Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulierung

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Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulierung

Beitragvon alexs96 » Mo 29. Nov 2021, 13:39

Hallo ihr Lieben,

Frage Nr 1:
Ich möchte mein theoretisches Gesamtmodell mittels einer multiplen univariaten Regressionsanalyse überprüfen. Über die ganze Stichprobe hinweg (n = 100) ist diese signifikant.
Gleichzeitig würde ich diese gerne für einzelne Berufsgruppen prüfen, um nachzuweisen, dass diese Berufsgruppen untereinander "vergleichbar" sind?

Ist es ein gängiges/ mögliches Vorgehen, dass ich dazu im SPSS bei den Regressionen die jeweiligen Berufsgruppe einfach per Auswahlvariable auswähle und dann einfach 5 verschiedene multiple univariate Regressionen rechne?
Klar, gibt es da Probleme wegen der Stichprobengröße, aber hätte ich so nachgewiesen, dass mein theoretisches Konzept für alle Berufsgruppen auch isoliert signifikant ist?
Falls nein, was wäre ein Weg um die Berufsgruppen untereinander zu vergleichen? Ich schaue mir in der deskriptiven Statistik natürlich bereits deren Mittelwerte zu verschiedenen Konstrukten an etc. und vergleiche darüber untereinander.

Frage Nr 2:

Ich betrachte die Qualität dreier Einzelprozesse von Unternehmen. Wenn ich mein theoretisches Gesamtmodell (gibt es hierfür einen statistisch anerkannten Begriff in der Literatur?) teste und diese Prozesse einzeln als abhängige Variable betrachte, erhalte ich keine signifikanten Ergebnisse. Betrachte ich die Variablen jedoch gemeinsam indem ich diese per Durchschnittsbildung zu einer Variable (Gesamtprozess-Qualität) zusammenführe, so wird mein Modell signifikant.
I
st ein solches Vorgehen auf irgendeine Art unwissenschaftlich? Oder sollte man sowas generell vermeiden?

Frage Nr. 3:
Ich erhebe Daten zu vier verschiedenen latenten Konstrukte mit jeweils zwei Hypothesen. Insgesamt habe ich also 8 Hypothesen in der Arbeit. Meine Hypothesen sind hauptsächlich bivariat. Bei zwei Hypothesen führe ich multiple Moderatoranalysen durch.
Ist es in meinem Fall notwendig auf eine Alpha-Fehler-Kumulierung zu achten bzw. diese nach Bonferroni zu korrigieren? Oder beziehen sich die Probleme, die auf Basis von multiplen Testen entstehen auf nur ein und dasselbe Konstrukt?

Zusätzlich zu den 8 Hypothesen möchte ich wie oben beschrieben, so gesehen, die bivariaten Hypothesen zu einem Gesamtmodell zusammenpressen (siehe Frage Nr. 1).

Ich bedank mich ganz herzlich bei euch vorab!
Viele Grüße
Alexandra
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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon PonderStibbons » Mo 29. Nov 2021, 14:11

.
Gleichzeitig würde ich diese gerne für einzelne Berufsgruppen prüfen, um nachzuweisen, dass diese Berufsgruppen untereinander "vergleichbar" sind?
Ist es ein gängiges/ mögliches Vorgehen, dass ich dazu im SPSS bei den Regressionen die jeweiligen Berufsgruppe einfach per Auswahlvariable auswähle und dann einfach 5 verschiedene multiple univariate Regressionen rechne?

Technisch gesehen kein Problem, nur beantwortet das wohl Deine Forschungsfrage nicht.
Was konkret meinst Du mit vergleichbar-in-Anführungsstrichen? Z.B. dass die Varianzaufklärung
des Modells für alle Berufsgruppen dieselbe ist? Oder dass ein oder mehrere Einflussfaktoren
(Prädiktoren) in jeder Berufsgruppe denselben Einfluss haben?

Ist ein solches Vorgehen auf irgendeine Art unwissenschaftlich? Oder sollte man sowas generell vermeiden?

Es ist sehr verbreitet, weswegen man in der empirischen Literatur ständig auf nicht replizierbare Befunde trifft.
Das Problem besteht darin, dass oft so lange herumprobiert wird, bis etwas statistisch signifikant wird. Das führt zu
Modellen, die an die vorhandenen Stichprobendaten überangepasst sind und deren Generalisierbarkeit fragwürdig
ist. Oder war das a priori so geplant?
Nebenbei, wieso Durchschnittswert-Bildung, wäre nicht von vornherein ein Modell mit den drei einzelnen Prozessen als
drei Prädiktoren in Frage gekommen?

