Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

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Re: Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

Beitragvon bele » Fr 10. Jun 2022, 16:11

Hallo malenzke,

malenzke hat geschrieben:Offen geblieben ist noch folgende Frage: "Wie kann ich denn berechnen, wie groß meine Stichprobe sein müsste, damit die Multikollinearität nicht zu einem Problem wird?"

DA bin ich nicht so wissend drin und müsste das auch googlen. Solche Berechnungen hängen halt immer an der Annahme, dass sich in der nächsten Untersuchung wieder ein ähnliches Effektstärkemaß einstellen würde wie in Deiner und das ist sooo wahrscheinlich nicht.

Ist es nicht so, dass ich meine Zusammenhangsyhypothesen beantworten kann, indem ich vier einzelne Regressionen mit jeweils zwei Schritten rechne? Also 1. Schritt Aufnahme der Kontrollvariablen, 2. Schritt Aufnahme eines Prädiktors und das dann für alle 4 Kombinationen in den Hypothesen? Dann hätte ich ja geprüft, ob es einen positiven bzw. negativen Zusammenhang zwischen den jeweiligen Prädiktoren und Kriterien gibt, richtig?


Ich hatte Dich so verstanden, dass Du damit bereits gezeigt hast, dass Prädiktor 1 und Prädiktor 2 jeweils für sich und ohne Berücksichtigung des anderen eine signifikante Korrelation mit beiden abhängigen Variablen haben. PonderStibbons Gedanke an eine zu kleine Stichprobe für zuviele Fragen führt zur Frage der Alphafehlerkummulation. Falls Dir das was sagt, musst Du entscheiden, ob das ein Risiko ist, für das kontrolliert werden muss, wenn nicht, solltest Du Dich zu Alphafehlerkummulation noch belesen, bevor Du Deine Diskussion schreibst.

Ich dachte immer, die standardisierten nehme ich, um Variablen mit unterschiedlichen Einheiten vergleichbar zu machen


Wenn wir die einkaufbare Goldmenge in Abhängigkeit unserer Barbestände untersuchen, dann werden die Barbestände in Norwegischen Kronen immer einen viel kleineren Koeffizienten haben als die Barbestände in Euro, einfach deshalb, weil bei gleicher Liquidität die Zahl der Euro immer kleiner ist als die Zahl der Norwegischen Kronen. Ob für Deinen Vergleich die absoluten Werte der Commitments relevanter sind oder die Abweichung des Individuums vom Durchschnitt dieses Commitments, das musst Du inhaltlich entscheiden.

Aber meine Commitment-Variablen sind ja im Grunde sogar identisch, außer dass da ein paar Worte ausgetauscht wurden.


Kann ja sein, dass dennoch das eine Commitment aufgrund der paar Worte immer viel höher angegeben wird als das andere Commitment. Ob das dann auch zu kleineren Koeffizienten führen soll, die weniger Einfluss nahelegen, musst Du inhaltlich entscheiden.

LG,
Bernhard
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Re: Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

Beitragvon malenzke » Fr 10. Jun 2022, 16:41

Hallo Bernhard,

danke für deine ausführlichen Antworten und Hilfestellungen.

Ich hatte Dich so verstanden, dass Du damit bereits gezeigt hast, dass Prädiktor 1 und Prädiktor 2 jeweils für sich und ohne Berücksichtigung des anderen eine signifikante Korrelation mit beiden abhängigen Variablen haben.


Ja, das habe ich auch bereits getan, ich wollte nur noch einmal sichergehen, dass das richtig war und ich auf Basis dieser einzelnen Regressionen meine Hypothesen (postulierter positiver Zusammenhang, bzw, negativer Zusammenhang) annehmen kann – oder ob ich das nicht kann, weil im gemeinsamen Modell beide Prädiktoren nicht mehr signifikant sind. Ich tue mich da bei der Interpretation irgendwie noch etwas schwer muss ich zugeben. Also ich meine, wie ich das interpretieren soll, dass dort die Signifikanz "verschwindet".

LG,
M.
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Re: Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

Beitragvon bele » Fr 10. Jun 2022, 17:18

Hi!

Die nächstliegende Erklärung ist die Kollinearität/Korrelation. Beide Commitments erklären den gleichen Anteil der Varianz und deshalb weiß das Modell nicht, welchem Prädiktor mehr oder weniger der Varianzaufklärung zugeschrieben werden soll. Soll es den einen Koeffizienten etwas größer und dafür den anderen etwas kleiner machen oder umgekehrt? Beides funktioniert und deshalb ist die Unsicherheit für beide groß. Das führt dazu, dass die Standardfehler groß werden und deshalb keine Signifikanz mehr besteht. Wenn das eine Bayes-Regression wäre könnte man sich die plausiblen Koeffizienten für beide Commitments gegeneinander auftragen lassen und diesen Zusammenhang schön sehen, aber das ist keine Bayes-Regression, deshalb musst Du mit einem Punktschätzer für jeden Koeffizienten und dessen Standardfehler auskommen.

LG,
Bernhard
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Re: Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

Beitragvon Holgonaut » Mi 15. Jun 2022, 08:16

Hallo Leute,

ich weiß, viele Köche verderben den Brei, aber das ist ein interessantes Problem und ich glaube, dass die Diskussion in Richtung Statistik/Multikolinearität in die falsche Richtung geht. Daher hier noch mal mein Senf.

