Erfolg messen mit Schwankungen

Fragen, die sich auf kein spezielles Verfahren beziehen.

Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon Graf-Zahl » Sa 21. Jan 2023, 19:41

Hallo zusammen,
ich möchte für einen Kiosk eine Verkaufsaktion bewerten, also herauskriegen, was sie gebracht hat.
Da schaue ich mir erst einmal die bisherigen Normalwerte an und stelle fest, dass es Muster (Anfang der Woche wird weniger verkauft, am Wochenende mehr,
morgens weniger, Abends mehr) gibt und die Werte ohne besonderen Grund schwanken.
Fasse ich die Zahlen für das zu testende Produkt zusammen, werden durchschnittlich 95 Stück je Woche verkauft.
Genauer: 80-110, Standardabweichung 9,8, Varianz 10%

Der zu erwartende Effekt von der Verkaufsaktion könnte durchaus in dem Bereich 10% liegen so dass die Streuung das Ergebnis total verhageln könnte?

Wir müsste ich hier sauber vorgehen? So viele Wochen zusammenfassen, bis die Varianz sich Richtung Bruchteil von dem zu erwartenden Effekt nähert?

Und wenn das dann z.B. 12 Wochen sind, dann muss auch der Test 12 Wochen dauern?

Danke für Tipps :)
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon bele » Mo 23. Jan 2023, 18:20

Hallo Graf-Zahl,

Graf-Zahl hat geschrieben:Fasse ich die Zahlen für das zu testende Produkt zusammen, werden durchschnittlich 95 Stück je Woche verkauft.
Genauer: 80-110


Was ist an dem Intervall genauer als an der 95? Ist das die Spanne der Werte oder fallen 90% in dieses Intervall oder sind das mehr so beliebig gesetzte Grenzen?

Standardabweichung 9,8, Varianz 10%


Eine Varianz in Prozent kommt jetzt unerwartet. Prozent von was? Welcher Varianzbegriff liegt dem zugrunde? Dieser hier eher nicht: https://de.wikipedia.org/wiki/Varianz ?

Der zu erwartende Effekt von der Verkaufsaktion könnte durchaus in dem Bereich 10% liegen so dass die Streuung das Ergebnis total verhageln könnte?

Wir müsste ich hier sauber vorgehen? So viele Wochen zusammenfassen, bis die Varianz sich Richtung Bruchteil von dem zu erwartenden Effekt nähert?


Ich bin wiederum unsicher mit dem Varianzbegriff, aber das sammeln möglichst vieler Beobachtungen ist genau der Weg, wie man in der Statistik das Signal aus dem Grundrauschen extrahiert.

Und wenn das dann z.B. 12 Wochen sind, dann muss auch der Test 12 Wochen dauern?


Ich weiß nicht, ob ich die Frage verstehe. Wenn Du zwölf Wochen auswerten willst, dann musst Du auch zwölf Wochen beobachten. War das mit der Frage gemeint? Wenn Dein Kiosk am Anfang der Woche weniger verkauft, vielleicht verkauft er auch im Winter weniger als im Sommer? Dann solltest Du nicht irgendwelche Wochen miteinander vergleichen, sondern jahreszeitlich passende.

LG,
Bernhard
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon Graf-Zahl » Di 24. Jan 2023, 21:09

Hallo Bernhard,

danke, dass du dich meiner Frage annimmst.

Das Intervall ist nicht genauer, ich wollte nur neben dem Durchschnitt noch weitere Kennzahlen zur Orientierung mitgeben.
Mit der Varianz meinte ich die Streuung, also Standardabweichung / Mittelwert * 100.
Da ich habe ich mich zweimal undeutlich und falsch ausgedrückt, sorry.
Ja, 90% aller Werte sind zwischen 80 und 110. Streuen also +-10% zum Mittelwert.
Und wenn ich einen Effekt bereinigt auswerten will, sind 10% Fehler ja gefährlich.

