DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon meli_le » Di 25. Feb 2014, 20:37

Hallo,
ich brauche Hilfe um mein Strukturgleichungsmodell auf die Reihe zu bekommen. Ich habe a) keine Ahnung wie ich dieses Modell aufstellen kann (trotz intensiver Literaturrecherche, die eher widersprüchlich und verwirrend ist), b) rennt mir die Zeit davon und c) mein Betreuer sagt, dass er sich hinsichtlich dieser 2nd-Order-Modelle nicht auskennt. Ich hoffe, dass mir jemand meine Frage beantworten kann. Dazu hier die nötigen Infos:

Ich habe ein Modell mit 8 latenten Variablen (Eta), welche die Bindungssicherheitsmaße darstellen. Diese Bindungssicherheitsmaße wurden anhand von Fragebögen bzgl. Bindungssicherheit in Partnerschaft, Kindheit und allgemeinen Beziehungen erfasst. Die latenten Variablen sind mit manifesten Variablen (y) verknüpft. Diese manifesten Variablen bestehen aus Testhälften der entsprechenden Verfahren. Die Faktorladung zwischen EINER manifesten Variable auf die entsprechende latente Variable wurde mit 1 fixiert. Die Korrelationen der latenten Variablen wurden frei geschätzt.
Folgender Fit liegt vor:
Chi-Quadrat: 64.64, df=77, p=.84146, RMSEA=.000. Die Faktorladungen im standardisierten Format liegen zwischen .85 und .94 und die Fehler zwischen .11-.38. Ich bin davon ausgegangen, dass damit alle Kriterien erfüllt sind und das Modell angenommen werden kann.

Nun geht es darum Faktoren 2. Ordnung einzubauen, welche jeweils die Bindungssicherheitsvariablen für Partnerschaft, Kindheit und allgemeine Beziehungen "zusammenfassen". Mein Professor möchte diese Fragestellung untersucht haben - ob es sinnvoll ist oder nicht (er lässt wenig Freiraum für eigene Gedanken). Ich würde gern die Faktorladungen zwischen den ersten Faktoren und manifesten Variablen so lassen (und nicht alle Ladungen auf 1 fixieren). Als nächstes würde ich eine Faktorladung zwischen den Faktoren erster und zweiter Ordnung auf 1 fixieren. Nun die eigentlichen Fragen:
a) was passiert mit den Korrelationen zwischen den Faktoren erster Ordnung? Lasse ich die zu?
Wenn ich sie zulasse, kommt nur Käse raus und die Zusammenhänge zwischen Faktor 1. und 2. Ordnung sind negativ. Die Literatur geht auf die Korrelationen (erster Ordnung) auch nicht im Zusammenhang mit Modellen höherer Ordnung ein. Wird da irgendwas fixiert oder werden diese Zusammenhänge in der Syntax einfach nicht mehr angegeben? (In dem Modell erster Ordnung wurden diese ja mit FR PS(1,2) usw. frei geschätzt).
b) lasse ich sie weg und erwähne die Korrelationen nicht mehr (also alles mit FR PS (1,1), (1,2)...komplett weglassen) und gebe ich nur noch die eigene Korrelation des Faktors 2. Ordnung mit sich selbst an (das wäre bei mir FR PS (9,9) ), kommen schlechte Fitergebnisse heraus und Ladungen zwischen ersten und zweitem Faktor liegen zwischen .50 und 1.02 und auch die Korrelationen zwischen erstem Faktor und manifester Variable sind teils >1.00.

Dass ich die Korrelationen zwischen den Faktoren 2. Ordnung zulasse, ist mir bewusst. Aber was mit den Korrelationen der Faktoren erster Ordnung passiert, das erwähnt keine Quelle :-/ Es ist relativ schwer sich das allein zusammenzubauen (noch dazu wenn sich die Literatur uneinig ist) und ich befinde mich gerade an einer Stelle, an der ich ohne Hilfe nicht weiterkomme (natürlich fehlen auch viele Erfahrungswerte und Hintergründe). Mir geht es jetzt einfach nur darum zu wissen, ob ich das Modell erster Ordnung so lassen kann, ob ich eine Ladung zwischen ersten und zweitem Faktor (pro latenter Variable...da es ja wenn möglich 3-4 übergeordnete Faktoren werden sollen) fixieren kann und welche Korrelationen ich zulassen darf. Quasi eine Art sinnvolles Grundrezept (wenn es sowas gibt), wie man Modelle höherer Ordnung aufbaut und ob das in die richtige Richtung geht. Bis Ende der Woche muss ich irgendwas rausbekommen und selbst wenn es ein "geht nicht" ist - nächste Woche ist Abgabe.

