchgangs nicht für sich?

Diese Fragen deuten daraufhin, dass ich den Versuch und die Fragestellung noch nicht genug verstanden haben und deshalb bist Du gerne aufgefordert, etwas weiter auszuholen.

LG,
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon Krispy96 » Di 21. Sep 2021, 15:28

Also Messwiederholungen haben wir für die einzelnen Versuchsaufbauten nicht gemacht. Die Messung ist standardisiert vorgegeben (15 Minuten, Maximaler SAR) und wurde aufgrund fehlender Erwärmung nicht wiederholt, da wir keine Änderung des Ergebnisses erwartet hätten (haben jede Prothese einmal in Gel und einmal in Luft vermessen, Erwärmung war auch in Luft nicht messbar).

Die Statistik ist im Endeffekt eine Anforderung für die Arbeit (es soll in der Diskussion auf die erhobene Statistik eingegangen werden). Wenn aber in diesem Fall eine statistische Analyse nicht sinnvoll ist (was ich leider selber nicht wirklich beurteilen kann), würde ich das aber vermutlich als Begründung für ein Fehlen heranziehen können.

Nochmal kurz zur Erklärung: Die Fragestellung ist: Gefährde ich einen Patienten mit einer solchen Prothese während einer MRT Untersuchung.
Einer der wesentlichen Aspekte ist hierbei die Erwärmung der eingesetzten Prothese. Diese haben wir versucht zu bestimmen (mittels des Gel "Phantoms" und den Sensoren). Bei unserer Messung haben wir zumindest augenscheinlich keine Erwärmung festgestellt, sondern lediglich geringe Schwankungen in der Temperatur des Phantoms (durch die zugeführte Energie) und der Raumtemperatur (Untersuchungsraum war klimatisiert, Anforderung ist eine Schwankungsbreite unter 1°/h). Auch bei Messungen die länger waren als die standardisierten 15min (haben versuchsweise auch normale "Knieprotokolle" drüber laufen lassen und damit Untersuchungszeiträume von über 50min gehabt, wurde keine (subjektiv, anhand der Werte) relevante Erwärmung gemessen, sämtliche Sensoren schwankten ca. 0,25°C (kein Unterschied zwischen Referenz und Prothese).

Das hätte ich halt gerne irgendwie festgehalten und die Behauptung: "Es gab keine Erwärmung der 3 Prothesensonden im Vergleich zur Referenz" mittels p-Wert untermauert.

Wenn es allerdings für diese Aussage keine schließende Statistik braucht (also Publikationen in guten Journals haben teilweise drauf verzichtet), dann wäre mir das natürlich auch nicht unrecht!

Lg,
Christian
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon bele » Di 21. Sep 2021, 19:13

Hi!

Es gibt beschreibende und schließende Statistik. Letztere ist wichtig, wenn man aus stichprobenfehlerbehafteten Stichproben auf Grundgesamtheiten schließen will. Wenn Du exakte Messungen machen kannst und keinen Stichprobenfehler befürchtest, dann brauchst Du eigentlich auch keine schließende Statistik aka keinen Test.

LG,
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Re: Richtiges Statistisches Verfahren gewählt?

Beitragvon Krispy96 » Di 21. Sep 2021, 22:36

Dann möchte ich mich vielmals für die Unterstützung bedanken!

Liebe Grüße,
Christian
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