Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprüfung

Bivariate Korrelation, partielle Korrelation und Rangkorrelation.

Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprüfung

Beitragvon PeterPan1995 » Fr 10. Apr 2020, 13:03

Hallo zusammen,

ich führe für meine Masterthesis eine Vollerhebung durch mit ca. N=120 und ermittle mithilfe eines Tests / Fragebogens verschiedene
Kompetenzmerkmale: Wissen (Test) und verschiedene affektive Merkmale (Fragebogen, Ratingskalen 1-6).

Der Test ist im Single-Choice-Format, d. h. die Teilnehmer kreuzen von 4 Antwortmöglichkeiten jeweils eine Antwort an, 3 Antworten sind jeweils
Distraktoren. Aus der Summe der richtigen Antworten wird der Testscore ermitelt. Die affektiven Merkmale werden über Skalen gemessen.
Ca. 10-20 Variablen sind jeweils auf einer Skala enthalten. Ratingskalen fasse ich als metrisch auf, nicht ordinal. In der Literatur wird das so empfohlen.

a) Es wäre super, wenn mir jemand sagen könnte, ob ich die richtigen Maße berechne, um meine Hypothesen zu testen.
Meiner Ansicht nach handelt es sich ausschließlich um gerichtete Zusammenhangshypothesen (bitte korrigiert mich).

Meine Hypothesen lauten sinngemäß (inhaltlich leicht verändert) wie folgt:

H1: Teilnehmer an Maßnahme 1 haben ein höheres Wissen (gemessen über Testscore) als Teilnehmer an Maßnahme 2. (Es gibt insgesamt 2 Maßnahmen)
-> nominale und metrische Variable
-> Berechnung ETA-Koeffizient / Kreuztabelle
-> Zusätzlich Prüfung der Signifikanz und Ausgabe der Effektgröße

H2: Männliche Teilnehmer haben ein höheres Wissen (Testscore) als weibliche Teilnehmer.
-> nominale und metrische Variable
→ wie H1

H3: Hoher Wissensstand geht einher mit hoher Ausprägung einer affektiven Variable.
→ metrisch und metrisch
→ Die einzelen affektiven Variablen werden zunächst zu einer Gesamtvariable zusammengefasst (Mittelwert).
→ Korrelationskoeffizient nach Pearson

H4: Die Anzahl der Bücher im Haushalt der SuS korreliert positiv mit Wissen (Testscore).
→ ordinal und metrisch
→ Korrelationskoeffizient nach Kendall Tau / Spearman

Bei den Büchern konnten die Teilnehme keine Zahlen eingeben, sondern mehrere Bereiche auswählen, z. B. 0-5, 6-20 usw. Daher
habe ich ordinal als Messniveau ausgewählt.

b) Dann noch eine kurze Verständnisfrage zum Testscore: Wenn die Teilnehmer verschiedene Antworten ankreuzen müssen, handelt es sich dabei ja um
nominale (nicht dichotome) Variablen. Wenn ich nun mit den richtigen Antworten den Testscore berechne (einfach Summe der richtigen Antworten),
dann erhalte ich daraus ja eine metrische Variable, oder? Ich transformiere also nominale Variablen in eine metrische Variable. Ich meine in Statistik irgendwann
einmal gelernt zu haben, dass man "höherwertige" Skalen nur nach unten transformieren kann... (z. B. metrisch -> nominal, aber nicht umgekehrt).
Wahrscheinlich mache ich hier einen Denkfehler.

c) Letzte Frage: Ich bewege mich hier ja ausschließlich in der deskriptiven Statistik. Muss ich hier überhaupt induktive Statistik anwenden (Vollerhebung) oder reichen
meine Berechnungen, um jeweils die Nullhypothese vewerfen zu können? In der Literatur ist zu finden, dass man hier ausschließlich deskr. Statistik anwendet. Andere
Quellen sagen wiederum, man könne auch induktive Verfahren anwenden.
PeterPan1995
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Re: Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprü

Beitragvon PonderStibbons » Fr 10. Apr 2020, 13:16

H1: Teilnehmer an Maßnahme 1 haben ein höheres Wissen (gemessen über Testscore) als Teilnehmer an Maßnahme 2. (Es gibt insgesamt 2 Maßnahmen)
-> nominale und metrische Variable
-> Berechnung ETA-Koeffizient / Kreuztabelle
-> Zusätzlich Prüfung der Signifikanz und Ausgabe der Effektgröße

Wieso Kreuztabelle? Sieht nach einem ganz normalen Mittelwertvergleich aus.
Und wieso und wozu eta?
→ Die einzelen affektiven Variablen werden zunächst zu einer Gesamtvariable zusammengefasst (Mittelwert).
→ Korrelationskoeffizient nach Pearson

Das Zusammenfassen bezieht sich auf die Bildung der separaten Skalen?
Pearson klingt naheliegend.
Bei den Büchern konnten die Teilnehme keine Zahlen eingeben, sondern mehrere Bereiche auswählen, z. B. 0-5, 6-20 usw. Daher
habe ich ordinal als Messniveau ausgewählt.

Das passt.
Ich transformiere also nominale Variablen in eine metrische Variable.

Nein, Du aggregierst nominale Variablen zu einer neuen Variable. Die aggregierte Variable
weist andere Eigenschaften auf als ihre Bestandteile.
Muss ich hier überhaupt induktive Statistik anwenden (Vollerhebung) oder reichen
meine Berechnungen, um jeweils die Nullhypothese vewerfen zu können?