Es wäre super wenn mir jemand Tipps geben könnte :-). Sicherlich fehlen noch Infos - bitte sagt einfach Bescheid.
Liebe Grüße von der äußerst dankbaren Melanie :-)
meli_le
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon meli_le » Mi 26. Feb 2014, 14:12

Hallo Holger,

es hat sich nun folgendes ergeben: wenn ich die Korrelationen zwischen den Faktoren erster Ordnung auf Null setze, ist der Modellfit und alles schlecht. Das ist nicht weiter "schlimm", da es ja auch eine Aussage ist: meine Faktoren zweiter Ordnung haben keinen kausalen Einfluss.

Interessant für mich ist nun folgendes: ich habe dir Korrelationen (trotz Faktoren 2. Ordnung) für die Faktoren 1. Ordnung zugelassen und auch die Korrelationen für die Faktoren 2. Ordnung. Die Ergebnisse (sowohl für die Primär- und Sekundärfaktoren als auch sämtliche Ladungen und Fehler) dieser Variante sind nun absolut theoriekonform, die Werte und der Modellfit wunderbar. Nun überlege ich diese Variante auch in meiner Arbeit zu erwähnen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob man methodisch korrekte Schlüsse aus dieser letzten Variante ziehen kann. Ich dachte an sowas wie:

Faktorenanalyse 2. Ordnung hat die kausalen Einflüsse des zweiten auf den ersten Faktor nicht bestätigt. Aber korrelative Zusammenhänge mit Faktoren 2. Ordnung ergaben theoriekonforme Aussagen. Demnach ist es fraglich, ob Faktorenanalyse 2. Ordnung in diesem Zusammenhang sinnvoll ist, bzw. sind weitere explorative Faktorenanalysen nötig, um übergeordnete Faktoren zu identifizieren.

Wäre das methodisch ok oder gibt es keine sinnvolle Aussage wenn ich Faktorenanalysen 2. Ordnung mit Korrelationen durchführe? Es geht mir einfach um die Aussagekraft der zweiten Variante.
Das war es dann auch bald von mir :-) Vielen Dank und liebe Grüße, Melanie
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon meli_le » Do 27. Feb 2014, 17:23

Es wäre schön, wenn sich noch mal jemand zu dem letzten Post äußern könnte: würde sich inhaltlich eine andere Erklärung ergeben wenn ich die Korrelatinen zulasse zwischen den Faktoren erster Ordnung (es ergaben sich auf diese Weise theoriekonforme Ergebnisse).
Herzlichen Dank! :-)
meli_le
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon Holgonaut » Do 27. Feb 2014, 17:44

Hi Melanie,
ich verstehe echt gesagt nicht ganz, was du gemacht hast. Wie ich in meiner PN schrieb, ist das essentielle Merkmal eines Faktormodell, dass es die Korrelationen
der AVn (Indikatoren bei Primärfaktoren und Primärfaktoren bei Second-order-Faktoren) erklärt. Das ist quasi das Rückrat des Modells. Wenn du nun Fehler-term-Kovarianzen
zu lässt (das ist es doch oder?), dann kann das natürlich korrekt sein (d.h. es gibt eine gemeinsame Ursache PLUS spezifische Kovarianzen), aber ein essentieller Test dieses
Modells wird ad absurdum geführt.

Ich würde mir die Primärfaktoren anschauen und alternative Modelle entwickeln, falls das von der Anzahl der Primärfaktoren möglich ist.

Gruß
Holger
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon meli_le » Do 27. Feb 2014, 18:09

Hallo Holger,

ja, den Inhalt deiner ersten Mail habe ich verstanden und kann das auch absolut nachvollziehen. Dass die Faktoren 2. Ordnung keinen geeigneten Fit ergeben, ist ok und eine Erkenntnis.

Was ich Probe halber mal gemacht habe (als Laie probiert man ja gern mal viel herum), ist, dass ich die Korrelationen der Faktoren 1. Ordnung untereinander nicht auf 0 gesetzt (was ja eigentlich bei einem Modell 2. Ordnung aus 0 gesetzt sein sollte) sondern zugelassen habe sowie die Korrelationen zwischen den Faktoren 1. und 2. Ordnung. Heraus kam ein theoriekonformes Ergebnis und ich verstehe nicht recht warum - nur weil ich die Korrelationen zwischen den Faktoren 1. Ordnung zulasse?

Ist es dann auch so, dass das Modell erster Ordnung nun (sprich nur 8 latente Variablen erster Ordnung und 16 manifeste...ohne Faktoren zweiter Ordnung) zu verwerfen ist, obwohl ein guter Fit und hohe Zusammenhänge zwischen Faktoren und manifesten Variablen vorliegen?

In meiner Arbeit geht es nur darum zu schauen,ob die Sekundärfaktoren kausale Einflüsse haben ja oder nein. Da das nicht so ist, muss ja zwangsläufig die Ebene der ersten Faktoren nicht falsch sein, da letztlich einfach andere Sekundärfaktoren identifiziert werden müssten, oder (was nicht mehr Teil meiner Arbeit wäre)?

