Abhängiger t-test bei Zwillingen

Abhängiger t-test bei Zwillingen

Beitragvon phea » Di 27. Feb 2018, 17:38

Hallo!

ich übe gerade die Zuordnung möglicher Tests zu verschiedenen Fragestellungen. Dabei habe ich mir aus dem Internet Beispiele für Fragestellungen rausgesucht. Als Beispiel für einen abhängigen t-Test habe ich z.B. folgende Fragestellung gefunden: "Reagieren Zwillinge unterschiedlich auf einen Werbespot?" Dieses Beispiel, das auf einer Uni-Seite aufgeführt ist, verwirrt mich ungemein. Ich sehe hier keine Möglichkeit, Zwillinge in sinnvolle Gruppen zu unterteilen, nachdem sie den selben (?) Werbespot gesehen haben. Wenn man Zwillinge zufällig in zwei Gruppen aufteilt, könnte man sie verschiedene Werbespots sehen lassen, um sie dann quasi als "selbe Person" zu werten und zu analysieren, wie die verschiedenen Spots auf die vermeintlich selbe bzw. gematchte Person wirken. Die Gruppeneinteilung wäre dann Spot A / Spot B. Aber wenn man beiden Personen den selben Werbespot zeigt, muss man sie doch sinnvoll in Gruppen aufteilen, um eine unterschiedliche Reaktion bewerten zu können? Geht man jetzt noch von eineiigen Zwillingen aus, mit denen ja wohl gerne abhängige Tests durchgeführt werden, fällt ja jegliches Unterscheidungskriterium weg, mit dem man sinnvoll gruppieren könnte (zB männlich/weiblich, größer/kleiner etc.) Bitte helft mir auf die Sprünge, wenn ich dabei etwas übersehe?

Zum anderen stelle ich in Frage, ob auch bei modifizierter Fragestellung die Voraussetzungen für einen t-test tatsächlich gegeben sind. Ist es möglich, die Reaktion auf einen Werbespot metrisch zu erfassen? Wenn die Reaktion z.B. in einer Art "Stimmungsskala" gemessen würde, läge doch ein ordinalskalierter Wert vor und man müsste auf einen Wilcoxon statt dem t-test zurückgreifen, oder nicht? Und wie sehr kann man überhaupt davon ausgehen, dass die Reaktion auf einen Werbespot in der Population tatsächlich normalverteilt sein kann?

Meine Verwirrung ist groß, da wie gesagt obiges Beispiel "offizielles Lehrmaterial" ist, und ich daher an der Gültigkeit eigentlich nicht zweifeln möchte. Ich würde mich sehr freuen, wenn mich jemand aufklären könnte, ob und in wie weit dieses Beispiel zutreffend für den t-test ist.

Ich danke im Voraus vielmals fürs Lesen (und hoffentlich Licht ins Dunkle bringen)!

phea (deren erste Statistik Prüfung unmittelbar bevorsteht)
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Re: Abhängiger t-test bei Zwillingen

Beitragvon PonderStibbons » Di 27. Feb 2018, 18:42

Als Beispiel für einen abhängigen t-Test habe ich z.B. folgende Fragestellung gefunden: "Reagieren Zwillinge unterschiedlich auf einen Werbespot?"

Ach ja, die Uni Zürich mal wieder? Wie Du schon bemerktest, kann man damit ohne weiteres keinen abhängigen t-Test rechnen.

Zum anderen stelle ich in Frage, ob auch bei modifizierter Fragestellung die Voraussetzungen für einen t-test tatsächlich gegeben sind. Ist es möglich, die Reaktion auf einen Werbespot metrisch zu erfassen? Wenn die Reaktion z.B. in einer Art "Stimmungsskala" gemessen würde, läge doch ein ordinalskalierter Wert vor und man müsste auf einen Wilcoxon statt dem t-test zurückgreifen, oder nicht?

Das kommt ja nun wirklich auf die Skala an. Einige sind eindeutg ordinal, andere gehen als quasi intervallskaliert durch.
Allerdings erfordert auch der Wilcoxon Intervallskalenniveau, was oft geflissentlich ignoriert oder schlicht unbekannt ist,
obwohl man es an der Berechnungsformel erkennen kann. Das Verfahren für ordinale Daten ist der Vorzeichentest.
Und wie sehr kann man überhaupt davon ausgehen, dass die Reaktion auf einen Werbespot in der Population tatsächlich normalverteilt sein kann?

Normalverteilung der unkonditionalen abhängigen Variable ist irrelevant. Für z.B. t-Tests oder Varianzanalysen ist die
Verteilung innerhalb der Gruppen interessant bzw. die Verteilung der Vorhersagefehler (Residuen) - und zwar in der
Grundgesamtheit, nicht in der Stichprobe. Und auch diese Betrachtung ist nur bei kleinen Stichproben (ca. n < 30)
von Belang.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Abhängiger t-test bei Zwillingen

Beitragvon phea » Di 27. Feb 2018, 21:29

Hallo!

Herzlichen Dank für die schnelle und kompetente Antwort. Ich werde wohl bei der Suche nach Beispielen besagte Seite zukünftig ausschließen.

Ja, der Wilcoxon.. es ärgert mich, dass ich den so unbedacht in den Ring geworfen habe. Tatsächlich habe ich mich doch erst vor wenigen Tagen intensiv mit der Frage befasst, warum so viele Quellen davon sprechen, die Voraussetzung für den Wilcoxon sei Ordinalskalierung der Daten, wo diese doch gar keine interpretierbaren Differenzen hergibt. Danke für den Reminder.

Auch bin ich im Bezug auf die Normalverteilung (mal wieder) durcheinander gekommen. Der Übergang von "wie ist ein Merkmal verteilt" zu "wie sind die Mittelwerte der Stichproben verteilt" fiel mir schwer, und fällt mir offenbar immer noch. Klar, nicht die Verteilung der Ausprägung der Reaktion ist interessant, sondern die Verteilung der Mittelwerte der Stichproben - und die ist quasi ab einer bestimmten Größe immer normalverteilt. Bin ich jetzt wieder auf dem richtigen Damm?

Vielen Dank,
phea
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