Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individuell

Alles zu (M)ANOVA, ALM...

Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individuell

Beitragvon juliam094 » Mi 13. Dez 2023, 06:00

Hallo,

im Rahmen meiner Bachelorarbeit würde ich sehr gerne Mittelwertvergleiche von vielen unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Lernmotivation und Gewissenhaftigkeit) durchführen.

Nun würde ich sehr gerne schauen, ob es Unterschiede zwischen dem Geschlecht oder dem Bildungsstand gibt.

Für einige Variablen sind die Voraussetzungen einer einfaktoriellen ANOVA erfüllt, für andere Variablen nicht.

Nun wollte ich sehr gerne fragen, ob es sinnvoll ist, für jede Variable, die alle Voraussetzungen erfüllt, eine ANOVA zu rechnen und für die Variablen, die sie nicht erfüllen, einen Kruskal-Wallis-Test zu rechnen (also unterschiedliche Tests durchzuführen)?

Oder ist es sinnvoller für alle Variablen einheitlich den Kruskal-Wallis-Test zu berechnen, um so die Vergleichbarkeit zu bewahren?

Gibt es da qualitative Unterschiede in den Ergebnissen (also ist ein Test in seinen Ergebnissen hochwertiger)?

Alle AV-Variablen sind metrisch, das Geschlecht hat 3 Stufen und N ist 289.

Vielen lieben Dank
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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon PonderStibbons » Mi 13. Dez 2023, 09:20

Für einige Variablen sind die Voraussetzungen einer einfaktoriellen ANOVA erfüllt, für andere Variablen nicht.

Welche sind denn da nicht erfüllt?

Wieso Varianzanalyse? Für Geschlecht geht t-Test (außer diese "d"-Kategorie hat ausreichende Anzahl Fälle),
für Bildungsgrad womöglich Spearmans Rangkorrelation.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon bele » Mi 13. Dez 2023, 11:02

Hallo Julia,

wie PonderStibbons schon andeutet, sind viele hier im Forum schnell bei der Hand, die ANOVA zu verwerfen, wo sie das Mittel der Wahl wäre. Daher bitte genau hinterfragen, welche Bedingungen da nicht erfüllt sein sollen.

Die Zahlenverteilung auf die drei Stufen Geschlecht bitte mal in konkreten Zahlen angeben.

Die nächste Frage lautet, ob es wirklich Sinn macht, Bildungsstand (wieviele Stufen und wie häufig kommen die vor?) als nominale Gruppen zu betrachten und nicht doch als ordinal in einer Fragestellung wie "je mehr Lernmotivation umso länger haben die Leute für ihren Beruf gelernt".

Und dann noch die grundlegende Frage, warum einfaktorielle ANOVA. Wenn Du glaubst, dass Frauen generell gewissenhafter sind, dann solltest Du den Zusammenhang mit Bildung nicht untersuchen, ohne den Einfluss des Geschlechts zu berücksichtigen. Klingt nach einem Lehrbuchfall für eine zweifaktorielle ANOVA.

Nach all dem grundsätzlichen Nachfragen auch eine Antwort:

Gibt es da qualitative Unterschiede in den Ergebnissen (also ist ein Test in seinen Ergebnissen hochwertiger)?


Nicht wirklich. Das sind unterschiedliche Herangehensweisen. Wenn die Voraussetzungen einer ANOVA angemessen erfüllt sind, dann hat sie wahrscheinlich etwas höhere Power, wenn nicht, dann wahrscheinlich nicht. Es besteht also bei der ANOVA etwas mehr Risiko eines falschen Ergebnisses, wenn die Voraussetzungen unzureichend erfüllt sind und bei dem nichtparametrischen etwas mehr Risiko eines falsch negativen Ergebnisses, aber in der Regel werden beide Verfahren bei leidlicher Erfüllung der Voraussetzung zu ähnlichen bzw. gleichen Ergebnissen kommen, ob es einen Zusammenhang gibt, oder nicht. Wenn beide wirklich mal zu erheblich unterschiedlichen Ergebnissen kommen sollten, dann wäre höchste Vorsicht angebracht.

Parametrische Verfahren wie die ANOVA haben ein paar Vorteile, wenn man mit den Ergebnissen weiter rechnen möchte, also solche Dinge wie Effektstärkemaß, Fallzahlschätzungen, anschließende Simulationen etc. plant.

LG,
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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon juliam094 » Do 14. Dez 2023, 03:48

Hallo,

mein Gesamt N ist 289.

