Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Nordlichtlein » Mo 16. Apr 2012, 17:51

Hallo ihr Lieben,
ich bin totaler Statistik-Neuling und habe mal eine Frage :-)


Ich führe gerade eine Faktorenanalyse durch und bin mir bei der Errechnung von Cronbachs Alpha etwas unsicher. Die Faktorenanalyse hat mir eine Lösung mit 2 Faktoren für ein bestimmtes Konstrukt vorgeschlagen. Der eine Faktor weist 5 Variablen größer 0,5 und der andere Faktor weist 3 Variablen größer 0,5 auf.

Wenn ich mich dazu entscheide die mehrdimensionale 2-Faktoren-Lösung zu übernehmen, wie berechne ich dann Cronbachs Alpha?
Alle Items (also beide Faktoren) zusammen?
Folge: ein sehr schlechter Wert.

Oder führe ich für jeden Faktor eine einzelne Analyse des Alpha-Wertes durch?
Folge: 2 gute Werte.

Oder soll ich mich für eine eindimensionale 1-Faktor-Lösung entscheiden, die 48% der Varianz erklärt?

Würde mich über eine Antwort sehr freuen.

Vielen Dank!


Hanna
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon sayuri696 » Mo 16. Apr 2012, 23:21

Hallo Hanna,

schau mal hier, das könnte dir weiterhelfen: reliabilitatsanalyse-f14/cronbachs-alpha-fur-jede-skala-extra-t179.html


LG
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Holgonaut » Di 17. Apr 2012, 09:23

Hi,

damit Cronbach's alpha als Reliabiltität Sinn macht, müssen zwei Bedingungen erfüllt werden:
a) die items messen den selben Faktor
b) die Ladungen sind gleich hoch

Beides nennt man essentielle tau-Äquivalenz.

Die Ladungen sind fast nie gleich hoch - das ist schon mal ein Grundproblem. Auf jeden Fall darfst du zur Berechnung nur die items nehmen, die auf dem Faktor laden.

Dazu klär mal, ob du eine wirkliche Faktorenanalyse oder eine Hauptkomponentenanalyse gemacht hast und wie Dein Verständnis von den Konstrukten ist (d.h. sind Deiner
theorie zufolge die items Messungen ein und der selben empirischen Variable oder bilden die items Beispiele/Aspekte/Facetten des Konstruktes ab?).

Ersteres würde dem common factor - Modell entsprechen - letzteres der Hauptkomponentenanalyse.

Ladungen von .5 finde ich für ein common factor model sehr niedrig und lassen Zweifel an der Validität der Messungen aufkommen.

Grüße
Holger
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Nordlichtlein » Di 17. Apr 2012, 09:42

Hi,
vielen Dank schon einmal.
Also ich habe bei der Faktorextraktion die Hauptkomponentenanalyse angewendet, da Backhaus et al. (2011) empfehlen diese anzuwenden, wenn man "nur" eine Datenreduktion bewirken will.
Die zwei Faktoren, die extrahiert wurden, sollen 2 Facetten eines Konstruktes abbilden.

Den Beitrag (reliabilitatsanalyse-f14/cronbachs-alpha-fur-jede-skala-extra-t179.html) verstehe ich so: meine 2 Faktoren stellen 2 Subskalen eines Konstuktes da und ich prüfe für jede Subskala einzeln Cronbachs Alpha. In der anschließenden CFA prüfe ich, ob ich diese 2 Subskalen zu einer Skala zusammenfassen kann. Ist das korrekt?

Eine Frage bleibt noch: Nach Guadagnoli und Velicer (1988) kann ein Faktor nur interpretiert werden, wenn mindestens vier Variablen eine Ladung über 0,60 aufweisen (ungeachtet der Stichprobengröße). Sollte ich somit den Faktor 2 verwerfen (ich habe ja nur 3 Variablen die auf diesem Faktor laden) und bei diesem Konstrukt die Eindimensionalität annehmen? Oder sollte ich diesen Faktor für die Hauptuntersuchung erst einmal beibehalten?

Nach Varimax-Rotation bekomme ich folgende Lösung:
Auf Faktor 1 habe ich 4 Variablen mit Ladungen von: ,912 ,904 ,712 ,610 ,584
Auf Faktor 2 habe ich 3 Variablen mit Ladungen von: -,845 -,801 ,556

Zuvor wurden durch schlechte MSA-Werte (auf der Diagonalen der Anti-Image-Matrix) drei Variablen entfernt.


Viele Grüße

Hanna
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Holgonaut » Di 17. Apr 2012, 10:00

Hi Hanna,

Also ich habe bei der Faktorextraktion die Hauptkomponentenanalyse angewendet, da Backhaus et al. (2011) empfehlen diese anzuwenden, wenn man "nur" eine Datenreduktion bewirken will.


