Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansätze

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Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansätze

Beitragvon McGeiwa » Fr 7. Jun 2013, 11:19

Hallo liebe Gemeinde,

im Augenblick sitze ich an meiner Master-Thesis und habe mich erfolgreich selbst verwirrt.
Als Teilbetrachtung beschäftige ich mich mit der Ausprägung bestimmter Belastungsmerkmale von Pflegekräften in Abhängigkeit der Unternehmenszugehörigkeit.
Nach der "Dichotomisierung" der Belastungsbewertungen (ursprünglich 4er-Skala von "nie" bis "ständig" in "positiv bewertet" / "negativ bewertet") habe ich nun zwei verschiedene Ansätze der Berechnung gefunden und bezweifle, dass beide richtig sind.

Besser ich stelle den Sachverhalt am konkreten Beispiel dar:

Abhängige Variable: "Angst vor Kündigung, Arbeitsplatzunsicherheit" (dichotom; 1 = positiv bewertet / (Belastung) eher verneint; 2 = negativ bewertet / (Belastung) eher bestätigt)
Unabhängige Variable (Kovariate): "Dauer der Unternehmenszugehörigkeit" ("E3_Dauer", in Monaten)

Ergebnis der Berechnungen (vgl. Dateianhang):

Regressionkoeffizient -0,005; Konstante: -0,722; Exp(B) / OR = 0,995; p = 0,05
Die Codierung der dichotomen Variable wird innerhalb der Analyse ja verändert: 1 = negativ bewertet / (Belastung) eher bestätigt.
Soweit: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitarbeiter auftretende Belastungen durch Angst vor Kündigung, Arbeitsplatzunsicherheit bestätigt sinkt.
Nach dem OR sind es 0,5 % im Monat, was mir relativ viel vorkommt. Nach 5 Jahren (60 Monaten) wären es 30 % (?!)

In der Literatur habe ich noch eine andere Vorgehensweise gefunden, die meiner Meinung nach "realistischere Werte" hervorbringt. Allerdings weiß ich nicht, ob ich diese anwenden darf.
Die Formel, wenn ich herausfinden möchte, um wie viel % die oben beschriebene Belastungswahrnehmung nach 5 Jahren (60 Monate) sinkt lautet dort (an dieser Stelle jedoch zur Berechnung der Überlebenswahrscheinlichkeit von Krebspatienten verwendet):

Ausgangswert nach einem Monat (Werte entsprechend eingesetzt):
z = -0,722 - 0,005 * 1 = -0,727

p = 1 / 1 + e*hoch -z*

p = 1 / 1 + e*hoch 0,727* = 0,3258 = 32,6 % --> Wahrscheinlichkeit Belastungen durch Angst vor Kündigung bzw. Arbeitsplatzunsicherheit wahrzunehmen liegt bei 32,6 %

Nach 60 Monaten:
z = -0,722 - 0,005 * 60 = -1,022

p = 1 / 1+e*hoch -z*

p = 1 / 1+e*hoch 1,022 = 0,2646 = 26,5 %

Demnach sinkt nach 5 Beschäftigungsjahren die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitarbeiter auftretende Belastungen durch Angst vor Kündigung bzw. Arbeitsplatzunsicherheit wahrnimmt um 6,1 %.

Entschuldigt meine unfachliche Nachfrage: Darf ich das so machen? p gibt ja die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein bestimmtes Ereignis eintrifft. 6,1 % finde ich (subjektiv natürlich) durchaus realistischer als 30 %.

Danke & viele Grüße
Dateianhänge
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Re: Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansät

Beitragvon PonderStibbons » Sa 8. Jun 2013, 13:43

Regressionkoeffizient -0,005; Konstante: -0,722; Exp(B) / OR = 0,995; p = 0,05
(...) Soweit: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitarbeiter auftretende Belastungen durch Angst vor Kündigung, Arbeitsplatzunsicherheit bestätigt sinkt. Nach dem OR sind es 0,5 % im Monat

Wie kommst Du denn auf 0,5%? Es geht doch um odds ratios, nicht um das relative Risiko.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansät

Beitragvon McGeiwa » Sa 8. Jun 2013, 17:00

Hallo PonderStibbons,

das hat mir ein Bekannter erklärt, dass ich das auch so interpretieren könnte.
Wenn ich von 1,00 = 100 % ausgehe, könne ich ja die prozentuale Abnahme so ablesen.
Für mich klang das auch plausibel. Zeiteinheit ist fest vorgegeben. "1,00" für den Ausgangswert / das 1-fache (Risiko) =100%. OR von 0,995 = das 0,995-fache = 99,5 %..., also Verminderug um das 0,005-fache innerhalb eines Monats = -0,5 %?
Hätte ich einen Wert von 1,007, ...das 1,007-fache (Risiko) = +0,7 % usw.

Wie du aber schon anmerkst und es mir selber auch schon spanisch vorkam, erscheinen mir die auf die 5 Jahre gerechneten Werte viel zu hoch.
Könnte ich meine Werte auch über den zweiten Weg (p) berechnen?

Viele Grüße & Danke!
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Re: Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansät

Beitragvon daniel » So 9. Jun 2013, 00:20

Ohne Details gelesen zu haben, sieht der "zweite Weg" korrekt aus. Die Umrechnug der logarithmierten Chancen in Wahrscheinlichkeiten ist in der Tat



Ah, ein Detail habe ich dann doch aufgepickt

Demnach sinkt nach 5 Beschäftigungsjahren die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitarbeiter auftretende Belastungen durch Angst vor Kündigung bzw. Arbeitsplatzunsicherheit wahrnimmt um 6,1 %.

Nein, um 6,1 % Punkte!Die prozentuale Veränderung beträgt ca. 19 %.
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Re: Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansät

Beitragvon McGeiwa » So 9. Jun 2013, 07:40

Hi Daniel! Danke dafür!

Könntest Du mir das mit den 19 % noch kurz erklären? Ich erkenne den Zusammenhang nicht. Wie entsteht diese Aussage, wenn man augenscheinlich die Differenz zwischen dem Wert für 1 Monat (P=32,6 %) und 60 Monate (P=26,5 %) betrachten muss?
Sorry, hab den Latex-Generator zu spät bemerkt....da hätte ich glatt ne schönere Formel erstellen können :-)

Vielen Dank und schönen Sonntag!
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Re: Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansät

Beitragvon daniel » So 9. Jun 2013, 12:10

Könntest Du mir das mit den 19 % noch kurz erklären? Ich erkenne den Zusammenhang nicht. Wie entsteht diese Aussage, wenn man augenscheinlich die Differenz zwischen dem Wert für 1 Monat (P=32,6 %) und 60 Monate (P=26,5 %) betrachten muss?


Die Diffrenz zwischen zwei Prozentualen Angaben wird in Prozentpunkten ausgedrückt. Daher beträgt die Differenz tatsächlich 6.1 Prozentpunkte. Eine Reduktion um 6 % dagegen würde den Wert auf

32.6 * (1 - 0.06) = 30.6

verschieben.

Der gesuchte Wert 26.5 lässt sich als ca. 81 % von 32.6 berechnen, da

26.5/32.6 = 0.81

Substrahiere diesen Wert von 1 und Du hast die prozentuale Reduktion von ca. 19 %.
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Re: Eine binär logistische Regression. 2 Interpreationsansät

Beitragvon McGeiwa » So 9. Jun 2013, 12:36

Hi!

Alles klar, jetzt hab ich's. Logisch!
Danke nochmal & schönen Nachmittag.
McGeiwa
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