Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

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Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon bobablau » Fr 22. Jul 2011, 13:02

Hallo an alle.
Eine dringliche Frage quält mich:

Ich habe in meiner Doktorarbeit eine einfaktorielle Varianzanalyse gerechnet. Folgendes war der Sachverhalt:
6 Einzelfälle. Jeder Teilnehmer hat während 3 unterschiedlich langer Messphasen (ca. 14 Tage / 8-17 Tage / ca. 14 Tage täglich Werte gemessen (z.B. die Ruhe-Herzfrequenz).
Ich habe dann die Varianzanalyse für die Werte der Ruhe-HF jedes einzelnen Teilnehmers gerechnet (Daten der Messphase 1 / Daten der Messphase 2 / Daten der Messphase 3) und überprüft, ob die Werte ein signifikant unterschiedliches Niveau haben.

Es gibt unterchiedliche Meinungen über die Problematik abhängiger Stichproben, eine Statistikerin damals bestätigte mir, dass ein solches Verfahren zulässig sei, mit Verweis auf Bortz (1989). Vereinzelt gibt es schwammige Äußerungen darüber, dass die Abhängigkeit der Daten einer Person nicht zwangsläufig größer sei als die zwischen Personengruppen (Platen). Dennoch bin ich nun sehr verunsichert, da in Kürze meine Verteidigung stattfindet und ich zu diesem Punkt nichts stichfestes zu bieten habe.

Weiß von Euch jemand mehr, hat jemand einen Rat?

Falls ja, bedanke ich mich ganz herzlich!

thomas
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 22. Jul 2011, 14:04

Was genau ist Deine Frage? 3 abhängige Messungen lassen sich prinzipiell sehr wohl mit einer Messwiederholungs-Varianzanalyse testen. Zehntausendfach geübte Praxis. Die Fallzahl ist etwas klein, weswegen der Friedman Test für manche die bevorzugte Alternative zur parametrischen Messwiederholungs-ANOVA wäre, aber das ist diskutabel. Wo liegt Dein Problem?

Gruß

P.
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon bobablau » Fr 22. Jul 2011, 14:46

Erst einmal vielen Dank für die Antwort.

Ich weiß nicht ob ich korrekt verstanden wurde.

Ich habe die Herzfrequenz eines Teilnehmers während unterschiedlicher Trainingsphasen ermittelt, z.B. über ca. 14 Tage, dann noch einmal über ca. 17 Tage und dann noch einmal über ca. 12 Tage. Und dann eine einfaktorielle Varianzanalyse (ohne Messwiederholung) gerechnet. Ich war der Ansicht, dass eine Messwiederholung bedeutet, dass eine Gruppe von Personen, die gleich groß sein muss, während mehrerer Messzeitpunkte untersucht wird. (also z.B. 6 Peronen Messunge a, dieselben Personen Messung b und dieselben Personen Messung c)
Hier aber handelt es sich um einen Einzelfall, um eine unterschiedliche Anzahl von Messtagen und darum, dass die Daten von ein und derselben Person sind und daher eine Abhängigkeit vorliegt. Ich habe ja letztlich so getan, als würde ich die Werte von einer Gruppe mit 14 Leuten (14 Tage Messphase 1) mit einer Gruppe von 17 Leuten (17 Messtage Messphase 2) und mit einer Gruppe von 12 Leuten (12 Tage Messphase 3) vergleichen.
Der Kritikpunkt lautet: Eine Varianzanalyse geht nicht bei einer solchen Abhängigkeit. Ich würde wissen gerne wissen ob das stimmt und falls nein, ob Ihr eine Idee für eine gute Argumentationsgrundlage habt.

Vielen herzlichen Dank.
bobablau
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 22. Jul 2011, 16:12

Der Kritikpunkt lautet: Eine Varianzanalyse geht nicht bei einer solchen Abhängigkeit.

Der F-Test ist nicht sinnvoll durchführbar, da er von unabhängigen Beobachtungen ausgeht. Du kannst nicht aus n=1 durch Zauberhand n=43 machen. Auch wenn es schön wäre, man müsste keine aufwendigen Zulassungsstudien mit 240 Probanden mehr durchführen, sondenr misst stattdessen 1 Probanden 240mal.

