Liebe Statistik-Freunde,
ich schreibe aktuell meine Masterarbeit. Diese stützt sich auf eine Studie, welche sich mit Risikowahrnehmung beschäftigt. Genauer gesagt, untersucht sie den Einfluss von Geschlecht und den negativen Emotionen Wut und Angst auf die Risikowahrnehmung. Um eine der elementaren Hypothesen der Studie zu belegen, verwenden die Autoren eine MANCOVA. Ich bin jedoch der Ansicht, dass der Einsatz dieses Verfahrens methodisch nicht korrekt ist und grüble darüber schon eine längere Zeit, da die Auswahl der richtigen Methode natürlich relevant für meine Masterarbeit ist.
Zum Ablauf der Original-Studie:
Die Probanden werden zunächst randomisiert einer der beiden Emotionsbedingungen (Angst vs. Wut) zugeteilt. Daraufhin lesen sie entweder einen angst-erzeugenden Bericht und schreiben selbst eine Text, der sich mit ihren Ängsten beschäftigt oder sie sehen einen wut-erzeugenden Bericht und schreiben einen Text, der sich mit ihrer Wut befasst. Anschließend werden 3 Skalen zur Risikowahrnehmung abgefragt, wobei jede Skala aus 8 Items besteht. Skala 1 hat erfragt die Risikowahrnehmung mit einem verbalen Antwortmodus und reicht von 0 (stimme überhaupt nicht zu) bis 7 (stimme voll und ganz zu), die anderen beiden Skalen erfassen die Wahrscheinlichkeit bestimmte riskante Ereignisse zu erleben mithilfe eines eher analytischen Antwortmodus von 0% (das Ereignis ist unmöglich) bis 100% (das E. wird auf alle Fälle auftreten).
Nach Beantwortung der 3 Skalen sollen die Probanden beurteilen, wie sie sich gefühlt haben, als sie über die betreffende Emotion gelesen bzw. geschrieben haben. Dazu bewerten sie verschiedene Adjektive von 0 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu). Die Bewertungen von jeweils 5 Adjektiven, welche für Wut bzw. Angst stehen werden gemittelt, sodass ein Mittelwert für „selbstberichtete Emotion Wut“ und „selbstberichtete Emotion Angst“ entsteht.
Zu den Berechnungen:
Zunächst wird mit Hilfe einer two-way ANOVA überprüft, ob Emotionsbedingung und Geschlecht einen Einfluss auf die Risikowahrnehmung haben. Da die Autoren zeigen wollen, dass dies unabhängig von verwendeten Antwortmodus geschieht, werden 3 ANOVAs berechnet, eine für jede AV-Skala. Ja: Wut führt zu geringeren Risikoeinschätzungen als Angst; Männer zeigen geringere Risikoeinschätzungen als Frauen.
Nun wollen die Autoren die Frage beantworten, warum Wut- und Angst-Priming unterschiedliche Effekte auf die Risikowahrnehmung haben. Sie schreiben: „Die Bedingungsunterschiede könnten auch andere Aspekte der Manipulationen als die von ihnen hervorgerufenen Emotionen widerspiegeln“. Dazu verwenden sie eine MANCOVA, welche die drei Risikoskalen als abhängige Maße, die Selbstberichtsskalen für Angst bzw. Wut als Kovariaten und die Emotionsbedingung (Wut, Angst) als unabhängige Variable beinhaltet. Es zeigen sich sig. Verbindungen zwischen Wut-Kovariate und niedrigen Risikoeinschätzungen, sowie zwischen Angst-Kovariate und höheren Risikoeinschätzungen. Wenn die Kovariate berücksichtigt werden, sagt der einst signifikante Effekt der Emotions-Bedingung nicht mehr die Risikowahrnehmung vorher. Soweit wie ich es verstehe, soll dadurch gezeigt werden, dass es tatsächlich die „aktuell empfundene Emotion“ ist, welche für Unterschiede in der Risikowahrnehmung verantwortlich ist.
Zu meinen Fragen:
Laut Grundannahmen der MANCOVA darf die Kovariate nicht vom Faktor abhängen. Ist das hier nicht der Fall mit Emotion-Prime als Faktor und selbstberichteter Emotion als Kovariate? Probanden der Angst-Bedingung sollten höher Werte bei der selbstberichteten Emotion Angst haben, als Personen der Wut-Bedingung und umgekehrt: Somit hängt die selbstberichte Emotion (Kovariate) von der Emotionsbedingung (Wut-Priming vs. Angst-Priming ab) und eine MANCOVA wäre sinnlos. Stehe ich hier auf dem Schlauch und übersehe irgendetwas oder habe ich Recht in meiner Annahme, dass eine MANCOVA in diesem Fall methodisch nicht korrekt ist?
Ich habe überlegt eine MANOVA zu berechnen und anschließend eine Mediationsanalyse durchzuführen. Wäre das statistisch okay/schlau?
Eine weitere Überlegung war es, eine multiple Regression zu berechnen, da ich so relativ unproblematisch Prädiktoren (Bedingung, Geschlecht, Selbstberichtete Emotion,…) in ein Modell einfließen lassen kann. Jedoch berechne ich dann ja immer nur die Vorhersage einer AV aus den Prädiktoren – ich müsste als drei multiple Regressionsanalysen durchführen. Dies sollte ja eigentlich aufgrund von Alpha-Fehler-Kummulierung unterlassen werden. Gibt es hier Ideen/Vorschläge, wie ich vorgehen kann?
Ich entschuldige mich für die Masse an Text und das weite Ausholen, habe jedoch das Gefühl, dass dies wichtig ist, um den Sachverhalt zu verstehen. Wenn dennoch irgendetwas unklar ist, dann fragt bitte nach! Ich stehe hier auf den Schlauch und komme nicht weiter (auch wenn die Lösung des Problems vllt. Super einfach ist). Vielen Dank bereits vorab!