ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

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ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

Beitragvon sanguinepat » Di 24. Jan 2012, 20:35

Hi Leute,

ich hatte kürzlich schon einmal eine Frage an Euch gestellt. Es ging um Meinungsführerschaft und wie sie sich auf die Ausprägung verschiedener AV auswirkt. Hier (nur der Vollständigkeit halber) der Beitrag:

allgemeine-fragen-f5/unterschiedsmessung-wenn-ordinal-nominal-t923.html

damals wollte ich Meinungsführerschaft als ordinalskalierte UV betrachten (Meinungsführer, Meinungsfolger und Inaktive), was hier eher kritische Reaktionen hervorgerufen hat. Da es sich aus der Theorie nicht eindeutig ermitteln ließ, welche Gruppe in der Regel prozentual wie stark vertreten ist, habe ich diesen Ansatz verworfen.

Ich werde nun so vorgehen, dass Meinungsführerschaft auf einer Skala erhoben wird, auf der Probanden zwischen 6 und 30 Punkten erzielen können. Diese Skala wird in vier gleiche Teile geteilt, so dass sich vier Gruppen ergeben, die sehr niedrige bis sehr hohe Punktwerte aufweisen. Die vier Gruppen werden verbalisiert mit sehr schwacher, schwacher, starker und sehr starker Meinungsführerschaft. Mein Prof. und ich waren nun der Ansicht, dass es sich hierbei um eine intervallskalierte UV mit dem Namen "Meinungsführerschaft" handelt.

Ich war bei meinem ursprünglichen Ansatz von einer ordinalskalierten UV ausgegangen und wollte die Mittelwertunterschiede der Gruppen (damals noch Meinungsführer, -folger und Inaktive) in den AV mit einer einfaktoriellen ANOVA messen. Laut meinen Informationen soll die UV für dieses Messverfahren kategorial sein. Nun ist meine UV aber intervallskaliert. Meine Hauptfrage ist daher:

1) Eignet sich die ANOVA noch für die Messung von Unterschieden einer intervallskalierten UV in den Ausprägungen einer intervallskalierten AV?

Soweit ich mich erinnern kann, war es doch so, dass die Intervallskala die Ordinalskala "enthält", also alle Kriterien einer Ordinalskala und noch mehr erfüllt. Wenn das stimmt, wäre halt die Frage, ob es Sinn ergibt eine intervallskalierte UV als ordinalskaliert zu "behandeln" oder, ob es hier ein besseres Verfahren gibt.

2) Darüber hinaus wäre mir enorm geholfen, wenn Ihr mir sagen würdet, welches Verfahren angewandt werden sollte, wenn die UV intervall- und die AV ordinalskaliert ist. Ginge hier ein Kruskall-Wallis-Test?
3) Im Falle einer nominalskalierten AV, wurde mir bei meiner alten Herangehensweise noch der Chi-Quadrat Test nahe gelegt. Lässt sich das jetzt auch noch vertreten?

Schon mal herzlichen Dank für Eure Hilfe

Pat
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Re: ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

Beitragvon PonderStibbons » Di 24. Jan 2012, 22:31

1) Eignet sich die ANOVA noch für die Messung von Unterschieden einer intervallskalierten UV in den Ausprägungen einer intervallskalierten AV?

Entweder die Originalskala als UV, dann ist es eine lineare Regression.
Oder die kategorisierte Skala als UV, dann ist es eine Varianzanalye.
Oder eine Spearman-Korrelation, wenn man's ganz besonders simpel
halten möchte.

Wobei eine solche Kategorisierung grundsätzlich fragwürdig ist, im
vorliegenden Fall aber noch besonders abwegig daherkommt. "Die
obersten Viertel der möglichen (!) Punkte bedeuten = Meinungsführer"
ist ein bißchen sehr freihändig-laienhaft und begründungsfrei.
2) Darüber hinaus wäre mir enorm geholfen, wenn Ihr mir sagen würdet, welches Verfahren angewandt werden sollte, wenn die UV intervall- und die AV ordinalskaliert ist. Ginge hier ein Kruskall-Wallis-Test?

Spearman-Korrelation wie gesagt.
3) Im Falle einer nominalskalierten AV, wurde mir bei meiner alten Herangehensweise noch der Chi-Quadrat Test nahe gelegt. Lässt sich das jetzt auch noch vertreten?

