Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon hatschensen » Fr 5. Jun 2020, 11:32

Hallo zusammen,

nachdem ich hier schon lange mitlese, habe ich nun auch ein Problem, bei welchem ich eure Hilfe benötige.

Folgendes Szenario:

Ich habe ein automatisches System entwickelt, welches Ein- und Aussteiger an der jeweiligen Haltestelle von Zügen zählt. Dieses installiere ich in an unterschiedlichen Tagen in mehreren Zügen. Nun möchte ich jedoch testen, ob ein systematischer Fehler bei der Zählung vorliegt, also ob das System über/unterzählt. Dementsprechend sitze ich an all diesen Tagen ebenfalls im Zug und zähle die Ein- und Aussteiger manuell um den "wahren" Wert zu erfassen. Um nun einen systematischen Fehler auszuschließen möchte ich einen beidseitigen T-Test durchführen. Hierbei hakt es allerdings bei mir, einerseits sind es zwei unterschiedliche Zählweisen, andererseits zählen diese Zählweisen das gleiche "Objekt". Nehme ich hier nun einen unabhängigen oder abhängigen T-Test? Meine erste Vermutung wäre ein unabhängiger, ganz wohl fühle ich mich jedoch nicht bei der Entscheidung.

Wie seht ihr das?

Danke für eure Hilfe!
hatschensen
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 5. Jun 2020, 12:38

Wieso t-Test? Durchschnittliche Fehlerwerte geben nichts über die Schwankungen
preis. Wenn die tatsächliche Fahrgastzahl bei 6 Versuchen 10 10 10 10 10 10
beträgt und gezählt wird 0 20 0 20 0 20, dann ist der durchschnittliche Unterschied
exakt Null und der t-Test wird inferenzstatitisch nicht signifikant. Falls der Fehler
also nicht systematisch in eine Richtung geht, bringt Dir das nichts. Sollte er jedoch
in eine Richtung gehen, dann sagt Dir ein statistischer Signifikanztest leider nicht im
Mindesten etwas über die Signifikanz des Ergebnisses (im Sinne von: liegt eine
praktische Bedeutsame Fehlermessung vor) und befasst sich wie gesagt auch nur
mit dem durchschnittlichen Fehler, nicht damit, ob die Messung mal 1 mal 0
mal 10 Fälle drüberliegt.

Ich würde zunächst mal eine ordentliche deskriptive Datenanalyse mit grafischen
und numerischen Darstellungen der Abweichungen durchführen, insbesondere
unter Verwendung von Boxplots. Gegebebenfalls kann man Konfidenzintervalle für
die durchschnttliche Abweichung und die durchschnittliche absolute Abweichung
ermitteln, um ein Gefühl für die Größe statistischer Zufallseinflüsse zu bekommen.
X-Y-Scatterplots der Abweichung bzw. der absoluten Abweichung in Abhängigkeit
vom tatsächlichen Wert könnten ebenfalls nützlich sein.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon hatschensen » Fr 5. Jun 2020, 12:59

PonderStibbons hat geschrieben:
Gegebebenfalls kann man Konfidenzintervalle für
die durchschnttliche Abweichung und die durchschnittliche absolute Abweichung
ermitteln, um ein Gefühl für die Größe statistischer Zufallseinflüsse zu bekommen.
X-Y-Scatterplots der Abweichung bzw. der absoluten Abweichung in Abhängigkeit
vom tatsächlichen Wert könnten ebenfalls nützlich sein.

PonderStibbons


Danke für deine Antwort! Du hast natürlich mit allem Recht, am Ende soll dann auch das Konfidenzintervall und die durchschnittliche Abweichung herangezogen werden, allerdings soll (muss) auch der T-Wert mit angegeben werden. Ich ermittle all diese Werte mit Hilfe von SPSS, nun stellt sich jedoch die Frage, ob dies basierend auf den abhängigen oder unabhängigen T-Test gemacht werden muss.
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon bele » Fr 5. Jun 2020, 14:23

Hallo!

hatschensen hat geschrieben:Folgendes Szenario:


Die Antwort kommt leider sehr auf das Szenario an. Wurde Dir dieses Szenario während eines Statistikseminars als Hausaufgabe aufgegeben, dann lautet die Antwort "verbundene Stichproben". Hast Du ernsthaft ein Gerät entwickelt und willst das jetzt evaluieren, dann lautet die Antwort: Sprich mit dem der da einen t-Wert haben will, weil eine vernünftige Evaluation anders laufen sollte.
Uncool ist es, die Leute hier über eine ernsthafte Auswertung nachdenken zu lassen wenn es eigentlich eine Hausaufgabe ist, bei der es um den t-Test geht.