Wie Bele anfangs mal erwähnt hat ("backdoor pfad") ist die Krux (wie bei jedem komplexeren Modell mit "statistischer Kontrolle"), wie die Natur der Beziehung *innerhalb der Prädiktoren ist*. Das wird so gut wie nie betrachtet. Speziell ist hier relevant, wie Markencommitment (MC) und affektives Commitment (AC) kausal zusammenhängen. Dabei gibt es 3 Möglichkeiten (wie bei jeder Korrelation):

1) AC (da es allgemeiner ist als MC) beeinflusst MC; und MC hat einen tatsächlichen Effekt auf das Outcome. Dies würde bedeuten, dass MC den Effekt von AC auf das Outcome mediiert. Wahrscheinlich hat AC einen eigenen direkten Effekt (=partielle Mediation). Es könnte natürlich auch andersrum laufen, dass MC zu AC führt. Für die Diskussion unten ist das irrelevant.

2) MC hat keinen Efffekt und AC ist ein confounder--d.h. beeinflusst MC und das Outcome

3) Sowohl AC und haben beide keinen Effekt; stattdessen sind sie lediglich Ausdruck eines zugrundliegenden commitment-Faktors und DER hat den zentralen Effekt

Das empirische Szenario ist nun, dass beide Effekte nicht-signifikant werden:
Wenn #1 korrekt ist, wird AC unter Kontrolle von MC keinen (oder je nach Mediationstyp, sprich voll/partiell) oder geringeren Effekt haben. DER könnte daher n.s. werden. ABER MC bleibt unverzerrt und sein SE ist nicht betroffen von der Stärke des Effekts von AC auf MC. Ich hab das mal simuliert: Egal wie hoch der AC-->MC Effekt wird, der MC-->Outcome Effekt wird nicht berührt und seine SE auch nicht

Wenn #2 korrekt ist, sollte AC seinen Effekt behalten und der MC-Effekt korrekt als spurios entlarft werden. Die nicht-Signifikanz von AC widerspricht dem. Auch hier: Wenn die Korrelation / der Effekt von AC auf MC steigt, ist das für den AC-->Outcome-Effekt irrelevant, da MC eh irrelevant/wenig relevant ist. Multikolinearität reduziert die power EINES der kolinearen Präditktoren, nicht beide (zumindest, meinen Ergebnissen zufolge)

Das empirische Szenario, dass die Nicht-Signifikanz BEIDER Variablen am ehesten erklärt, ist tatsächlich #3, da hier die gegenseitige Kontrolle die tatsächliche Information (=faktor-bedingte Kovarianz) zerstört. Dieses Szenario war in meiner Simulation (N = 150, Effekte je nach Szenario der Prädiktoren .5) das einzige, in dem die SE stiegen und die power *beider* sank.

Wie so oft: its the causality, stupid

Grüße
Holger
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Re: Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

Beitragvon malenzke » Fr 17. Jun 2022, 16:44

Hallo zusammen,

vielen Dank für euren hilfreichen Input! Leide musste ich im Gespräch mit meinem Betreuer feststellen, dass ich Fehler in meiner Auswertung hatte, wodurch sich die Daten nach der Korrektur nun verändert haben. Ich habe die aktuellen SPSS Outputs mal beigefügt.

In der multiplen Regression zur Vorhersage von OCB wird nun MCA signifikant, OCA nicht.
In der multiplen Regression zur Vorhersage von Kündigungsabsicht ist es genau umgekehrt, hier wird OCA signifikant und MCA nicht.
Die Modelle mit Kriteriumsvariable und Prädiktoren sind bei beiden Regressionen signifikant mit p = .003 für OCB und p ≤ .001 für Kündigungsabsicht.

Das lässt sich dann mit Backdoorf Pfaden bzw. Mediationen nicht mehr erklären oder? Denn wenn ich annehmen würde, dass das AC das MC beeinflusst und das wiederum das OCB, dann kann ich ja nicht im anderen Modell, wo ich als Kriterium die Kündigungsabsicht betrachte, die Mediation andersherum aufstellen. Das würde ja meinen theoretischen Überlegungen zum ersten Regressionsmodell widersprechen.
Ich hab die Mediation auch mal berechnet für das erste Modell zur Vorhersage von OCB und hier wird der Interaktionsterm nicht signifikant, beta = .20, 95%-KI[-0.0515, 0.3923].

Muss ich aus den Daten dann also doch schlussfolgern, dass Multikollinearität vorliegt? Wenn ich die Kollinearitätsstatistik richtig verstehe, zeigt die mir genau das. Also muss ich davon ausgehen, dass es ein übergeordnetes Commitment zu geben scheint und darüber hinaus nur MCA einen eigenen Erklärungsbeitrag an OCB leistet und OCA einen eigenen Erklärungsbeitrag an der Kündigungsabsicht?

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich hierzu noch eine Rückmeldung bekommen könnte! :)

Danke euch für eure Mühe und viele Grüße
M.
malenzke
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Re: Einfluss von zwei Prädiktoren vergleichen

Beitragvon malenzke » Fr 17. Jun 2022, 16:51

Okay, das mit den Anhängen hat nicht funktioniert... Vielleicht geht es ja mit einer Tabelle:

Hier der Output für OCB als Kriterium:
B SE B. Beta p-Wert
OCA –0.07 0.12 –.09 .55
MC 0.22 0.11 .28 .04
AZU 0.16 0.07 .24 .03
F(5, 106) = 3.78, p ≤ .01

Hier der Output für Kündigungsabsicht als Kriterium:
B SE B Beta p-Wert
OCA –0.30 0.13 –.23 .03
MC –0.22 0.12 –.16 .08
AZU –0.61 0.08 –.53 ≤ .001
F(5, 106) = 37.12, p ≤ .001

Und bei der Kollinearitätsdiagnose steht in der letzten Zeile, dass OCA einen Varianzanteil von .89 hat und MC von .79.

Ich hoffe, das ist jetzt verständlich :/
malenzke
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