Interpretation multiple hierarchische Regression

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Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon psychwonki » So 15. Aug 2021, 21:43

Hallo zusammen,

ich hätte eine Frage zu der Interpretation einer multiplen hierarchischen Regression. Aktuell habe ich folgende Hypothese formuliert:
Variable Y wird von X1 und X2 beeinflusst.
Meine hierarchische Regression habe ich in zwei Schritten durchgeführt, wobei im ersten Schritt soziodemografische Variablen als Prädiktoren fungieren und im zweiten Schritt meine Prädiktoren X1 und X2 hinzugefügt werden.
Der Anstieg an aufgeklärter Varianz in meinem Kriterium Y von Modell 1 und 2 war signifikant. Im finalen Modell ist das gesamte Regressionsmodell ebenfalls signifikant, jedoch verblieb der Prädiktor X2 im finalen Modell nicht signifikant, wohingegen mein Prädiktor X1 signifikant ist. Kann ich in diesem Fall meine Hypothese trotzdem "bestätigen"?
Ich möchte mich schonmal für jegliche Denkanstöße bedanken.
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon strukturmarionette » So 15. Aug 2021, 22:42

Hi,

folgende Hypothese formuliert: Variable Y wird von X1 und X2 beeinflusst.

Kann ich in diesem Fall meine Hypothese trotzdem "bestätigen"?

- dazu (für die Hypothese) bedarf es nichts 'hierarchisches'.

Gruß
S.
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon psychwonki » So 15. Aug 2021, 23:45

Hallo Strukturmarionette,

ich habe das hierarchische Vorgehen gewählt, um für soziodemografische Variablen zu kontrollieren.


BG

Kev
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon strukturmarionette » Mo 16. Aug 2021, 04:52

Hi.

- das ist möglich
- dannn aber zunächst die Modellbefunde ohne Kontrollvariablen berichten

Gruß
S.
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon Holgonaut » Mo 16. Aug 2021, 09:05

Hi,

wie schon zuvor gesagt wurde. Für Hypothesentests ist ein hierarchisches Modell unnötig. Die Kontroll findet auch im simultanen Ansatz statt, Inkremente von Varianzerklärungen sind völlig unerheblich. Was zählt sind die Effekte und ihre Signifikanz--und eigentlich noch viel wichtiger, ob die Effekte kausal identifiziert sind; sprich, ob die Kontrollvariablen sinnvoll ausgewählt wurden um Scheinbeziehungen zu blocken.

Grüße
Holger
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon psychwonki » Mo 16. Aug 2021, 11:26

Hallo Strukturmarionette,

hast Recht, vielleicht sollte ich mal bisschen mehr ins Detail gehen, damit man meine Situation besser verstehen kann.

Theorie: Aufgrund von Modell XY nimmt man an, dass die erhöhte Wahrnehmung von X1 und X2 mit weniger Y einhergeht. =>

Hypothese: Y wird von X1 und X2 negativ beeinflusst.

Theorie: In diversen Studien sieht man, dass Y mit Z1, Z2 und Z3 zusammenhängt, weshalb ich sie in meine Analysen miteinbeziehen möchte.

Modell 1 (Y wird vorhergesagt durch Z1 + Z2 +Z3) => Z = Kontrollvariablen
Z1 (β = -.097, p = n.s.)
Z2 (β = .078, p = n.s.)
Z3 (β = .202, p < .05)

Gesamtes Modell = F(3,159) = 2.812, p < .05, R2= .050

Modell 2 (Y wird vorhergesagt durch Z1 + Z2 + Z3 + X1 + X2) => X = die zu testenden Variablen

Z1 (β = -.07, p = n.s.)
Z2 (β = .09, p = n.s.)
Z3 (β = .26, p < .001)
X1 (β = -.28, p < .001),
X2 (β = -.04, p = n.s.)

Gesamtes Modell = F(5,156) = 5.8205, p < .001, R2= .143


Der Anstieg von Modell 1 und 2 an Varianzaufklärung im Kriterium Y war signifikant F(2,156) = 8.401, p <.001.

Kann ich meine Hypothese jetzt annehmen?
psychwonki
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon psychwonki » Mo 16. Aug 2021, 11:41

Hallo Holgonaut,


Holgonaut hat geschrieben: Für Hypothesentests ist ein hierarchisches Modell unnötig. Die Kontroll findet auch im simultanen Ansatz statt, Inkremente von Varianzerklärungen sind völlig unerheblich.
r

ich habe mich an der Aussage von Herrn Urban und Mayerl (2011) orientiert:

„Der große Vorteil der hierarchischen Regressionsanalyse besteht darin, dass dabei die Abhängigkeit der Schätzung einzelner Variableneffekte von anderen, ebenfalls im Regressionsmodell geschätzten Variableneffekten kontrolliert werden kann.“

Urban, D., & Mayerl, J. (2011). Erweiterte Regressionsanalyse. In D. Urban & J. Mayerl, Regressionsanalyse: Theorie, Technik und Anwendung (S. 275–322). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93114-2_5

Holgonaut hat geschrieben:Was zählt sind die Effekte und ihre Signifikanz--
r


Okay, erscheint mir auch sehr plausibel, aber wenn mein Fall vorliegt (Hypothese: Y wird von X1 und X2 beeinflusst)
und nehmen wir mal an, dass ich eine multiple Regression ohne hierarchisches Vorgehen benutzt habe, müsste ich meine Hypothese ablehnen, wenn das Gesamtmodell signifikant ist und X1 ebenfalls mein Y signifikant vorhersagt, wohingegen mein X2 keine signifikante Vorhersagekraft auf mein Kriterium hat? Oder ist die Hypothese an sich schon falsch aufgestellt worden?




