Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regression

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Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regression

Beitragvon statistikeumel » Mo 15. Nov 2021, 19:10

Hallo ihr Lieben,

ich sitze zurzeit an meiner Abschlussarbeit und bin total am verzweifeln, also jetzt schon einmal ein riesen ENTSCHULDIGUNG falls mein Beitrag nerven sollte :(

ich habe ein paar grundsätzliche Frage zum Thema Moderationsanalysen in SPSS per hierarchischer multipler Regression. – Und ja, ich weiß, dass es dafür auch PROCESS gibt, ich soll das aber (leider) auf diesem Wege berechnen.
Ich habe in einem ersten Schritt meine uV und den Moderator in das Modell aufgenommen und anschließend den Interaktionsterm der beiden Variablen hinzugefügt.
Wenn in dem zweiten Modell jetzt beim Interaktionseffekt ein signifikanter Wert (< .05) rauskommt - bedeutet das dann, dass es einen Interaktionseffekt gibt oder nicht?
Und wenn ja, wie interpretiere ich das Ganze generell am Besten, kann mir da vielleicht jemand helfen?

Darüber hinaus haben eine Freundin und ich eine kleine Diskussion darüber gehabt, was man bezüglich der Variablen einer hierarchischen multiplen Regression angibt, wenn man beschreiben möchte, dass Variablen signifikante Werte aufweisen – den Regressionskoeffizienten B (nicht standardisiert, „b“) + Sig. oder das standardisierte Beta („β“) + Sig.?

Ich dachte immer, man müsse das standardisierte beta nur dann angeben, wenn man mehrere signifikante Variablen hinsichtlich ihres Einflusses vergleichen möchte. Bei der Moderation erscheint mir das nicht zielführend, aber vielleicht habe ich gerade auch einfach ein Brett vorm Kopf. Dann jetzt schon einmal ein riesen SORRY!

Danke schon einmal an alle für Eure Zeit, ich hoffe, es kann mir jemand weiterhelfen!

Liebe Grüße

euer statistikeumelchen
statistikeumel
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Re: Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regressi

Beitragvon bele » Mo 15. Nov 2021, 19:53

Hallo!
statistikeumel hat geschrieben:Wenn in dem zweiten Modell jetzt beim Interaktionseffekt ein signifikanter Wert (< .05) rauskommt - bedeutet das dann, dass es einen Interaktionseffekt gibt oder nicht?


Signifikant bedeutet, dass es eher nicht Null sein kann, also existiert.

Und wenn ja, wie interpretiere ich das Ganze generell am Besten, kann mir da vielleicht jemand helfen?


Interpretation erfordert das Wissen um Fragestellung und Kontext.

Darüber hinaus haben eine Freundin und ich eine kleine Diskussion darüber gehabt, was man bezüglich der Variablen einer hierarchischen multiplen Regression angibt, wenn man beschreiben möchte, dass Variablen signifikante Werte aufweisen – den Regressionskoeffizienten B (nicht standardisiert, „b“) + Sig. oder das standardisierte Beta („β“) + Sig.?


Dafür gibt es keine allgemeinen Gesetze. Entweder Du findest was in Vorlesungsmitschriften oder überlegst Dir, ob Du da irgendwas interpretieren möchtest, im Zweifel ist wahrscheinlich zuviel angeben weniger gefährlich als zuwenig. Ich würde das in meinen Kontexten normalerweise nicht angeben, bin aber auch an ein Statistikprogramm gewöhnt, das standardisierte Koeffizienten nicht routinemäßig ausgibt.

Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend,
Bernhard
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Re: Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regressi

Beitragvon statistikeumel » Mo 15. Nov 2021, 20:32

Lieber Bernhard,

vielen Dank für deine schnelle und vor allem sehr liebe Antwort - ich hatte schon befürchtet, dass mein Beitrag zu Kopfschütteln, Augenverdrehen oder ähnlichem führt..
Danke auch für deine Antworten, das bringt mich schon ein ganzes Stück weiter!

Nun zur Fragestellung und dem Kontext:
Ich untersuche in meiner Arbeit die Angst, etwas zu verpassen und wie sich diese auf die Social Media Nutzung und das Wohlbefinden der Nutzer auswirkt.
Dazu hatte ich zunächst einfache Regressionen berechnet, im Rahmen derer u.a. ein negativer Einfluss auf die Lebenszufriedenheit sowie ein positiver Einfluss auf die Social Media-Nutzung rauskam.
Gemäß der medienwissenschaftlichen Theorie, die meiner Arbeit zugrundeliegt, wollte ich in einem näcnhsten Schritt überprüfen, ob die Social Media Nutzung den Effekt/Einfluss der Angst, etwas zu verpassen auf die Lebenszufriedenheit ggf. positiv beeinflussen kann, indem durch die Nutzung das Bedürfnis nach Information, Zugehörigkeit, etc. befriedigt werden.

