Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Alles zu (M)ANOVA, ALM...

Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon Tine22 » So 15. Jun 2014, 21:17

Liebe Forumsmitglieder,

ich hoffe dringend, dass mir hier jemand helfen kann.

Ich will einen Vergleich der Größe des Effekts von einer Selbst- und einer Fremdbeurteilung vornehmen. Beide Effekte wurden anhand zweier verschiedener Kontrastanalysen ermittelt und im Anschluss Cohens d errechnet. Mein Ziel war ursprünglich zu beweisen, dass Cohens d Effekt Fremdbeurteilung > Cohens d Effekt Selbstbeurteilung. Jetzt ist es nur so, dass Effekt a aus dem Vergleich der Faktorstufen eines einzigen Faktors errechnet wurde, Effekt b jedoch aus der Interaktion zweier Faktoren, die um die Kontrastanalyse zu berechnen, zu einer kombinierten Variable zusammengefasst wurden (die kombinierte Variable entspricht den Kombinationen der einzelnen Faktorstufen, also z.B. Variable 1-Ausprägung 1 + Variable 2-Ausprägung 1 entspricht der kombinierten Variable Ausprägung 1 usw.). Meine Überlegung war nun , dass die Gruppengröße n, für die der Effekt für die Fremdeinschätzung gilt, aufgrund der Interaktion ja kleiner ist als beim Effekt der Selbsteinschätzung. Kann man in diesem Fall Cohens d überhaupt verwenden?

Weiss evtl. jemand einen besseren Weg, um in meinem Fall einen Vergleich von Selbst- und Fremdbeurteilung vorzunehmen?

Ich wäre super dankbar, wenn mir jemand helfen könnte!!! :idea:

Viele Grüße Tine
Tine22
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon PonderStibbons » So 15. Jun 2014, 21:26

Vielleicht schilderst Du zunächst einmal Deine Studie zusammenhängend
(Thema, Fragestellung, Design, Stichprobengröße, vorgenommene statistische
Analysen). Der Umweg über Cohens d ist mir unbekannt, ich weiß nichtmal,
ob das zulässig wäre.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon Tine22 » So 15. Jun 2014, 23:24

Lieber P.,

erst mal vielen Dank für deine Antwort.

Also bei meiner Studie handelt es sich um ein psychologisches Experiment, bei dem insg. 212 Versuchsteilnehmer einer von 5 TMT-Bedingungen (Mortalitätssalienz (bedeutet, dass den TN in diesem Moment ihre eigene Sterblichkeit bewusst war), Kontrollgruppe, 3 weitere Bedingungen) zugeteilt wurden und anschließend die Attraktivität konservativer Berufe (Skala 1-10) beurteilen sollten. Die Hypothese war, dass diejenigen TN, die in der Mortalitätssalienz-Bedingung waren, die Attraktivität der konservativen Berufe für sich selbst (Selbstbeurteilung) und für andere (Fremdbeurteilung) höher einschätzen sollten als die TN in der Kontrollgruppe. Um diese Hypothesen zu testen, habe ich unter 1-faktorielle ANOVA definierte Kontrastanalysen berechnet, in denen jeweils die Mortalitätssalienz-Bedingung gegen die Kontrollgruppe getestet wurden.

Es zeigte sich, dass sich die Hypothese bei der Selbstbeurteilung bestätigte, bei der Fremdbeurteilung jedoch zeigte sich der erwartete Effekt nur unter Hinzunahme der Variable Geschlecht der Versuchsteilnehmer, da nur weibliche TN die Attraktivität konservativer Berufe unter Mortalitätssalienz höher bewerteten als in der Kontrollgruppe (da man nur eine einzige Variable und keine Interaktion in der 1-faktoriellen ANOVA kontrastieren kann, habe ich aus den 2 Variablen TMT-Bedingung und Geschlecht TN eine kombinierte Variable berechnet, die der Kombination der einzelnen Faktorstufen der 2 Variablen entspricht).

So weit so gut. Jetzt hatte ich aber noch eine weitere Hypothese, die lautet dass der unter Mortalitätssalienz identifizierte Effekt der Fremdeinschätzung der Attraktivität konservativer Berufe größer ist als der der Selbsteinschätzung konservativer Berufe unter Mortalitätssalienz. Ich habe als Effektgröße der Kontraste einfach Cohens d berechnet und würde gerne behaupten, dass wenn Cohens d der Fremdeinschätzung (Mortalitätssalienz/Geschlecht TN > KG) > Selbsteinschätzung (Mortalitätssalienz > KG) hat sich meine Hypothese bestätigt.

Ich bin mir aber nicht mehr sicher, ob das so geht, da Cohens d doch auch von der Gruppengröße abhängt und die Gruppengröße ja bei der Fremdeinschätzung wegen der Interaktion kleiner ist als bei der Selbsteinschätzung. Oder meinst du das geht so gar nicht?

Tausend Dank für deine Antwort!!! :idea:

Tine
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon PonderStibbons » Mo 16. Jun 2014, 10:30

So weit so gut. Jetzt hatte ich aber noch eine weitere Hypothese, die lautet dass der unter Mortalitätssalienz identifizierte Effekt der Fremdeinschätzung der Attraktivität konservativer Berufe größer ist als der der Selbsteinschätzung konservativer Berufe unter Mortalitätssalienz.

