Studienplanung, Stichprobengröße und erforderliche Statistik

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Re: Studienplanung, Stichprobengröße und erforderliche Stati

Beitragvon Tipmatic1035 » Fr 7. Okt 2022, 14:00

Hallo,
ich komme auf meine Arbeit zurück.
Es geht um eine Patientengruppe mit 137 Personen. Von ihnen sind 4 verstorben.
Die Sterblichkeit wurde mit 2,92% berechnet.
Bundesweit wurde offiziell eine Sterblichkeit von 3,06% angegeben. Der Vertrauensbereich liegt zwischen 2,9 und 3,2%. Von 45.514 registrierten Patienten verstarben 1.393.
Alle Kriterien des Versterbens sind in meiner Patientengruppe und bundesweit erfüllt und gleich.
Darf ich behaupten, das sich die Letalität in meiner Gruppe (2,92%) nicht signifikant von der bundesweiten Letalität (3,06%) unterscheidet, weil mein Mittelwert im Vertrauensbereich der bundesweiten Patientenpopulation liegt?
Vielen Dank.
Gruß
tipmatic
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Re: Studienplanung, Stichprobengröße und erforderliche Stati

Beitragvon bele » Fr 7. Okt 2022, 14:29

Hallo tipmatic,

ich komme auf meine Arbeit zurück.

Das habe ich jetzt nicht alles nochmal gelesen.

Das Vergleichen von Werten und Konfidenzintervallen und Konfidenzintervallen mit Konfidenzintervallen ist fehlerträchtig. So sind nicht-überlappende Konfidenzintervalle ein Signifikanznachweis, überlappende Konfidenzintervalle schließen aber signifikante Unterschiede nicht aus und so weiter. Wenn Du, wie hier, den Luxus hast, dass Du die Rohwerte kennst, dann würde ich immer vorschlagen, die Rohwert in ein Statistikprogramm zu stecken und den Test damit neu zu rechnen. Dann kannst Du zitieren, wo die Werte her sind und kannst Dich für andere Signifikanzlevel entscheiden und so fort.

I R könnte das so aussehen:

Code: Alles auswählen
prop.test(x = c(4, 1393), n = c(137, 45514) )
#> Warning in prop.test(x = c(4, 1393), n = c(137, 45514)): Chi-Quadrat-
#> Approximation kann inkorrekt sein
#>
#>  2-sample test for equality of proportions with continuity correction
#>
#> data:  c(4, 1393) out of c(137, 45514)
#> X-squared = 3.1616e-29, df = 1, p-value = 1
#> alternative hypothesis: two.sided
#> 95 percent confidence interval:
#>  -0.03105397  0.02823619
#> sample estimates:
#>     prop 1     prop 2
#> 0.02919708 0.03060597


Und damit kannst Du jetzt angeben, dass der p-Wert ganz nahe an 1 liegt und damit die errechneten Anteilswerte nicht nur praktisch gleich sondern auch nicht-signifikant unterschiedlich sind. In einem Medizin/Epidemiologie-Kontext würde ich vorschlagen, auch eine Odds ratio (oder Hazard ratio) zu berechnen. Die Odds in Deiner Stichprobe ist 4/(137-4) = 0.030, in der Verlgeichspopulation 1393/(45514-1393) = 0.032 und die OR (oder HR) damit (4/(137-4))/(1393/(45514-1393)) = 0.952. Da freuen sich Deine Leser vielleicht, bestimmt freut sich der, der Deine Arbeit später mal für eine Metaanalyse liest.

LG,
Bernhard
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Re: Studienplanung, Stichprobengröße und erforderliche Stati

Beitragvon PonderStibbons » Fr 7. Okt 2022, 15:37

Tipmatic1035 hat geschrieben:Darf ich behaupten, das sich die Letalität in meiner Gruppe (2,92%) nicht signifikant von der bundesweiten Letalität (3,06%) unterscheidet, weil mein Mittelwert im Vertrauensbereich der bundesweiten Patientenpopulation liegt?

Obacht, das ist kein Mittelwert, sondern eine Rate. Und ich würde mir vielleicht Gedanken machen, ob man
irgendwelche Allgemeinaussagen (inferenzstatsttstische Signifikanzaussagen sind Schlussfolgerungen über
Grundgesamtheiten) auf n=4 Todesfälle stützen möchte. Ein Todesfall mehr, und die Rate wäre 3,65% und
damit außerhalb des Konfidenzintervalls.

Allerdings ist die Frage falschherum gestellt. Die Frage wäre, ob das Konfidenzintervall rund um Deine Rate
2,92% bei n=137 den angenommenen Populationswert 3,06% einschließt der nicht. Aber wie gesagt (s.o.) erscheint
das von vornherein wenig ergiebig und die power ist klein.

Mit freundlichen Grüßen

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