LG,
Bernhard
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 5. Jun 2020, 14:37

Ach so, "Szenario" hatte ich nicht ausreichend wahrgenommen.
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon hatschensen » Fr 5. Jun 2020, 14:44

bele hat geschrieben:Hallo!

hatschensen hat geschrieben:Folgendes Szenario:


Die Antwort kommt leider sehr auf das Szenario an. Wurde Dir dieses Szenario während eines Statistikseminars als Hausaufgabe aufgegeben, dann lautet die Antwort "verbundene Stichproben". Hast Du ernsthaft ein Gerät entwickelt und willst das jetzt evaluieren, dann lautet die Antwort: Sprich mit dem der da einen t-Wert haben will, weil eine vernünftige Evaluation anders laufen sollte.
Uncool ist es, die Leute hier über eine ernsthafte Auswertung nachdenken zu lassen wenn es eigentlich eine Hausaufgabe ist, bei der es um den t-Test geht.

LG,
Bernhard


Hallo Bernhard,

keine Sorge, es handelt sich nicht um eine Hausaufgabe aus einem Seminar, es handelt sich um eine tatsächliche Evaluation. Der T-Test ist nur einer von mehreren Tests, die durchgeführt werden müssen, im Lastenheft wird allerdings nur "Die Durchführung eines T-Test zur Überprüfung systematischer Fehler" gefordert, allerdings wird nicht spezifiziert welcher. Der nächste Schritt wird dann auf jeden Fall sein nachzufragen, allerdings würde ich hierbei gerne einen (möglichst fundierten) Antwortvorschlag parat haben.

Vielen Dank auf jeden Fall für eure Hilfe!

Viele Grüße
Hannes
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 5. Jun 2020, 14:52

Jedenfalls ist es ein abhängiger t-Test. Derselbe Sachverhalt wird jeweils zweimal gemessen,
einmal per Augenschein und einmal per technischer Vorrichtung.
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon bele » Fr 5. Jun 2020, 14:56

hatschensen hat geschrieben:...allerdings würde ich hierbei gerne einen (möglichst fundierten) Antwortvorschlag parat haben.


Dann musst Du Dich fragen, was ein Zugbetreiber sich von der Einrichtung erhofft, bzw. was er eigentlich will. Vielleicht ist es aus brandschutz-fluchtweggründen total wichtig, dass nie mehr Menschen im Zug sitzen als gezählt wurden, umgekehrt aber egal? Vielleicht sind aber zuviel gezählte genauso schlimm wie zuwenig gezählte? Dann könnte man den Betrag der Differenz zwischen gezählten und wahren Zahlen betrachten, oder dessen Quadrat, je nachdem, ob viele kleine verzähler gleich schlimm oder weniger schlimm sind als wenige ganz große Fehler.

Nehmen wir mal an, wir betrachten Betrag der Differenz. Dann würde ich mich fragen, ob der Fehler pro Haltestelle immer etwa gleich groß ist, oder ob er zunimmt, wenn viele Leute die Tür passieren. Da könnte ich mir ein lineares Modell vorstellen in der Art


Dann würde das Fehlergrundrauschen pro Haltestelle ausdrücken, etwas über die Zunahme der Fehler mit zunehmender Menschenzahl.

Das ist aber nur eine wilde Idee, weil ich keine Ahnung von Zügen oder den Fragestellungen von Zugbetreibern habe.

LG,
Bernhard
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Re: Unabhängiger oder abhängiger T-Test?

Beitragvon hatschensen » Fr 5. Jun 2020, 17:51

bele hat geschrieben:
hatschensen hat geschrieben:...allerdings würde ich hierbei gerne einen (möglichst fundierten) Antwortvorschlag parat haben.


Dann musst Du Dich fragen, was ein Zugbetreiber sich von der Einrichtung erhofft, bzw. was er eigentlich will.



Es geht wirklich nur darum das automatische System zu testen, also ob die Sensoren die richtige Anzahl an Personen erfasst, ob es jetzt überzählt oder unterzählt ist im Grunde gleich "schlimm".

Vielen Dank euch beiden nochmals für eure Antworten, ihr habt mir sehr geholfen.

Viele Grüße
Hannes
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