Messwiederholungs-Varianzanalyse mit Selbst/Fremdeinschätzung
als Innersubjektfaktor und den Zwischensubjektfaktoren Gruppe
und Geschlecht. Wobei ich nicht weiß, ob Geschlecht tatsächlich
von vornherein theoretisch begründet ein Faktor sein sollte, oder
erst nach Inspektion der Daten hineinkam.
Ich habe als Effektgröße der Kontraste einfach Cohens d berechnet und würde gerne behaupten, dass wenn Cohens d der Fremdeinschätzung (Mortalitätssalienz/Geschlecht TN > KG) > Selbsteinschätzung (Mortalitätssalienz > KG) hat sich meine Hypothese bestätigt.

Nein. In Deiner Hypothese kam Geschlecht nicht vor,
also betrifft der Vergleich die Hypothese nicht. Zudem
ist d in einer Stichprobe keine Effektstärke, sondern
allenfalls ein deskriptives Maß. Effektstärken gibt es
nur in Populationen. In einer Stichprobe ist
d kontaminiert durch den Stichprobenfehler, also
größer oder kleiner als der "wahre" Effekt. Daher
bringt das für die Hypothesenprüfung nichts oder fast
nichts, Du müsstest stattdessen inferenzstatistisch testen.
Ich bin mir aber nicht mehr sicher, ob das so geht, da Cohens d doch auch von der Gruppengröße abhängt

d=(M1-M2)/SD, da kommt doch n nicht drin vor.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon Tine22 » Mo 16. Jun 2014, 17:15

Lieber P.,

erst einmal tausend Dank für deine Antwort, sie hat mir wirklich sehr geholfen.

Ich habe mich gleich drangemacht, die von dir vorgeschlagene 2-faktorielle ANOVA mit Messwiederholung zu berechnen (Geschlecht war tatsächlich vorher nicht theoretisch begründet, ich habe es aber trotzdem aufgenommen, da sich ohne diese Variable der erwarte Effekt bei der Fremdeinschätzung vorher ja nicht zeigte). Es hat sich in dieser Analyse dann im Test der Innersubjekte ein signifikanter Haupteffekt des Messwiederholungsfaktors Selbst-/Fremdeinschätzung gezeigt sowie von Selbst-/Fremdeinschätzung*Geschlecht TN und auch die relevante 3-fach-Interaktion von
Selbst-/Fremdeinschätzung*Geschlecht TN*TMT-Bedingung.

Um diese 3-fach-Interaktion zu zerlegen, habe ich dann dieselbe Analyse noch einmal berechnet, jedoch anstatt TMT-Bedingung und Geschlecht TN einzeln habe ich als Zwischensubjektfaktor die kombinierte Variable aus TMT-Bedingung und Geschlecht TN aufgenommen. Außerdem habe ich beim Button Kontraste eine Kontrastierung dieser kombinierten Variable angefordert. Leider war hierbei der relevante Kontrast Mortalitätssalienz/Frauen vs. Kontrollgruppe/Frauen nicht signifikant.

War mir nicht sicher, ob man das mit der kombinierten Variablen zur Zerlegung der 3-fach-Interaktion so macht, meinst du dieses Vorgehen ist so in Ordnung? :?:

Herzliche Grüße und tausend Dank für deine Antwort

Tine
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon PonderStibbons » Mo 16. Jun 2014, 21:20

(Geschlecht war tatsächlich vorher nicht theoretisch begründet, ich habe es aber trotzdem aufgenommen, da sich ohne diese Variable der erwarte Effekt bei der Fremdeinschätzung vorher ja nicht zeigte).

Dann kannst Du die Ergebnisse ja leider in die Tonne kloppen.
Daten zu inspizieren und dann Tests zu rechnen, bis irgendwas
"signifikant" wird, nennt man fishing expedition. Die p-Werte
aus solchen Expeditionen sind nicht brauchbar.

Mit freundlichen Grüßen

P.
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon Tine22 » Di 17. Jun 2014, 18:50

Trotzdem vielen Dank für die Hilfe. :)
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon PonderStibbons » Di 17. Jun 2014, 19:34

Tine22 hat geschrieben:Trotzdem vielen Dank für die Hilfe.

Inwiefern "trotzdem"?
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon Tine22 » Mi 18. Jun 2014, 16:39

Da es eigentlich wirklich keinen Grund gab, das Geschlecht der TN in die Hypothesentestung aufzunehmen hast du wohl recht und es war wirklich eine fishing Expedition. Ohne diese Variable gibt es aber auch keinen Vergleich zwischen Selbst- und Fremdbeurteilung, da sich ja dann für die Fremdbeurteilung kein Effekt ergab. Deshalb muss ich den Vergleich wohl weglassen und die Hypothese einfach ablehnen. Schade, ich war so stolz, dass ich kapiert hab wies funktioniert :)
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Re: Vergleich von Selbst-und Fremdbeurteilung

Beitragvon Tine22 » Mi 22. Okt 2014, 19:31

Lieber P.,

Ich hätte noch eine kleine Frage hierzu: Kann man auch eine ANOVA mit Messwiederholung rechnen, wenn die Selbsteinschätzung der Attraktivität maskuliner Berufe nur aus der Bewertung männlicher Pnd besteht (d.h. nur männlicher Probanden bewerteten die Attraktivität für sich), die Fremdeinschätzung maskuliner Berufe für Männer jedoch berechnet wurde aus der Attraktivitätsbewertung männlicher und weiblicher Probanden (d.h. männliche und weibliche Probanden bewerteten die Attraktivität maskuliner Berufe für Männer)? Denn dann wurde ja strenggenommen die Messwiederholung an verschiedenen Probanden vorgenommen...

Wäre über eine Antwort sehr froh! :oops:

Danke

Tine
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