Deine Messungen stellen eine Stichprobe aus einem Universum möglicher jetziger und zukünftiger
Messungen dar, das heißt es gibt ein Zufallselement, insofern wäre Inferenzstatistik naheliegend.
Aber ob Du das wirklich machen solltest, besprichst Du mit Deinem Betreuer.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprü

Beitragvon PeterPan1995 » Fr 10. Apr 2020, 13:34

Herzlichen Dank für deine schnelle und ausführliche Antwort!

Wieso Kreuztabelle? Sieht nach einem ganz normalen Mittelwertvergleich aus.
Und wieso und wozu eta?


Die Teilnehmer konnten im Fragebogen anwählen, ob sie an Maßnahme 1 oder 2 teilnehmen. Daher habe ich das als nominale, dichotome
Variable interpretiert.

Den Zusammenhang zwischen einer nominalen und metrischen Variable (hier: Testscore) berechnet man anscheinend über den ETA-Koeffizienten, so habe ich es jedenfalls gelesen.
Hier wird es auch so gemacht:
https://www.youtube.com/watch?v=FwFByh36m8Y

Das Zusammenfassen bezieht sich auf die Bildung der separaten Skalen?
Pearson klingt naheliegend.


Ja, es gibt insgesamt 3 Skalen zu unterschiedlichen affektiven Merkmalen, die zu 3 Variablen zusammengefasst werden (jeweils Mittelwert).
Dann korreliere ich jeweils diese 3 Skalen mit dem Wissen der Teilnehmer.

Aber ob Du das wirklich machen solltest, besprichst Du mit Deinem Betreuer.


Okay, mache ich.

Gibt es eigentlich ein Lehrbuch, welches mir bei der Verschriftlichung / Darstellung der Ergebnisse hilft?
Ich habe nun schon einige Methodenbücher gelesen (Schnell / Esser; Döring / Bortz; Hug / Poscheschnik uvm.),
auch ein Buch zu SPSS (Bühl), aber nirgendwo gibt es Anhaltspunkte, wie man das nacher ordentlich präsentiert in der Arbeit.

Ich frage mich wirklich, wieso im Studium so wenig Fokus auf Methoden gelegt wurde, gefühlt weiß ich noch ca. 5% aus irgendwelchen
Statistik-Vorlesungen und bringe mir 95% selbst bei. Sehr sinnvoll, dass wir damals im 1. Semester Statistik hatten und dann gar nix mehr
im ganzen Bachelor (Uni). Im Master gabs dazu auch nur eine Veranstaltung.
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Re: Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprü

Beitragvon PeterPan1995 » Fr 10. Apr 2020, 14:00

Wieso Kreuztabelle? Sieht nach einem ganz normalen Mittelwertvergleich aus.
Und wieso und wozu eta?


Wäre stattdessen ein T-Test für unabhängige Stichproben besser geeignet?
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Re: Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprü

Beitragvon PonderStibbons » Fr 10. Apr 2020, 14:03

Wen Du einen Korrelationskoeffizienten zwischen Gruppe (2 Stufen) und einer
intervallskalierten Messung berechnen möchtest, dann ist das der Punkt-biseriale
Korrelationskoeffizient.
Wäre stattdessen ein T-Test für unabhängige Stichproben besser geeignet?

Das wäre eben der Mittelwertvergleich mit einem inferenzstatistischen Test.
Ob Du Inferenzstatistk durchführen wirst, steht noch nicht fest.

Gibt es eigentlich ein Lehrbuch, welches mir bei der Verschriftlichung / Darstellung der Ergebnisse hilft?

Stilistisch würde ich mich an den anderen empirischen Arbeiten
am selben Lehrstuhl orientieren.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprü

Beitragvon PeterPan1995 » Sa 11. Apr 2020, 11:08

Was mir noch in Bezug auf die oben aufgestellten Hypothesen zu denken gibt, ist mein Studiendesign.

Döring / Bortz unterscheiden explorative, deskriptive und explanative Studien. Ich kann meine Untersuchung nicht eindeutig zuordnen.

Ich habe meine Hypothesen auf Basis des Forschungsstands abgeleitet: Wenn z. B. Studie A, B und C einen Befund hervorbrachten,
habe ich daraus die Hypothese aufgestellt, dass das bei meiner Untersuchung auch so sein wird.

Dann ist es meiner Ansicht nach eine explanative Untersuchung, die auf Prüfung von Hypothesen abstellt. Aber die ganze deskriptive
Statistik ordnen die Autoren explorativen Studien zu. Nach deren Ansicht läuft eine explanative Studie immer auf Hypothesentests
und damit auf Inferenzstatistik hinaus.

Kann eine Prüfung von Hypothesen nur auf Basis von deskriptiver Statistik überhaupt stattfinden? Wie sieht es dann mit der Vergleichbarkeit
mit Studien aus, die keine Vollerhebungen gemacht haben, sondern Stichproben gezogen haben und diese Befunde auf Basis
von Inferenzstatistik ermittelt haben?
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Re: Auswahl der richtigen Korrelationsmaße zur Hypothesenprü

Beitragvon JRabe » Mi 28. Apr 2021, 23:42

Hallo☺️

"Ich transformiere also nominale Variablen in eine metrische Variable."

"Nein, Du aggregierst nominale Variablen zu einer neuen Variable. Die aggregierte Variable
weist andere Eigenschaften auf als ihre Bestandteile."

Ich habe das gleiche Problem (und auch ähnliche Hypothesen zu prüfen). Könntest du/ihr vielleicht nochmal erklären, welche Eigenschaften die neue Variable nun aufweist? Ich hätte jetzt auch gedacht, dass die Gesamtvariable nun metrisch ist.
Daher meine Fragen, wenn ich mehrere ordinale oder mehrere nominale Variablen mittels mittelwert zu einer Gesamtvariable zusammenfasse, ist diese Gesamtvariable dann metrisch?

LG und vielen Dank

LG Jenny
JRabe
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