Wie muss ich nun vorgehen? Soll ich die Wochenwerte so weit zurück schauen, bis die Streuung
auf 2% reduziert ist? Das sind dann vielleicht nicht mehr 12 sondern 24 Wochen.

Und dann muss der Test ja auch wieder diese 24 Wochen dauern richtig?

Auf wieviel % muss die Streuung abfallen, damit ich einen erwarteten Effekt von vielleicht 10% sicher
messen kann?

Oder muss man sich da statt der Streuung die Verteilung anschauen? Also soviele Wochen nehmen, bis
die Wochen eine Normalverteilung zeigen? Und dann den Test auch solange laufen lassen, bis die Wochen eine
Normalverteilung hat und dann beide Mittelwerte vergleichen?

Die Saisonalität lasse ich mal außen vor, da sie bei dem Produkt bzw. dem Test keine Rolle spielen sollte.
Ich könnte statt den Wochenwerten sonst auch Vorjahresabweichungen nehmen aber diese Werte liegen
nicht vor.

Bin sehr dankbar für weitere Tipps :)
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon bele » Mi 25. Jan 2023, 09:39

Hallo,

Graf-Zahl hat geschrieben:Mit der Varianz meinte ich die Streuung, also Standardabweichung / Mittelwert * 100.


Das ist mindestens in der Statistik eine extrem ungewöhnliche Definition von Varianz und wenn Du Statistik-Texte liest, Statistik-Computerprogramme oder Formeln findest, dann solltest Du diese Werte nicht für "Varianz" einsetzen. (Siehe auch: "empirischer Variationskoeffizient": https://de.m.wikipedia.org/wiki/Variationskoeffizient# )

Wie muss ich nun vorgehen? Soll ich die Wochenwerte so weit zurück schauen, bis die Streuung auf 2% reduziert ist?


Das ist schwer nachvollziehbar. "Varianz" ist für Dich Standardabweichung der Verkaufszahlen durch Mittelwert. Wenn Du nun viele Wochen einschließt, erwartest Du dann, dass die Standardabweichung der Verkaufszahlen kleiner wird oder dass der Mittelwert größer wird? Wenn beides nicht, wieso sollte der Quotient durch ein längeres Beobachtungsintervall zunehmen?

Auf wieviel % muss die Streuung abfallen, damit ich einen erwarteten Effekt von vielleicht 10% sicher messen kann?


Vorsichtshalber wäre es vielleicht schlauer, uns auf eine Definition von "Effekt" zu einigen, damit wir uns nicht wie bei der Varianz missverstehen.

Die Saisonalität lasse ich mal außen vor, da sie bei dem Produkt bzw. dem Test keine Rolle spielen sollte.


Könnte man sich überlegen. Man könnte aber durchaus auch die Schwankungen innerhalb der Wochen berücksichtigen und Montage mit und ohne Werbung vergleichen, Dienstage mit und ohne Werbung und Mittwoche mit und ohne Werbung usw. Dann ist der mit/ohne Werbungs-Effekt vielleicht deutlicher, weil die täglichen Zufallsschwankungen um den Wochenverlaufseffekt bereinigt und daher kleiner sind. Gegenüber kleineren Zufallsschwankungen wird dann der Werbungs-Effekt größer und Du brauchst vielleicht weniger Wochen?