Auf die Gruppen für das Geschlecht
- weiblich: 171
- divers: 6
- männlich: 112

Für den Bildungsstand
- Mittlere Reife: 4
- Abitur: 163
- Fachhochschulabschluss: 49
- Hochschulabschluss: 73

Bereich Studium
- Wirtschaft: 63
- Rechtswissenschaften: 17
- MINT-Fächer: 100
- Medizin & Gesundheitswissenschaften: 17
- Bildung & Pädagogik: 15
- Geistes- & Sozialwissenschaften: 11
- Gestaltung: 2
- Andere: 8

Vielen lieben Dank
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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon bele » Do 14. Dez 2023, 09:53

Ok, damit haben wir einen viel besseren Eindruck. Diverse machen 2% vom Datensatz aus, das ist nicht sehr viel und hoffentlich stehen sie nicht im Mittelpunkt des Interesses. Auch über Gestaltungs-Studium wird sich anhand von 2 Personen nicht viel lernen lassen. Warum 223 einen Bereich Studium haben wenn nur 122 überhaupt einen (Fach-)Hochschulabschluss haben ist erklärungsbedürftig, vielleicht gibt es hier Doppelnennungen.

Zu der Frage, warum Du eine ANOVA für ausgeschlossen hälst hast Du jetzt nicht geantwortet. Ansonsten ist die Frage, ob man parametrische ANOVA mit nichtparametrischem Kruskall-Wallis-Test mischt oder ob man bei einem Test bleibt nicht eindeutig zu beantworten sondern letztlich Geschmackssache. Persönlich mag ich das Mischen nicht so besonders, weil das impliziert dass man trennscharf unterscheiden kann, wo die ANOVA-Voraussetzungen ausreichend und wo sie nicht ausreichend erfüllt sind.

LG,
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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon juliam094 » Mo 18. Dez 2023, 00:23

Hallo,

danke für die Antworten :-)

Unserer Professor legt immer sehr viel Wert darauf, dass die Voraussetzungen für die Tests erfüllt sind. Da ich keine Normalverteilung für die metrischen Variablen habe, wollte ich den Kruskall-Wallis-Test machen, damit ich auf der sicheren Seite bin?

Gibt es bei den Gruppenvergleichen zwischen ordinalen und metrischen nur die Möglichkeit über die Spearmann-Korrelation zu gehen?

Oder gibt es hier einen vergleichbaren Test wie Kruskall-Wallis Test?

Ich habe ordinal skalierten Variablen mit Antwortmöglichkeiten wie (1) trifft gar nicht zu - (5) trifft voll zu. Zum Beispiel "Weiter-Bildung ist wichtig"

Jetzt wollte ich untersuchen, ob Probanden in den unterschiedlichen Antwortgruppen (also die z.B. Teilnehmer, die zur Gruppe (5) trifft gar nicht zu und die, die zur Gruppe (1) trifft voll zu) gehören, signifikante Unterschiede im Bezug auf z.B. die Lernmotivation (metrisch) oder auf ein anders Item "ich nehmen regelmäßig an Workshops teil" (ordinal) zeigen.

Vielen lieben Dank!
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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon bele » Mo 18. Dez 2023, 04:59

juliam094 hat geschrieben:Da ich keine Normalverteilung für die metrischen Variablen habe, wollte ich den Kruskall-Wallis-Test machen, damit ich auf der sicheren Seite bin?


Ist das jetzt die Antwort auf PonderStibbons Frage vom Mittwoch? Es ist erstaunlich, wie präzise der das immer wieder ahnt: Oder sind noch weitere "Voraussetzungen" nicht erfüllt?

Ich lasse das mal für PonderStibbons stehen.

Aber ja, wenn Du auf Nummer Sicher gehen willst, mach einfach Kruskal-Wallis und Spearman.

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Re: Mittelwertvergleiche - einheitliche Tests oder individue

Beitragvon PonderStibbons » Mo 18. Dez 2023, 09:11

Unserer Professor legt immer sehr viel Wert darauf, dass die Voraussetzungen für die Tests erfüllt sind. Da ich keine Normalverteilung für die metrischen Variablen habe,

Die Verteilung der abhängigen Variable muss weder bei t-Tests noch bei Varianzanalysen noch bei linearen Regressionen
normal sein.

Es sollten bei t-Tests und Varianzanalysen die abhängige Variable in den einzelnen Gruppen normalverteilt sein, bzw. bei
all diesen Verfahren sollten die Vorhersagefehler normalverteilt sein (ein t-Test ist 100% äquivalent einer einfaktoriellen
Varianzanalyse mit 2 Gruppen). Und auch das nur bei kleinen Gesamtstichprobenumfängen. Ab ca. n > 30 gilt die
Normalverteilung in den Gruppen bzw. der Residuen als entbehrlich (zentraler Grenzwertsatz).

Jetzt wollte ich untersuchen, ob Probanden in den unterschiedlichen Antwortgruppen (also die z.B. Teilnehmer, die zur Gruppe (5) trifft gar nicht zu und die, die zur Gruppe (1) trifft voll zu) gehören, signifikante Unterschiede im Bezug auf z.B. die Lernmotivation (metrisch) oder auf ein anders Item "ich nehmen regelmäßig an Workshops teil" (ordinal) zeigen.

Wenn eine monotone Beziehung zwischen den Variablen erwartet wird, dann ist Spearman doch die Methode der Wahl.
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