Verstehe ich nicht.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

Beitragvon sanguinepat » Do 26. Jan 2012, 00:23

Hi P.,

erstmal Danke für die Antwort. Du hast das nicht ganz verstanden. Ich will nicht sagen, dass das oberste Viertel Meinungsführer sind. Ich werde in jedem Viertel von Meinungsführerschaft sprechen, aber im untersten Viertel ist die Meinungsführerschaft nun eben geringer als im obersten. Also

Viertel 1: sehr schwache Meinungsführerschaft
Viertel 2: schwache Meinungsführerschaft
Viertel 3: starke Meinungsführerschaft
Viertel 4: sehr starke Meinungsführerschaft

Normalerweise würde ich hier auch sagen, dass es ordinal ist. Aber mit der zugrundeliegenden äquidistanten Viertelung der Punkteskala und den gleichmäßig verbalisierten Viertelbeschreibungen finde ich eine Intervallskala gerechtfertigt. Ich bin nun etwass irritiert, weil Du eine linerare Regression vorgeschlagen hast. Meine Absicht ist ja nicht das Messen eines Zusammenhangs, sondern die Messung von Unterschieden. Ich will z.B. wissen, wie sich Personen mit sehr schwacher, schwacher, starker und sehr starker Meinungsführerschaft im Hinblick auf die Ausprägungen von AV, wie z.B Dauer der Mediennutzung unterscheiden. Natürlich wäre es ein interessantes Ergebnis, wenn die oberste oder die zwei obersten Viertel mit den stärksten Ausprägungen der Meinungsführerschaft sich signifikant von den Probanden in den unteren Vierteln unterscheiden würden. Beispielsweise: Personen mit sehr starker Meinungsführerschaft nutzen soziale Netzwerke täglich signifikant länger, als Personen mit schwacher Meinungsführerschaft.

Deshalb wollte ich gerne zusätzlich zu der Frage, ob die ANOVA bei UV & AV = intervallskaliert noch geht, wissen

1) welches Verfahren zur Messung von Unterschieden der intervallskalierten UV im Hinblick auf die Ausprägungen einer ordinalskalierten AV und
2) welches Verfahren zur Messung von Unterschieden der intervallskalierten UV im Hinblick auf die Ausprägungen einer nominalskalierten AV

anzuwenden wäre. Oder ist es so, dass die Messung von Zusammenhängen automatisch die Messung von Unterschieden ablöst, wenn das Skalenniveau ausreichend hoch ist?

Danke und beste Grüße

Pat
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Re: ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

Beitragvon PonderStibbons » Do 26. Jan 2012, 09:34

Ich will nicht sagen, dass das oberste Viertel Meinungsführer sind. Ich werde in jedem Viertel von Meinungsführerschaft sprechen, aber im untersten Viertel ist die Meinungsführerschaft nun eben geringer als im obersten. Also
Viertel 1: sehr schwache Meinungsführerschaft
Viertel 2: schwache Meinungsführerschaft
Viertel 3: starke Meinungsführerschaft
Viertel 4: sehr starke Meinungsführerschaft

Also sind die Etiketten bedeutungslos oder irreführend und die ganze
Einteilung bereits auf inhaltlicher Ebene sinnlos. Vor allem aber ist es
ist methodisch gesehen unsinnig, eine Intervallskala in 4 Kategorien
zu teilen. Für die inferenzstatsitsiche Analyse gewinnt man dadurch
nichts, verliert aber Informationen (Differenzierungen zwischen den
Beobachtungen). Möglicherweise produziert es Artefakte. Aber
irgendwo scheint da eine Art Kult zu existieren, der eine Opferung
von methodisch einwandfreien Verfahrensweisen erfordert,
insofern ist es anscheinend müßig, das weiter zu kommentieren.
Meine Absicht ist ja nicht das Messen eines Zusammenhangs, sondern die Messung von Unterschieden.

Das ist logischerweise dasselbe, lediglich eine Frage der
Beschreibung. Wenn es einen linearen oder zumindest
monotonen Zusammenhang zwischen Intelligenz und
Schulleistung gibt, dann zeigen die Intelligentere im
Unterschied zu weniger Intelligenten bessere Schulleistungen.
Wenn die Gruppe der Männer mit mehr als 180cm
Körpergröße sich in ihrem Einkommen von Männern < 180cm
unterscheiden, heißt das, es gibt einen Zusammenhang
zwischen Größe und Einkommen. Man kann Mittelwertsunterschiede
in Korrelationskoeffizienten umrechnen und vice versa.
1) welches Verfahren zur Messung von Unterschieden der intervallskalierten UV im Hinblick auf die Ausprägungen einer ordinalskalierten AV und

Eine Spearman-Korrelation. Oder man stuft eine ordnale
Variable zu einer kategorialen Variable herunter,
was normalerweise keinen Sinn ergibt, außer man erwartet
keine monotone Beziehung zwischen der ordinalen und
der intervallskaierten Variablen.
2) welches Verfahren zur Messung von Unterschieden der intervallskalierten UV im Hinblick auf die Ausprägungen einer nominalskalierten AV

Nonparametrisch ist das ein H-Test, parametrisch natürlich
eine ienfaktorielle Varianzanalyse.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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folgende User möchten sich bei PonderStibbons bedanken:
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Re: ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