Und so kommen wir zur Moderationsanalyse:
aV - Lebenszufriedenheit
uV Angst, etwas zu verpassen (FoMO)
uV 2 bzw. Moderator - Social Media Nutzung
Interaktionsterm aus FoMO und Social Media Nutzung

Jetzt habe ich für den Interaktionsterm folgendes Ergebnis: b = -.484, p = .004
FoMO (Modell 1: b = -1,654, p < .001; Modell 2: b = -1,436, p < .001)
Nutzung sozialer Meiden (Modell 1: b = .490, p = .121; Modell 2: b = .462, p = .141

Und jetzt hakt es bei mir irgendwie. Ich weiß momentan nicht so recht, was ich mit den Ergebnissen anfangen soll. Was ich (hoffentlich) noch begreife ist, dass ein Moderationseffekt vorliegt. Was genau bedeutet das aber für meine Hypothese, dass die Nutzung sozialer Medien den Einfluss von FoMO auf die Lebenszufriedenheit positiv beeinflusst? Also in diesem Beispiel müsste die Hypothese meines Verständnisses nach verworfen werden, da der Interaktionsterm den negativen Einfluss noch zu verstärken scheint.. oder ist der Interaktionsterm ein Indiz für den Moderator Nutzung sozialer Medien? ..wahrscheinlich bin ich total auf dem Holzweg, entschuldige bitte, aber der Stress tut sein übriges.
Ich hatte die Ergebnisse jetzt erstmal wie bei der "klassichen" multiplen Regression dargestellt, frage mich nur, wann der Moment kommt, an dem ich meine Hypothese auch entsprechend beantworten kann, weil das alles noch sehr allgemein ist und es mir ja eigentlich lediglich um die Frage geht "Beeinflusst die Social Media Nutzung den Effekt von FoMO auf die Lebenszufriedenheit?" - ja oder nein und wenn ja, wie beeinflusst sie diesen.

Ich hoffe du oder auch jeder andere, der das hier lesen sollte, kann meinen Ausführungen folgen. Entschuldigt bitte, wenn das alles etwas wirr ist, ich bin zurzeit echt etwas an meinem Limit.

Ich wünsche dir nun aber auch erstmal einen schönen Abend und würde mich - trotz der Länge der Antwort - sehr über eine Antwort freuen!

Alles Liebe
statistikeumel
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Re: Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regressi

Beitragvon PonderStibbons » Mo 15. Nov 2021, 22:31

ich hatte schon befürchtet, dass mein Beitrag zu Kopfschütteln, Augenverdrehen oder ähnlichem führt..

Die Sachfragen nicht.
Gemäß der medienwissenschaftlichen Theorie, die meiner Arbeit zugrundeliegt, wollte ich in einem näcnhsten Schritt überprüfen, ob die Social Media Nutzung den Effekt/Einfluss der Angst, etwas zu verpassen auf die Lebenszufriedenheit ggf. positiv beeinflussen kann, indem durch die Nutzung das Bedürfnis nach Information, Zugehörigkeit, etc. befriedigt werden.

Nimmt man die Studienergebnisse, dann ist die Theorie bzw. sind die daraus abgeleiteten Hypothesen nicht gestützt.
Inwiefern ist das nicht in Ordnung?

Dass Social-Media-Nutzung Leute noch unglücklicher macht, als sie es ohnehin schon sind, ist keine neue Erkenntnis, dachte ich.

Mit freundlichen Grüßen

PonderStibbons
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Re: Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regressi

Beitragvon bele » Mo 15. Nov 2021, 23:23

Hallo!

Ich bin ja weder Psychologe noch Soziologe noch irgendwas mit Medien, drum musste ich FoMO erstmal googlen. Die WirtscharftsWoche ist mein erster Google-Treffer dort steht Satz 1:

Die Angst, etwas zu verpassen ist ur-menschlich und völlig normal.


und Satz 2:

Die Definition lautet: "Die Angst, dass derzeit ein spannendes oder interessantes Ereignis an anderer Stelle stattfinden kann, oft geweckt von Beiträgen in den Social Medien“.


Auch für mich als Nicht-Fachmann ist klar, dass Angst die Lebensqualität beeinflusst. Das drückt sich in Deinem direkten Effekt von Fear auf Lebensqualität mit einem negativen Koeffizienten aus.

Social Media nutzen ängstliche und nichtängstliche, für machne verschlechtern sie die Lebensqualität, für andere erhöhen sie sie, damit leuchtet auch unmittelbar ein, dass Du über alle hinweg keinen signifikanten Effekt von Sozial Media auf Lebensqualität gefunden hast.

Wenn jetzt aber ein Mensch mit fear of missing out auf TikTok trifft, wo es ständig neue Trends gibt und völlig undurchsichtig ist, was der Algorithmus auf meine For-You-page stellt und was ich verpasse, weil er das nicht tut, dann ist doch unmittelbar einleuchtend, dass fear of missing out-Menschen erst Recht neues Futter für ihre Angst kriegen, wenn sie viel TikTok schauen. Also führt das Zusammenkommen von FoMo und Socialmedianutzung zu nochmal besonders geringer Lebenszufriedenheit. Und das passt gut zu Deinen Ergebnissen, denn nur wenn beides hoch ist, FoMO und Medianutzung, dann kommt Dein INteraktionseffekt mit -0,48 besonders stark zur Geltung. Das hat durchaus Augenscheinvalidität und passt zur Auffassung der Wirtschaftswoche, dass Social Media schuldig und nicht etwa hilfreich sind.

Hat also alles für mich als Laien Augenscheinvalidität und passt gut zusammen. Vom Intercept der Lebensqualität ohne FoMo und ohne Socialmedianutzung wird für die FoMO was abgezogen und nochmal extra mehr abgezogen, wenn FoMo und Socialmedianutzung gemeinsam vorkommen.

Beispiel für frustrierend ausbleibende Befriedigung auf Tiktok: https://vm.tiktok.com/ZM8qCgDea/

HTH,
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Re: Moderationsanalyse via hierarchischer multipler Regressi

Beitragvon statistikeumel » Fr 19. Nov 2021, 22:32

Okay super, danke euch Beiden - ihr habt mir wirklich die Augen geöffnet!
Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr ..

PS. @bele: das TikTok Video hat mir seit langem mal wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, danke dafür! :D
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