Wenn du eine "nur" eine Datenreduktion anstrebst, "misst" du nichts sondern sortierst viele Variablen in wenige (Häufchen = Komponenten). Dies hat zur Folge, dass völlig im Unklaren ist, was diese Komponenten inhaltlich bedeuten und für was sie in der Realität stehen. Der Begriff "Konstrukt" führt hier nicht weiter, weil er zu unpräzise ist. Weiterhin macht die Berechnung von Cronbach's alpha keinen Sinn:

Stell dir vor du misst Luftdruck und Temperatur und addierst beide Werte in eine Komponente "Wetter" (wenn du den Eindruck hast, dass das Käse ist, welcome ;) ) Jetzt berechnest du die Interkorrelation (=alpha) und merkst, dass die niedrig ist. Folgt daraus, dass die Reliabilität niedrig ist? Nein.

Die zwei Faktoren, die extrahiert wurden, sollen 2 Facetten eines Konstruktes abbilden.


Das ist theoretisch völlig unklar. Die "Faktoren" selbst sind multidimensionale Häufchen - und diese Häufchen sollten wiederum Facetten eines Konstrukts sein? Das ist dann sowas wie ein Super-Haufen. Noch unklarer wird es dann, wenn die kausale Rolle dieses Konstrukts adressiert werden soll (d.h. hat ein Häufchen, dass aus vielen Dingen besteht, Effekte auf irgendwas?). Das hat auch was dazu, dass das Häufchen ja überhaupt erst durch Deine Aktivität (-> Hauptkomponentenanalyse) ins Leben gerufen wurde - und wie kann etwas, was du erfunden hast, allgemeine Effekte auf andere Dinge haben?

Besser: Entwickle eine theoretische Vorstellung, die sich an der Realität orientiert und messe diejenigen empirischen Variablen, die in Deiner (oder einer vorgegebenen) Theorie sinnvoll zu messen sind. Einen Algorithmus diese theoretische Arbeit zu überlassen, kann oft problematisch sein (und ist es immer, wenn man die Hauptkomponentenanalyse benutzt).

Den Beitrag (reliabilitatsanalyse-f14/cronbachs-alpha-fur-jede-skala-extra-t179.html) verstehe ich so: meine 2 Faktoren stellen 2 Subskalen eines Konstuktes da und ich prüfe für jede Subskala einzeln Cronbachs Alpha


Wenn du eine Hauptkomponentenanalyse gemacht hast, hast du keine Faktoren, sondern Häufchen. Damit ist die wesentliche Bedingung für alpha hinfällig.

In der anschließenden CFA prüfe ich, ob ich diese 2 Subskalen zu einer Skala zusammenfassen kann. Ist das korrekt?


Jetzt betrittst aber ein Minenfeld. Die CFA prüft, ob die verschiedenen Items reflektive Wirkungen ein und derselben latenten Variablen sind. Sie sagt dir nix über irgendwelche "Zusammenfassungen". Wenn x items eine einzige latente Variable messen, kann man sie zusammenfassen. Aber wozu?

In jedem Fall zielst du mit der Hauptkomponentenanalyse nicht auf latente Variablen ab, sondern wie oben ausgeführt auf Häufchen von items.

Grüße
Holger
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Nordlichtlein » Di 17. Apr 2012, 10:15

Mhm, jetzt bin ich endlos verwirrt...
Das was ich alles bisher gemacht habe, ist die vorgehensweise die im Buch Strukturgleichungsmodellierung von Weiber und Mühlhaus (2010) empfohlen wird.
Ich soll mit den Daten des Pretest die EFA durchführen, anbschließend Cronbachs Alpha berechnen etc etc...(in diesem Buch wird zur Extraktion allerdings die Hauptachsenanalyse verwendet, Backhaus et al (2011) empfehlen allerdings wie oben besprochen die Hauptkomponentenanalyse)

Besser: Entwickle eine theoretische Vorstellung, die sich an der Realität orientiert und messe diejenigen empirischen Variablen, die in Deiner (oder einer vorgegebenen) Theorie sinnvoll zu messen sind.

Ich habe mir zuvor viele Gedanken und viel Literaturrecherche betrieben um die Konstrukte und mögliche Variablen zu identifizieren...

Ich frage mich wieso mein eines Buch dann sagt, ich soll Cronbachs Alpha berechnen für die einzelnen Faktoren/Häufchen...das andere Buch (Backhaus et al) geht darauf beispielsweise nicht ein...die bilden nur "Häufchen"...
wem soll ich denn jetzt nun Glauben schenken?