Was mulitples Testen angeht, würde ich mich an die Gepflogenheiten des Fachbereichs/des Betreuers halten. Wenn
man sehr viele statistische Signifikanztests rechnet und auf Sicherheit Wert legt, könnte man auch ein 1% statt 5%-Niveau
vorgeben. Bonferroni ist bei sehr vielen Tests normalerweise zu streng (erhöhter beta-Fehler); zumindest sollte
man die Bonferroni-Holm Prozedur wählen statt einfach Bonferroni.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon bele » Mo 29. Nov 2021, 14:20

Hallo Alexandra,

vorneweg: Ich habe so meine Schwierigkeiten mit Deiner Aufgabenstellung, da mit Deine Ausführungen zu allgemein, zu unpräzise für genaue Antworten sind. Deshalb bekommst Du von mir auch keine bestimmten Antworten aber doch das, was ich glaube, schon jetzt beitragen zu können.

alexs96 hat geschrieben:Klar, gibt es da Probleme wegen der Stichprobengröße, aber hätte ich so nachgewiesen, dass mein theoretisches Konzept für alle Berufsgruppen auch isoliert signifikant ist?


Zunächst einmal ist es ganz wesentlich, dass Du diese Überlegungen anstellst. Nur weil etwas für den Durchschnitt aller Berufsgruppen gilt, muss es nicht für die einzelnen Berufsgruppen gelten. Ich leihe mir mal dieses Bild hier aus:

Bild

Jede Farbe steht für eine eigene Berufsgruppe und für jede Berufsgruppe gilt, dass mit einem steigenden x auch ein steigendes y einhergeht. Über alle Berufsgruppen hinweg betrachtet gilt aber, dass mit einem steigenden x ein sinkendes(!) y einher geht. Zitiert habe ich mir das Bild aus dieser Publikation: https://dx.doi.org/10.1186%2F1471-2288-8-34 (BMC Med Res Methodol. 2008; 8: 34.) die Du Dir durchlesen könntest, wenn Du mehr zum Thema wissen willst.

Wenn Du bei Deinen Teilregressionen auf kleine Stichprobengrößen stößt wird es halt nicht mehr signifikant. Es hängt von den Details wie der Stichprobengröße etc. ab, ob Du da eigene Regressionen rechnen willst oder ob eine grafische Analyse (ähnlich dem Bild oben) vielleicht auch schon reicht


Frage Nr 2:

Ich betrachte die Qualität dreier Einzelprozesse von Unternehmen. Wenn ich mein theoretisches Gesamtmodell (gibt es hierfür einen statistisch anerkannten Begriff in der Literatur?) teste und diese Prozesse einzeln als abhängige Variable betrachte, erhalte ich keine signifikanten Ergebnisse. Betrachte ich die Variablen jedoch gemeinsam indem ich diese per Durchschnittsbildung zu einer Variable (Gesamtprozess-Qualität) zusammenführe, so wird mein Modell signifikant.
Ist ein solches Vorgehen auf irgendeine Art unwissenschaftlich? Oder sollte man sowas generell vermeiden?


Ob man sinnvoll aus den drei Qualitäten einen Durchschnitt bilden kann ist zunächst mal eine sachwissenschaftliche Frage und unspezifisch für "irgendwelche" Qualitätsindikatoren nicht solide zu beantworten. Die Mittewertbildung aus vielen Items statt auch wenigen Items kann glätten und Rauschen entfernen und somit das Signal im Rauschen besser sichtbar machen. Es kann aber auch ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen sein.


Frage Nr. 3:
Ich erhebe Daten zu vier verschiedenen latenten Konstrukte mit jeweils zwei Hypothesen. Insgesamt habe ich also 8 Hypothesen in der Arbeit. Meine Hypothesen sind hauptsächlich bivariat. Bei zwei Hypothesen führe ich multiple Moderatoranalysen durch.
Ist es in meinem Fall notwendig auf eine Alpha-Fehler-Kumulierung zu achten bzw. diese nach Bonferroni zu korrigieren? Oder beziehen sich die Probleme, die auf Basis von multiplen Testen entstehen auf nur ein und dasselbe Konstrukt?


Leider tauchen immer wieder Fragen auf, die harte und einfache Regeln für die Anwendung der Bonferroni-Korrektur suchen. Leider ist das mit dem Bonferroni im echten Leben nicht immer so einfach und es hängt sehr von den Details und sehr von individuellen Ansichten ab. Man kann sich leider nur im Einzelfall dafür oder dagegen entscheiden und das lettze Wort hat dann oft der Betreuer.

LG,
Bernhard
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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon alexs96 » Mo 29. Nov 2021, 14:23

Technisch gesehen kein Problem, nur beantwortet das wohl Deine Forschungsfrage nicht.
Was konkret meinst Du mit vergleichbar-in-Anführungsstrichen? Z.B. dass die Varianzaufklärung
des Modells für alle Berufsgruppen dieselbe ist? Oder dass ein oder mehrere Einflussfaktoren
(Prädiktoren) in jeder Berufsgruppe denselben Einfluss haben?


Zunächst vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Ich wollte zunächst nur eine bestimmte Berufsgruppe untersuchen. Mein Betreuer wünschte aber auch weitere Berufsgruppen einzuschließen, die mehr oder weniger indirekt an den betrachteten Prozessen beteiligt sind, um zu überprüfen, ob diese auch mit der eigentlichen Zielgruppe übereinstimmen. Mein Gedanke war jetzt das Modell für jede Berufsgruppe zu rechnen. Dies ist auch in fast allen Fällen signifikant. Weise ich damit nach, dass mein Konzept zur Verbesserung der Qualität für alle Berufsgruppen funktioniert? Ich denke ja.