Holgonaut hat geschrieben:und eigentlich noch viel wichtiger, ob die Effekte kausal identifiziert sind; sprich, ob die Kontrollvariablen sinnvoll ausgewählt wurden um Scheinbeziehungen zu blocken.
r


Die Kontrollvariablen habe ich aus der Theorie abgeleitet, sprich in mehreren Studien zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Y und Z1, Z2 und Z3.


Danke für deinen Beitrag.


VG

Kevin
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon Holgonaut » Di 17. Aug 2021, 11:25

Hallo Kevin,

ich kann mich nur wiederholen: Wenn du in die Regression alle Variablen einschließt, kriegst du Regressionskoeffizienten, die den Zusammenhang (optimalerweise Effekt) unter Kontrolle der anderen reflektieren. Das Zitat von Urban und Meyer wäre daher für die multiple Regressionsanalyse. Meinen sie das wirklich für die hierarchische Vorgehensweise, ist es einfach Unsinn.

Viel relevanter ist folgendes:

Theorie: In diversen Studien sieht man, dass Y mit Z1, Z2 und Z3 zusammenhängt, weshalb ich sie in meine Analysen miteinbeziehen möchte.


Das ist die übliche aber völlig ungenügende Grundlage für die Notwendigkeit, eine Variable zu kontrollieren. Dass Z einen Effekt auf Y hat, hat bestimmte Vorteile (sie erhöht die power, einen Effekt für X1 und X2 zu finden, weil sie die Residuen weiter reduziert). Sie ist aber für ihre Kontrollfunktion unerheblich. Darüberhinaus ist der Begriff des "Zusammenhangs" völlig unpräzise für die Entscheidung. Bei der Wahl von Kontrollvariablen kommt man um eine klare kausale Spezifikation (also Deinen Vorstellungen, wie Z kausal im Netz agiert) nicht herum. Die Beziehung zwischen Z und Y (und X) kann durch vielerlei Gründe verursacht sein--nur wenn sie ein confounder ist, muss man sie kontrollieren. Du kontrollierst sie NCIHT, wenn
-- X einen Effekt auf Z hat (weil sie u.U. ein Mediator ist)
-- Y einen Effekt auf (weil sie u.U. ein "collider" ist).

Die "Umstände hängen von der Natur der Beziehungen mit Y ab: Im ersten Fall hat Z einen Effekt auf X, im zweiten umgekehrt.

Wenn du uns aufklärst, was die X's, Z's und Y ist, können wir gemeinsam etwas brainstormen :)

Je nach dem, welcher Fall bei dir vorliegt, sind deine Effekte sinnvoll, oder gebiased. Und über die Z's hinaus musst du dir klarwerden, welche weiteren kausalen Annahmen du machst (nämlich, dass es keine ausgeschlossenen weiteren confoudner/gemeinsame Ursachen der X's und Y gibt). Wenn das von vorne herein unplausibel ist, brauchst du einen Instrumentalvarialbenansatz und kannst Deine Forschungsfrage mit der Regression nicht beantworten (oder diskutierst die zumindest in den limitations--und zwar präziser als nur "kausale Schlüsse kann man keine ziehen").

Grüße
Holger
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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon psychwonki » Di 17. Aug 2021, 13:53

Hallo Holger,

bei den Kontrollvariablen Z handelt es sich um soziodemografische Variablen wie Alter, religiöses Empfinden und vergangene Tage seit der Diagnose. Und mit Zusammenhang meine ich statistisch signifikante Korrelationen bzw. lineare Beziehungen. Ich versteh glaub ich deinen Hinweis zur Kausalität, aber da es sich in meiner Studie um einen Querschnitt handelt, könnte man diverse „kausale Beziehungen“ nur theoretisch ableiten. Ich glaube meine Hypothese war irreführend, da ich durch „Y wird von X1 und X2 beeinflusst“ eine Kausalität vorausgesetzt habe, die ich in meiner Studie schlichtweg nicht „nachweisen“ kann. Aktuell habe ich auch meine Hypothese verändert, sodass sie den Ansprüchen gerecht wird „ H1: Eine erhöhte Wahrnehmung von X1 ist mit einer geringeren Y assoziiert“ „H2: Eine erhöhte Wahrnehmung von X2 ist mit einer geringeren Y assoziiert“, aber theoretisch stehen dabei die X1 und X2 für Variablen, die Y „kausal“ beeinflussen.

Nun könnte ich glaub ich, mit einem multiplen Regressionsmodell meine zwei Hypothesen beantworten, oder? Was meinst du Holger? Allerdings wollte ich das hierarchische Vorgehen beibehalten, weil ich somit am Ende glaub ich, die Aussage machen kann, ob meine X Variablen signifikant zu einer Steigerung an Varianzaufklärung in meinem Y beigetragen haben.



VG

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Re: Interpretation multiple hierarchische Regression

Beitragvon Holgonaut » Di 17. Aug 2021, 19:03

Und wenn wir jetzt noch zur Bedeutung von X1 und X2 kämen, ohne dass ich dir das aus der Nase ziehen muss, können wir vorankommen ;)

Kausale Schlüsse hängen nicht unbedingt an Querschntt vs. Längsschnitt oder survey vs. Experiment, sondern daran, ob man den Effekt identifzieren kannst. Kontrollvariablen könenn eines der Identifikationsprobleme beheben (wenn man die relevanten drin hat). Das basiert auf theoretischen Erwägungen.

Grüße
Holger
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