Und nun weiss ich gerade wirklich nicht so recht weiter :-(
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Nordlichtlein » Di 17. Apr 2012, 10:29

Zusatz: Es ist ja nicht so, dass ich mir alles nur einfach "ausgedacht" habe...ich habe teilweise Items und Skalen aus bestehenden Fragebögen herangezogen...
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Holgonaut » Di 17. Apr 2012, 10:53

Hi Hanna,

Das was ich alles bisher gemacht habe, ist die vorgehensweise die im Buch Strukturgleichungsmodellierung von Weiber und Mühlhaus (2010) empfohlen wird.Ich soll mit den Daten des Pretest die EFA durchführen, anbschließend Cronbachs Alpha berechnen etc etc...(in diesem Buch wird zur Extraktion allerdings die Hauptachsenanalyse verwendet, Backhaus et al (2011) empfehlen allerdings wie oben besprochen die Hauptkomponentenanalyse)


Erst eine EFA zu machen und dann eine CFA ist nicht ganz so sinnvoll - egal ob in der selben Stichprobe, in einer zufälligen Hälfte, oder in einer neuen:
a) Die EFA enthält meist Doppelladungen, die in der CFA auf 0 fixiert werden - das kann schon eine Misspezifikation sein. Das heißt, du testest lediglich, ob diese Restriktionen korrekt sind. Hinzu testest du, ob die
Annahme unkorrelierter Messfehler hält.

b) Den wesentlichen Test, ob die Struktur stimmt (d.h. messen die items bestimmte latente Variablen), schwächst du ab. Es ist gut möglich, dass die EFA zu einer Lösung führt,
die falsch ist, die anschließende CFA dennoch fittet. Der Fit belegt diese Struktur aber nicht.

Wenn die Autoren die Hauptachsenanalyse empfehlen, ist das auf jeden Fall schon mal sinnvoller als die Hauptkomponentenanalyse. Der Hauptachsenanalyse liegt das common factor model zugrunde, die Hauptkomponentenanalyse bildet Häufchen.

Ich habe mir zuvor viele Gedanken und viel Literaturrecherche betrieben um die Konstrukte und mögliche Variablen zu identifizieren...


Warum gehst du dann überhaupt exploratorisch vor und machst nicht gleich eine CFA?

Ich frage mich wieso mein eines Buch dann sagt, ich soll Cronbachs Alpha berechnen für die einzelnen Faktoren/Häufchen...das andere Buch (Backhaus et al) geht darauf beispielsweise nicht ein...die bilden nur "Häufchen"...
wem soll ich denn jetzt nun Glauben schenken?


Weiber/Mühlhaus ist auf jeden Fall sinnvoller als Backhaus et al. Und nochmal: Alpha macht nur bei wirklichen Faktoren Sinn.

Zusatz: Es ist ja nicht so, dass ich mir alles nur einfach "ausgedacht" habe...ich habe teilweise Items und Skalen aus bestehenden Fragebögen herangezogen...


Das sagt leider gar nichts. Die meisten Skalen sind unzureichend getestet. Viele beruhen sogar auf der Hauptkomponentenanalyse mit allen oben beschriebenen Nachteilen.

Ich gehe immer so vor, dass ich mir die items einer "Skala" anschaue und versuche zu identifzieren, welche latenten Variablen da wohl drin stecken und ob alle für meine Fragestellung relevant sind. Wenn nein, nehm ich diejenigen items, die aller (theoretischen) Wahrscheinlichkeit die latente Variable von Interesse messen. Wichtig ist, dass alle items konzeptionell identisch sind und nicht "ein Thema betreffen", "einer domain entsprechen" etc.

Du kannst ja mal die Liste der items posten und etwas mehr zur Studie schreiben.

Grüße
Holger
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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Nordlichtlein » Di 17. Apr 2012, 12:24

Hallo Holger,
also, da in dem Weiber-Mühlhaus-Buch die EFA für die Pretestdaten, trotz reichlicher und sachlogischer Überlegungen, empfohlen wird, habe ich angefangen diese durchzuführen.

Kann ich, wenn ich der Meinung bin, dass meine Überlegungen ausreichend und begründet sind, sofort die CFA durchführen? Sollte ich das tun?

Welches Programm würdest du mir für die CFA empfehlen? AMOS?

Viele Grüße und wirklich vielen herzlichen Dank für deine Hilfe!

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Re: Berechnung Cronbachs Alpha bei EFA

Beitragvon Holgonaut » Di 17. Apr 2012, 13:50

Hi,

wenn du eine Vorstellung darüber hast, welche items welche latente Variablen messen, kannst du das Testen.

Das kannst du mit Amos machen oder mit R (www.lavaan.org).

Mach dich aber bereit, dass das nicht so reibungslos klappen wird.

Grüße
Holger
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