Es ist sehr verbreitet, weswegen man in der empirischen Literatur ständig auf nicht replizierbare Befunde trifft.
Das Problem besteht darin, dass oft so lange herumprobiert wird, bis etwas statistisch signifikant wird. Das führt zu
Modellen, die an die vorhandenen Stichprobendaten überangepasst sind und deren Generalisierbarkeit fragwürdig
ist. Oder war das a priori so geplant?


Tatsächlich war dies von Anfang an geplant. Ich habe mir drei Beispielprozesse in der Arbeit herausgepickt, um einen großen Gesamtprozess zu beleuchten. Die einzelnen bivariaten Hypothesen prüfe ich dann aber an den Unterprozessen. Dabei erhalte ich bis auf dem multiplen Gesamtmodell signifikante Ergebnisse. Nach Zusammenführung der einzelnen Unterprozessen zu einem Gesamtprozess erhalte ich signifikante Verbesserungen durch das Konzept a, b.

Nebenbei, wieso Durchschnittswert-Bildung, wäre nicht von vornherein ein Modell mit den drei einzelnen Prozessen als
drei Prädiktoren in Frage gekommen?


Im Prinzip schon, ja. Allerdings sind diese drei Prädiktoren nicht reflektiv für den Gesamtprozess. Sie dienen tatsächlich nur als Beispiel und beleuchten nur Teilprozesse eines großen Ganzen.

Was mulitples Testen angeht, würde ich mich an die Gepflogenheiten des Fachbereichs/des Betreuers halten. Wenn
man sehr viele statistische Signifikanztests rechnet und auf Sicherheit Wert legt, könnte man auch ein 1% statt 5%-Niveau
vorgeben. Bonferroni ist bei sehr vielen Tests normalerweise zu streng (erhöhter beta-Fehler); zumindest sollte
man die Bonferroni-Holm Prozedur wählen statt einfach Bonferroni.


Herzlichen Dank!
Alexandra
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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon alexs96 » Mo 29. Nov 2021, 14:43

Hallo Berhnard,
vielen Dank auch an dich.

Gerne möchte ich näher auf meine Forschungsfragen eingehen.

Ich untersuche den Einfluss von kognitiven Fehlern auf die Qualität von Marketing-Prozessen. Zudem untersuche ich Maßnahmen wie diese vermindert werden können und wie die Unternehmenskultur darauf Einfluss nimmt. Hierzu befrage ich Angestellte des Marketings und eben Schnittstellenberufe. Die Einzelkonzepte
a) kognitive Fehler --> Qualität Prozess a,b c
b) Unternehmenskultur --> kognitive Fehler
c) Maßnahmen zur Verhinderung der psychologischen Fehler --> Kognitive Fehler

prüfe ich bivariat. Insgesamt möchte ich ja aber die Marketingqualität insgesamt betrachten. Daher empfinde ich es als sinnvoll die Variablen, die ja nur als Beispiel dienen, zusammenzuführen.

So erhalte ich auch signifikante Ergebnisse für die Gesamtstichprobe. Meine Frage ist jetzt, ob ich diese multiple Regression einzeln rechnen kann, um die Unterschiede verschiedener Berufsgruppen zu vergleichen. Dabei erhalte ich nur bei manchen Berufsgruppen ebenfalls signifikante Ergebnisse. Dies hängt aber auch damit zusammen, dass ich bei manchen Berufsgruppen nur 7-10 Befragte habe.
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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon PonderStibbons » Mo 29. Nov 2021, 21:01

Wenn es dasselbe Modell ist und verglichen wird anhand der multiplen Korrelation R, dann müsste es
eine Aufgabe hierfür sein.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon strukturmarionette » Di 30. Nov 2021, 08:25

Hi,

- bevor nicht mitgeteilt wird, wie und bei wem und mit was gemessen wurde, können alle statistischen Ideen dazu nur Spekulation bleiben

Gruß
S.
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Re: Multiple Regressionsanalyse isolieren / Alpha-F.-Kumulie

Beitragvon alexs96 » Di 30. Nov 2021, 12:57

strukturmarionette hat geschrieben:Hi,

- bevor nicht mitgeteilt wird, wie und bei wem und mit was gemessen wurde, können alle statistischen Ideen dazu nur Spekulation bleiben

Gruß
S.


Welche Angaben benötigst du genau?

Ich nutze eigens entwickelte, intervallskalierte reflektive Konstrukte, um die Performance von drei Marketing-Prozessen zu messen. Zudem messe ich reflektiv die Unternehmenskultur/ Abteilungskultur. Ich messe reflektiv die Intensität des Vorherrschens kognitiver Fehler und mittels einem formativen Konstrukt das Engagement ebendiese Fehler mit diversen Maßnahmen zu verhindern.

Zielgruppe: Angestellte des Marketings
Alle latenten Konstrukte werden mit sieben stufigen Likert-Skalen gemessen.
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