Regressionsanalyse mit Interaktion 2. Ordnung

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Regressionsanalyse mit Interaktion 2. Ordnung

Beitragvon JulinhaTs » Fr 24. Dez 2021, 15:24

Hallo,

für meine Masterarbeit soll ich ggf. eine Dreifachinteraktion / Interaktion 2. Ordnung (X1*X2*X3) im Rahmen einer Regressionsanalyse rechnen. Leider kann ich dazu bisher wenig bis keine passende Literatur finden und würde mich darüber freuen, wenn jemand etwas empfehlen kann! Das bezieht sich sowohl auf Lehrbücher als auch auf Studien, die solche Interaktionen untersucht haben. Zweiteres würde mir zur Orientierung sehr helfen!

Ich stelle mir unter anderem Fragen wie:
- Welche Voraussetzungen müssen zur Berechnung gegeben sein?
- Müssen die Variablen in diesem Fall zentriert sein, oder muss es noch eine andere Vorbereitung geben?
- Wäre es theoretisch möglich, dass nur 2 Zweifach-Interaktionen signifikant werden und die Dreifachinteraktion auch?
- Wäre es theoretisch möglich, dass die Zweifach-Interaktionen alle signifikant werden, die Dreifachinteraktion aber nicht?
- Schließt man, wenn man von X1*X2, von X2*X3 sowie X1*X3 ausgeht automatisch daraus X1*X2*X3 oder bedarf es dazu mehr Begründungen?
- Wenn ich nur von X1*X2 und von X2*X3 ausgehen würde, müsste sich daraus automatisch schon eine Dreifachinteraktion ergeben, würde das also als Begründung reichen? oder muss X1*X3 zusätzlich begründet, überprüft und signifikant sein?
- Wie kann ich die Bedeutung der Dreifachinteraktion inhaltlich formulieren?
- Kann ich Dreifachinteraktionen theoretisch in einem Pfadmodell darstellen? Wenn ja, wie?
- Wie könnte ich die Ergebnisse sinnvoll visualisieren, wenn ich 3 Intervallskalierte Variablen habe?

Ich erwarte keine Antworten auf alle meine Fragen, da ich sie gerade ohne Vorwissen dazu stelle. Aber ich würde mich über Literaturtipps aber wirklich freuen! :)
Ganz lieben Dank und Frohe Weihnachten an Euch!
JulinhaTs
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Re: Regressionsanalyse mit Interaktion 2. Ordnung

Beitragvon Holgonaut » So 26. Dez 2021, 16:42

Hallo JulinhaTs,

In der Reihenfolge:
1) Voraussetzungen ändern sich nicht im Vergleich zur normalen Regression, die aber eher die Residuen und damit SE/CI betreffen

2) Zentrieren macht man für die graphische Abb. Man könnte also erst mal ohne testen und wenn sign. dann zentrieren. Bedenke aber, dass die Bedeutung der first-order-Effekte eine andere ist, weil diese die Effekte der jeweiligen X-Variable beim 0-Wert der anderen im Produkt enthaltenen Variablen kennzeichnen. Und die Zentrierung ändert ja den 0-Punkt in den Mittelwert

3+4) Die Interaktion testest du über Y = b0 + b1X1 + b2X2 + b3X3 + b4X1X2 + b5X2X3 + b6X1X3 + b7X1X2X3
Jeder der Koeffizienten kann sign. sein oder nur ein paar oder keine

5) Du "schließt" nicht, du testests die Koeffizienten

6) Den Punkt versteh ich nicht. Meinst du die Hypothesenentwicklung. Normalerweise hat man ja einen fokalen Moderatoreffekt/Interaktion (z.B. X1*X2) und entwickelt den dann auf third-level sensu "dieser Moderatoreffekt hängt von X3 ab". Das würde ein non-zero-Koeffizienten (man beachte, dass ich den Begriff "signifikant" weglasse, weil diese Erwägungen immer auf Populations-/Theorieebene stattfinden) von b4 und b7 implzieren (wenn ich mich nicht täusche) und keine explizite Annahme über die anderen (auch nicht b1-b3)

7) Siehe #6

8) Wichtig, conceptual diagrams von Pfaddiagrammen zu unterscheiden. In einem conceptual diagram hättest du den Effekt des Moderators X2 auf den X1-Y Effekt (wenn der Fokus eine Moderation eines bestimmten Effekts ist) auf den dann der Pfeil von X3 geht oder --wenn es um die Interaktion von 3 gleichwertigen Variablen geht um "verschmelzende" Pfade, deren Verschmelzung mit einem dicken schwarzen Punkt/bubble gekennzeichnet wird. Ein Pfaddiagram enthält dagegen Effekte von Variablen und würde das o.g. Gleichungssystem enthalten.

9) Das wird in der Regel über 2 slope-Diagramme gemacht oder in eines gemischt (siehe unten Rijk et al.)

Ich hab unten mal 3 Artikel angehängt, die ich auf die Schnelle finden konnte, die 3-fach Interaktionen getestet haben. Zwei Anmerkungen zum Schluss
1) Interaktionsanalysen haben generell ne sehr niedrige Power durch die Kolinearität, die durch die Produkttermbildung entsteht. Bei 3-fach Interaktionen ist das noch massiver. D.h. du brauchst ein ordentliches N. Ich bin immer skeptisch, wenn Artikel mit einer signifikanten (jetzt sind wir ja auf der Test-ebene) Interkation und einem N von 100 kommen. Das sieht dann entweder nach nem nicht-replizierbaren lucky shot aus oder p-hacking

2) Die Hypothese bei jeder Interaktion sollte sich nicht nur darauf beziehen, dass es (irgend)eine Interaktion gibt (=nonzero Product term), sondern auf die Form (z.B. "A und B interagieren in der Art, dass der positive Effekt von A durch B reduziert wird). Bei einer 3fach Interaktion sollte das auch so sein, was natürlich leider den "Erfolg" noch weiter reduziert. Ich kann mir aber vorstellen, dass man hier unsicher ist und die Form quasi als exploratorischen Teil der Hypothese formuliert. D.h. man erwartet eine Interaktion, spezifiziert aber nicht, wie genau sie aussehen soll *wenn man das nicht kann*. Es werden viel zu Hypothesen getestet die theoretisch auf dünnem Eis stehen. Dann lieber explorieren.

Grüße
Holger



Skarlicki, D. P., & Turner, R. A. (2014). Unfairness begets unfairness: Victim derogation bias in employee ratings. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 124(1), 34-46. doi:10.1016/j.obhdp.2013.11.004

Rotundo, M., & Sackett, P. R. (2002). The relative importance of task, citizenship, and counterproductive performance to global ratings of job performance: A policy-capturing approach. Journal of Applied Psychology, 87(1), 66-80.

Rijk, A. E., Blanc, P. M. L., Schaufeli, W. B., Jonge, J., De Rijk, A. E., Le Blanc, P. M., & Schaufeli, W. B. (1998). Active coping and need for control as moderators of the job demand-control model: Effects on burnout. Journal of Occupational and Organizational Psychology, 71, 1-18. doi:10.1111/j.2044-8325.1998.tb00658.x
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