Ich hab es etwas unverständlich übermittelt denke ich. Vielleicht ist es jetzt nachvollziehbarer.
Dann gebe ich auch bald Ruhe :-)
Ich danke dir für die hervorragende Hilfe bisher,
Melanie
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon Holgonaut » Sa 1. Mär 2014, 10:02

Hi Melanie

ist, dass ich die Korrelationen der Faktoren 1. Ordnung untereinander nicht auf 0 gesetzt (was ja eigentlich bei einem Modell 2. Ordnung aus 0 gesetzt sein sollte)


Sobald der second-order-Faktor (SOF) im Modell ist, kannst du die Korrelationen der Primärfaktoren (PF) nicht mehr schätzen, da sie keine Parameter des Modells (mehr) sind. Es können nur
exogene Variablen in einem SEM korrelieren. Was du tust, wenn du sie freischätzt, ist ihre Fehlerterme korrelieren zu lassen - also die Varianzanzeile, die nicht durch den SOF erklärt werden.

Und dafür gilt, was ich geschrieben hatte: Diese sollten alle zu 0 korrelieren, weil eine Abweichung ein Problem des SOF-Tests ist. Du kannst auf jedwelche PF irgendeinen artifiziellen SOF setzen und
den misfit kompensieren, in dem du Fehlerterm-Korrelationen freisetzt (das ist das gleiche wie auf PF-Ebene).

sowie die Korrelationen zwischen den Faktoren 1. und 2. Ordnung


SOF und PF "Korrelieren" nicht - sie sind mit Struktureffekten verbunden. Meinst du das?

Ist es dann auch so, dass das Modell erster Ordnung nun (sprich nur 8 latente Variablen erster Ordnung und 16 manifeste...ohne Faktoren zweiter Ordnung) zu verwerfen ist, obwohl ein guter Fit und hohe Zusammenhänge zwischen Faktoren und manifesten Variablen vorliegen?


Nein. Dieses Modell testest, ob die 8 latenten Variablen die Kovarianzstruktur der manifesten items erklären können. Auf Strukturebene (also auf Ebene der latenten Variablen) hat dieses Modell KEINE TESTBAREN Implikationen, weil alle Variablen frei miteinander korrelieren. Merke: Test = Restriktionen.

In meiner Arbeit geht es nur darum zu schauen,ob die Sekundärfaktoren kausale Einflüsse haben ja oder nein.


In erster Linie geht es um die Frage, ob die SOF irgendeine existierende Entität sind, oder irgendein Artefakt (siehe Lee und Cadogan-Artikel)

Wie ich schrieb: Wenn das 1-SOF-Modell nicht fittet, schau dir mal die Primärfaktoren und die latenten Korrelationen an - vielleicht ist ein 2-SOF oder 3-SOF oder... sinnvoller. Dabei erreichst du aber
schnell das Problem, dass auf einem SOF nur 2-3 PF laden. Dann ist das Modell nicht mehr testbar, weil es "just identified" ist. Aber wenn es Sinn macht, wäre es ja zumindest eine "suggestion" aufgrund Deiner Arbeit.

Grüße
Holger
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon josora » Mi 2. Nov 2022, 21:32

Hallo,

gerne würde ich hier auch eine Frage zu dem Thema anschließen.

Wenn ich das richtig verstehe, schätzt man an sich keine Fehlerkovarianzen zwischen Primärfaktoren in einer Second-Order Struktur. Auch ich habe das in einem Second Order SEM nicht vorgesehen. Ich frage mich aber, ob ich die Fehlerkovarianzen ggf. schätzen muss, weil ich z. T. Primärfaktoren mit nur zwei Indikatoren habe und diese für sich alleinstehend wären ja eigentlich unteridentifiziert, wenn sie keine signifikanten Korrelationen/Effekte mit anderen Faktoren aufweisen oder...?

Danke für die Hilfe!!

VG
Sophie
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon Holgonaut » Mi 2. Nov 2022, 21:38

Hi Sophie,
nein, musst du nicht, die beiden Primärfaktoren wären über den SOF und dessen Ladungen miteinander assoziiert und somit identifziert.

Grüße
Holger
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon josora » Mi 2. Nov 2022, 22:13

Super, vielen Dank für die schnelle Antwort!

Ich habe insgesamt 5 Primärfaktoren, die auf einen Second Order Faktor laden. Die Primärfaktoren haben sowohl je zwei Indikatoren und zum Teil auch nur einen Single Indikator. Wären meine Single Indikator Primärfaktoren ebenfalls über den SOF identifiziert (Fehlervarianz lege ich auf einen theoretisch festgelegten Wert fest) ?

VG
Sophie
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Re: DRINGEND! LISREL-Modell 2.Ordnung

Beitragvon Holgonaut » Fr 4. Nov 2022, 08:30

Hi,
dadurch dass du die Fehlervarianz fixierst, ist eine single-Indikator Variable sowieso identifiziert. Es kann sogar sein (müsstest aus ausprobieren), dass du die Fehlervarianz schätzen kannst.

Grüße
Holger
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