Bin sehr dankbar für weitere Tipps :)


Ich glaube, Du fängst das hier falsch an. Ich glaube nicht, dass Du Kioskbesitzer bist und Dir überlegst, wie Du eine Werbeaktion evaluierst. Das ist entweder eine Hausaufgabe oder ein "Parallelproblem". Wenn es eine Hausaufgabe ist, dann hat das eine Reihe erheblicher Implikationen: Dann musst Du die korrekten Begriffe verwenden und dann wird man von Dir erwarten, dass Du die Methoden anwendest, die gelehrt worden sind. Wenn Du ein Problem im echten Leben lösen willst, dann sind Dir Terminologie und Methodenwahl erstmal schnuppe, aber dann ist es immer noch erst Recht wichtig zu verstehen, welche Vorkenntnisse Du hast. Ein Statistikprogramm wirst Du nur mit Grundlagenwissen Statistik verstehen und wenn wir Dir raten, in irgendeiner Programmiersprache einen Permutationstest zu rechnen, dann macht das nur Sinn, wenn Du ein wenig programmieren kannst. Wenn Du weder mit einem Statistikprogramm umgehen noch programmieren kannst, dann dampft das die Auswahl möglicher Verfahren weiter ein. Deshalb ist mein Tipp: Leg die Karten offen auf den Tisch. Wenn es hier eine Chance geben soll, das Problem zu lösen, dann muss das Problem bekannt sein.

LG,
Bernhard
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon Graf-Zahl » Fr 27. Jan 2023, 22:10

Guten Abend Bernhard,
ja genau der Variationskoeffizient ist es, den ich fälschlicherweise erst Varianz und dann Streuung in % genannt habe.
Mit Effekt meine ich die Auswirkung von der Verkaufsaktion auf die Menge. Bringt es was, ja oder nein und wenn ja, wieviel?

Da du mich ja gefragt hast ob ich denn davon ausgehe, dass sich der Variationskoeffizient reduziert, wenn ich weitere Wochen
zusammenfasse, habe ich es einfach getestet. Leider wird der Variationskoeffizient größer, es ist einfach so, dass die Mengen
von Woche zu Woche ohne Grund (Wetter, Warenverfügbarkeit, Preis, Saison) um 20% schwanken. Also um 20% um den Mittelwert!

Ist das dann nicht ein Szenario, in dem man eine Verkaufsaktion kaum ausrechnen kann?

Oder muss ich nur sicherstellen, dass der Variationskoeffizient in der Testphase wie in der Vergleichsphase ist und schon
kann ich beide Mittelwerte vergleichen?

Es ist nicht mein Kiosk, dennoch möchte ich eine solche Situation bewerten. Ich bin bwl'ler und habe bezüglich Mathe und Statistik
nur Grundkenntnisse, die in die Jahre gekommen sind. Ich kann einige Programme sehr gut z.B. Excel, aber SPSS oder R keine Ahnung.
Deswegen bin ich auch nicht in der Lage einen T-Test oder die vielen Anovas umzusetzen und hoffe auf Hilfe.
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon Graf-Zahl » So 29. Jan 2023, 14:15

Ich kam zuletzt ein wenig von Anova ab und hin zu dem t-test.
Hier bin ich der Meinung dass es sich um abhänige Stichproben handelt.
Da ich aber eher weniger als 30 Stichproben (Wochenwerte) haben werde und diese auch nicht normalverteilt sind,
soll man von dem t-test auf den wilcoxon test ausweichen.
Bin ich da auf dem richtigen Weg? Danke!
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon bele » So 29. Jan 2023, 18:06

Tja, was soll man da sagen.

Leider wird der Variationskoeffizient größer, es ist einfach so, dass die Mengen
von Woche zu Woche ohne Grund (Wetter, Warenverfügbarkeit, Preis, Saison) um 20% schwanken.


Du warst ja sehr schnell bei der Sache damit, die Saisonalität zu vernachlässigen. Wetter lässt sich nachträglich noch erheben und berücksichtigen. Was ist denn das für ein Kiosk, dessen Preise so schnell schwanken, und wenn, warum kann man die nicht mehr erheben?

dennoch möchte ich eine solche Situation bewerten. Ich bin bwl'ler und habe bezüglich Mathe und Statistik
nur Grundkenntnisse, die in die Jahre gekommen sind.