Gruß

P.
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon bobablau » Fr 22. Jul 2011, 16:36

Es tut mir leid, Du hast mich nicht verstanden.

Es ging mir nicht darum, aus einem Teilnehmer 240 zu machen. Das Ziel war eine Einzelfallanalyse, ein INTRAINDIVIDUELLER Vergleich der Ruheherzfrequenz während drei unterschiedlich langer Messphasen, während denen unterschiedliche Belastungsumfänge vorlagen.

An ca. 12 Messtagen misst Du Deine Herzfrequenz und trainierst normal.
An ca. 15 Messtagen misst Du Deine Herzfrequenz und trainierst sauviel.
An ca. 18 Messtagen misst Du Deine Herzfrequenz und trainierst gar nicht.

Wie vergleichst Du jetzt Deine 3 Mittelwerte? Klar besteht eine Abhängigkeit, aber es geht ja auch um den intraindividuellen Vergleich.
Und wenn eine Abhängigkeit besteht, dann ist doch ein Unterschied zwischen den Messphasen umso auffälliger.
Nochmal die Frage, ob eine Varianzanalyse in einem solchen Fall nicht doch geht.

Und zu guter letzt. Wenn man stattdessen (wie ich es nicht gemacht habe) die Mittelwerte für jede Messphase nimmt und dass dann bei allen sechs Einzelfällen. Kann man dann eine Varianzanalyse mit Messwiederholung rechnen, mit jeweils n=6 Mittelwerten pro Messphase über insgesamt 3 Messzeitpunkte, und zwar auch dann, wenn die Messtage bei jedem TN unterschiedlich sind?

Großen Respekt vor dem, der sowas weiß.

Grüße von einem - ihr habts sicher erraten - in der Hinsicht recht blinden Sportwissenschaftler.

Thomas
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 22. Jul 2011, 17:05

Ich habe Dich sehr wohl verstanden. Du machst Anstalten, 45 Beobachtungen 1 und derselben Person wie 45 unabhängige Beobachtungen zu behandeln. Der F-Test für einfaktorielle ANOVAs setzt jedoch voraus, dass die Beobachtungen unabhängige (zufällige) Ziehungen aus einer Grundgesamtheit sind. Das ist nicht der Fall hier. Es ergibt auch nicht viel Sinn. Auf welche Grundgesamtheiten könnte man denn bei n=1 generalisieren? "Messungen innerhalb von Herrn Schmidt" wäre die Population, auf die generalisiert werden kann, das betrifft aber dann niemand anderen als Herrn Schmidt. Und eine Wissenschaft, die sich ausschliesslich mit den Vorgängen innerhalb des Herrn Schmidt befasst (bzw. 6 Wissenschaften, die sich mit den 6 Probanden befassen), wäre thematisch doch etwas sehr eingeschränkt.

Der normale inferenzstatistische Weg ist der Vergleich unter Einschluss aller 6 Personen, die eine Stichprobe aus einer größeren Grundgesamtheit von Personen abgeben. Unterschiedliche Zahl an Messtagen ist dabei nicht grundsätzlich ein Problem.

Gruß

P.
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon bobablau » Fr 22. Jul 2011, 20:38

Vielen Dank für Deine Antwort, ich muss dennoch nachhaken.

Ich verstehe Dich hier so, dass der zweite beschriebene Fall, die Varianzanalyse mit Messwiederholung für n=6 und 3 Messzeitpunkten korrekt gewesen wäre, und zwar auch dann wenn die Mittelwerte sich aus einer unterschiedlichen Anzahl an Messtagen zusammensetzen. So weit richtig?