Beitragvon sanguinepat » Do 26. Jan 2012, 17:17

Hallo P.,

Danke für Deine Antwort. Sehr kritisch formuliert. Da fällt es schwer objektiv zu bleiben. Du vergisst, dass ich eben nur ein Statisik-Laie bin und gewiße Dinge einfach zum ersten Mal höre. Du kennst Dich bei dem Thema sicherlich sehr gut aus, aber etwas mehr Verständnis für Neulinge und deren möglichen Verletzungen von statistischen Grundgesetzen, würde mir persönlich die Diskussion erleichtern. Ich bin mir sicher, dass Du mir nur helfen wolltest, aber gerade im Internet kriegt man leicht mal was in den falschen Hals. Was ich also verstanden zu haben glaube, ist Folgendes:

- Kategorisierung vs Beibehaltung der 30 Punkte Skala der Meinungsführerschaft: Ich verstehe auch was Du meinst. Bisher dachte ich einfach, dass ich unbedingt eine Kategorisierung vornehmen muss, um die einzelnen Gruppen differenziert beschreiben und Unterschiede messen zu können. Die Zusammenhangsmessung ermöglicht ja eigentlich ähnlich wertvolle Aussagen, wie Du bereits erwähnt hast. Zumindest kann ich, wenn ich Zusammenhänge (nach dem Muster "je... desto") zwischen Meinungsführerschaft und einer AV feststelle auch Aussagen für das letztendliche Meinungsführer-Profil treffen.

- Irgendwie scheint es ja auch so zu sein, dass die Messung von Zusammenhängen, verglichen mit der Messung von Unterschieden, wirklich eine "höhere" Form der Auswertung darstellt, die Anwendung findet, wenn es das Skalenniveau zulässt, weil damit wertvollere Erkenntnisse gewonnen werden können.

- Du hast gesagt, dass die Varianzanalyse bei intervallskalierter UV und nominalskalierter AV eingesetzt werden kann. Laut dieser Grafik (http://www.methodenberatung.uzh.ch/datenanalyse.html) soll aber die AV intervallskaliert sein. Warum kann ich die Varianzanalyse hier denn trotzdem machen?

Ich bin noch nicht 100-Prozentig im Reinen mit der neuen Herangehensweise und werde mir noch mal Gedanken machen. Aber erstmal Danke für den Denkanstoß!

Beste Grüße

Pat
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Re: ANOVA, wenn UV intervallskaliert ist?

Beitragvon PonderStibbons » Do 26. Jan 2012, 23:02

- Irgendwie scheint es ja auch so zu sein, dass die Messung von Zusammenhängen, verglichen mit der Messung von Unterschieden, wirklich eine "höhere" Form der Auswertung darstellt, die Anwendung findet, wenn es das Skalenniveau zulässt, weil damit wertvollere Erkenntnisse gewonnen werden können.

Weder von dem einen noch von dem anderen hätte ich in der Form gehört.
Man kann auf jedem Skalenniveau Korrelationskoeffizienten berechnen und Unterschiedsanalysen durchführen. Letztlich ist es dasselbe.
- Du hast gesagt, dass die Varianzanalyse bei intervallskalierter UV und nominalskalierter AV eingesetzt werden kann. Laut dieser Grafik (http://www.methodenberatung.uzh.ch/datenanalyse.html) soll aber die AV intervallskaliert sein. Warum kann ich die Varianzanalyse hier denn trotzdem machen?

Natürlich muss die formale AV der Varianzanalyse intervallskaliert sein,
das wollte ich nicht in Frage stellen. Aber, eine inhaltlich (im eigenen
theoretischen Konzept) als abhängig apostrophierte Variable muss nicht
zwangsläufig auch die formale abhängige Variable des gewählten Signfikanztests
sein. Beispiel: sagt Intelligenz den Schulerfolg (Schulabschluss ja/nein)
voraus? Inhaltlich ist Schulerfolg die AV. Aber man kann an das Problem
durchaus auch mit einem Mittelwertsvergleich (t-Test) herangehen,
also Intelligenz als (formal gesehen) AV benutzen und Schulerfolg (formal)
als UV. Sozusagen die Betrachtung umdrehen. Dann steht da: "Die Intelligenz
der Erfolgreichen war signifikant höher als die der Erfolglosen." Das ist eine
andere Formulierung für den Sachverhalt "Intelligenz sagt Schulerfolg voraus"
oder "...ist mit Schulerfolg assoziiert".
Ich bin noch nicht 100-Prozentig im Reinen mit der neuen Herangehensweise und werde mir noch mal Gedanken machen. Aber erstmal Danke für den Denkanstoß!

Letztlich entscheidet der Betreuer. Der macht ja anscheinend aus der
Kategorisierung der Meinungsführer-Skala einen Fetisch, also wirst Du
vermutlich daran nicht vorbei kommen.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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