Also wenn ich Kioskbesitzer wäre, dann würde ich mir keinen Berater wünschen, der nur Grundkenntnisse hat und deshalb Zeitreihen mit komplexen Saisonalitäten mit t-Test oder Wilcoxon-Tests angeht. Im Rahmen einer Hausaufgabe kann man das sicher mal machen, aber doch nicht, wenn wirtschaftliches Wohl und Wehe eines Kiosks auf dem Spiel steht.

Hier bin ich der Meinung dass es sich um abhänige Stichproben handelt.


Inwiefern?

Da ich aber eher weniger als 30 Stichproben (Wochenwerte) haben


Du hast sehr viel mehr Tage als Du Wochen hast und es klang so, als ob Dir die Tageswerte zur Verfügung stünden.

soll man von dem t-test auf den wilcoxon test ausweichen.


Nun gibt es t-Tests und auch Wilcoxon-Tests für verbundene und unverbundene Stichproben, sodass bei der Wahl des Tests eine gute Begründung für die Verbundenheit gewählt werden muss. Wenn Du Tages- statt Wochenwerten nämest hättest Du kaum mehr Annahmenverletzungen aber deutlich über 30 Beobachtungen in jeder Gruppe (bei 12 Wochen und 5 Wochentagen 60 Beobachtungen, bei einem Kiosk eher 6 Wochentage und damit 72 Beobachtungen je Gruppe). Damit läge nicht nur mehr Information vor sondern auch so Dinge wie Verteilungsvoraussetzungen werden unkomplizierter (Probleme mit fehlender Unabhängigkeit der Beobachtungen wird man darüber nicht los. Zeitreihen sind halt keine Losziehungen, solange das nicht lauf Aufgabenstellung anzunehmen ist).

Oder muss ich nur sicherstellen, dass der Variationskoeffizient in der Testphase wie in der Vergleichsphase ist und schon
kann ich beide Mittelwerte vergleichen?


Du kannst gar nicht sicherstellen, dass die Variationskoeffizienten gleich sind. Selbst dann wären die Mittelwerte nicht einfach vergleichbar.

Bin ich da auf dem richtigen Weg?


Keine Ahnung, hängt vom Ziel ab. Auf dem richtigen Weg zur Beantwortung einer Hausaufgabe mit den durchgenommenen Mitteln? Vielleicht. Auf dem Weg, einen Kioskbesitzer verantwortungsvoll zu beraten? Eher nicht. Eine solche Situation bewerten zu können (wie oben von Dir geschrieben)? Ganz bestimmt nicht. Da wären ein Buch über Statistikgrundlagen gefolgt von einem Buch über Zeitreihenanalyse bestimmt der bessere Weg als Fragen an anonyme Gestalten im Internet.

Grüße,
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Re: Erfolg messen mit Schwankungen

Beitragvon Graf-Zahl » So 12. Mär 2023, 01:36

Die Saisonalität vernachlässige ich nicht komplett, da ich statt den verkauften Mengen,
die Abweichung der verkauften Mengen im Vergleich zum Vorjahr verwende.
Die Preise der Artikel schwanken nicht stark, aber es werden jeden Tag unterschiedliche Produkte
gekauft. So schwanken auch die Wochenwerte recht stark.
Ich bin davon ausgegangen dass es sich um eine abhänige Stichprobe handelt, wenn ich Werte ja Wochen aus,
und ich kenne ihre "vorher" und "nachher" Werte. Oder ist mit abhänig immer eine 1:1 Beziehung gemeint
also ich muss für jeden vorher Wert einen nachher Wert haben? Das habe ich ja nicht,
wenn ich 10 Wochen vorher und 10 Wochen nachher habe kann ich keiner Vorwoche eine Nachfolgewoche zuordnen.
Ja Tageswerte habe ich aber da ist der Variationskoeffizient deutlich über 20%.

Wie würdest du denn solche "Zeitreihen mit komplexen Saisonalitäten" auswerten, wenn du t-Test und Wilcoxon-Tests
für ungeeignet hälst?
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