Aber wenn Wissenschaft sinnlos ist wenn man sich nur auf eine Person bezieht, dürfte es doch gar keine Einzelfälle geben.
Ich habe hier jetzt nun mal eine Varianzanalyse gerechnet, nur für eine Person, 6 Mal. DIe Frage ist nun: Was sagt sie aus - immerhin gibt es auch Aussagen darüber, dass eine Abhängigkeit der Daten zu vernachlässigen ist und die Abhängigkeit der Daten einer Person nicht zwangsläufig größer ist als die einer Gruppe.
Wenn ich diese Variante nun gerechnet habe kann man ja nun in einer Verteidigung sagen: Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe Quatsch gemacht. Oder man versucht zu beschreiben, was man getan hat, dass es nur vereinzelte Meinungen gibt, dass so etwas geht und beschreibt, was die Rechnung letztendlich aussagt.
Stimmst Du mir nicht zu, dass diese Rechnung zwar nicht den formalen Kriterien entspricht, aber dennoch eine Aussage zulässt? Dass nämlich die ermittelten signifikanten Unterschiede nämlich umso bedeutender sind, eben weil eine Abhängigkeit vorliegt?
Warum - letzte Frage - sollte so etwas nicht möglich sein?

Die generalisierte Population wäre: Messungen (der Herzfrequenz) bei Herrn Schmidt. Du sagst es. Genau das war ja das Ziel.

Danke nochmal.
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon sberk » Fr 22. Jul 2011, 22:26

Ob Wissenschaft bei nur einer Person sinnlos ist, ist eine andere Frage. Wenn man wirklich nur ein Objekt untersuchen will/kann, gibt es dafür nochmal passende Versuchspläne. Inferenzstatistische Aussagen machen aber bei einer Person keinen Sinn. Das Ziel von Inferenzstatistischen Aussagen, ist ja über den konkreten hinaus zu generalisieren. Wenn du aber nichtmal auf Personen generalisieren kannst, die dasselbe Training hatten, was macht es dann für einen Sinn?
Bei einer Varianzanalyse mit 6 Personen, bei denen die Mittelwerte aus unterschiedlich vielen Werten bestehen und drei Messzeitpunkten beginnt so langsam eine Varianzanalyse die Vorraussetzungen zu erfüllen. Wie PonderStibbons sagte, ist das einfach diskutabel
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon PonderStibbons » Fr 22. Jul 2011, 22:56

Ich habe hier jetzt nun mal eine Varianzanalyse gerechnet, nur für eine Person, 6 Mal. DIe Frage ist nun: Was sagt sie aus - immerhin gibt es auch Aussagen darüber, dass eine Abhängigkeit der Daten zu
vernachlässigen ist und die Abhängigkeit der Daten einer Person nicht zwangsläufig größer ist als die einer Gruppe.

Letztmals: die inferenzstatistische Aussage in der einfaktoriellen Varianzanalyse basiert auf der Voraussetzung unabhängiger Beobachtungen. Ist die nicht gegeben, dann sind die für die p-Wert-Berechnung benutzten Formeln und Tabellen ungültig. Das ist keine Frage der Meinung, sondern der Mathematik. Den Satz nach dem "immerhin" betrifft nicht das Problem, dass Du eine unzulässige statistische Analyse rechnest. Ob empirische Korrelationen innerhalb einer Person auch mal kleiner sind als zwischen Personen, hat mit dem hier verhandelten Problem unabhängiger Realisationen von Zufallsvariablen nichts zu tun.
Die generalisierte Population wäre: Messungen (der Herzfrequenz) bei Herrn Schmidt. Du sagst es. Genau das war ja das Ziel.

Nein, sicherlich nicht. Aber dennoch, noch gutes Gelingen.

Gruß

P.
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Re: Anova bei Einzelfällen mit abhängigen Stichproben?

Beitragvon bobablau » Sa 23. Jul 2011, 00:45

Na ja, das Ziel war schon, eine Aussage lediglich darüber zu treffen ob sich die Herzfrequenzwerte, die unter identischen Bedingungen gemessen wurden - während der Messphasen lagen aber unterschiedliche Belastungsumfänge vor - einer Person während unterschiedlicher Phasen signifikant voneinander unterscheiden.
Da man keinen t-Test rechnen kann und bei einer Person wohl auch keine ANOVA mit Messwiederholung - stellt sich die Frage, was dieses Verfahren, (das dafür nicht gedacht ist, weil es dafür konzipiert ist, Werte unabhängiger Stichproben miteinander zu vergleichen) wenn man es so anwendet wie ich es getan habe, aussagt.
P. wird jetzt sagen: Nichts.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Aussage sein könnte, dass sich die Herzfrequenzwerte während der Messphase signifikant unterscheidet.
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