Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Univariate Statistik.

Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon Elena25 » Mo 20. Aug 2018, 12:09

Hey liebe Community,

Ich hätte 2 Fragen, auf die ich bisher noch keine Antwort gefunden habe.

Was macht man eigentlich, wenn sich der Shapiro Wilk Test und das QQ-Diagramm bzw. Histogramm in ihren Aussagen unterscheiden? Wenn das eine Verfahren z.B Normalverteilung angibt, die Grafen aber alles andere als normalverteilt aussehen?

Ich habe recht kleine Stichproben, n<15,teilweise n<10 ist es dann nicht so, dass man eher seinen Augen trauen sollte, also der Grafik?. Es kommt total häufig vor, dass mir Shapiro ein nicht-signifikantes Ergebnis zeigt, aber meine Punkte total abweichen von der Geraden. Welches Verfahren hat die höhere Aussagekraft bei so kleinen Stichproben? wie soll ich mich letztlich entscheiden?

und dann noch eine weitere Frage,ich vergleiche zwei unabhängige Stichproben aktuell, Patienten mit Metastasen und Patienten ohne Metastasen auf die Änderung ihrer Laborwerte hin, dazu nutze ich sowohl den Mann-Withney-U-Test bei nicht-normalverteilten Gruppen, als auch den T-Test bei normalverteilten Stichproben, was wenn ich aber eine normalverteilte Gruppe habe und eine Nicht-Normalverteilte? dann auch den U-Test?

Vielen vielen Dank vorab für die Hilfe, ich habe schon so viel recherchiert, aber konnte bisher keine Antworten auf meine Fragen finden.

Liebe Grüße

Elena
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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 20. Aug 2018, 12:27

Was macht man eigentlich, wenn sich der Shapiro Wilk Test und das QQ-Diagramm bzw. Histogramm in ihren Aussagen unterscheiden? Wenn das eine Verfahren z.B Normalverteilung angibt, die Grafen aber alles andere als normalverteilt aussehen?

Kein statistischer Test Verfahren kann Normalverteilung angeben. Die grafischen Verfahren zeigen,
wie die Daten in der Stichprobe verteilt sind. Der Shapiro-Wilks testet die Nullyhothese, dass die
Stichproben-Daten aus einer pefekt normalverteilten Grundgesamtheit stammen. Damit testet er
zwar das, was tatsächlichvon Interesse ist (wie die Stichprobendaten verteilt sind, das ist eigentlich
egal, wichtig wäre es, die Verteilung in der Grundgesamtheit abschätzen zu können). Der Test zeigt
aber bei kleinen Stichproben auch dann einen "nichtsignifikanten" Effekt an, wenn die (Stichproben-)Daten
markant unnormal verteilt aussehen, einfach weil bei kleinen Stichproben die power niedrig ist und man
eine Nullhypothese schwer zurückweisen kann. Einen nicht-signifikanten Test mit dem Nachweis von
"Normalverteilung" zu verwechseln, ist zwar verbreitet, aber falsch.

und dann noch eine weitere Frage,ich vergleiche zwei unabhängige Stichproben aktuell, Patienten mit Metastasen und Patienten ohne Metastasen auf die Änderung ihrer Laborwerte hin, dazu nutze ich sowohl den Mann-Withney-U-Test bei nicht-normalverteilten Gruppen, als auch den T-Test bei normalverteilten Stichproben, was wenn ich aber eine normalverteilte Gruppe habe und eine Nicht-Normalverteilte? dann auch den U-Test?

Wenn n(Gesamt) > 30, dann kannst Du den t-Test (Welch-Test) nehmen. Wenn n < 30, dann
kannst Du Dir entweder die Residuen ansehen (ein t-Test ist exakt äquivalent einer
einfaktoriellen Varianzanalyse mit 2 Gruppen) oder sicherheitshalber stets U-Test rechnen.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon Elena25 » Mo 20. Aug 2018, 12:49

Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
habe ich das also richtig verstanden, du meinst also man sollte:

a) eher seinen Augen trauen, sprich einem QQ-Diagramm/Graphik etc... (wobei sich bei mir dann die Frage stellt, wie streng darf man so ein Diagramm beurteilen, bei so wenig Daten sehen die QQ-Diagramme fast nie "gut" aus...soll man dann toleranter sein was Normalverteilung anbetrifft um dann mehr mit T-Tests zu arbeiten, da diese besser/präziser/vorteilhafter sind, als nicht-parametrische Tests oder muss man bei so kleinen Stichproben eher davon ausgehen, dass Normalverteilung die meiste Zeit nicht vorliegt?

b) die Residuen ansehen, eine einfaktorielle Varianzanalyse durchführen.... könntest du mir das vielleicht genauer erklären? was muss ich da bei SPSS anwählen? und was sind da die Vorteile und Nachteile gegenüber einem U-Test

vielen Dank für die Hilfe!!!

Liebe Grüße

Elena
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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 20. Aug 2018, 13:27

Das Normalverteilungsproblem stellt sich bei n(Gesamt) < 30. In dem Fall bleibt einem zugleich nichts übrig, als die Grafiken zu checken, weil die Normalverteilungs-Tests zu geringe power haben. Bei n(Gesamt) < 20 favorisiere ich dann in der Regel "nonparametrische" Verfahren.
b) die Residuen ansehen, eine einfaktorielle Varianzanalyse durchführen.... könntest du mir das vielleicht genauer erklären? was muss ich da bei SPSS anwählen? und was sind da die Vorteile und Nachteile gegenüber einem U-Test

Dein Frage war, wie vorzugehen ist, wenn 1 Gruppe einen "signifikanten" und die andere einen "nichtsignifikanten" Shaprio-Wilk-Test hat? Mein Hinweis war, beim t-Test, wenn schon, dann nicht die Untergruppen, sondern die Residuen (Vorhersagefehler) des Gesamtmodells auf "Normalverteilung" zu testen. Wie man es auch bei einer einfaktoriellen oder sonstigen Varianzanalyse macht. Das hat mehr power.

Aber wenn man Deine Ausgangssituation nimmt, dann bedeutet die inferenzstatistisch verworfene Normalverteilung schon bei einer der beiden Gruppen, dass die Annahme "die Daten stammen aus normalverteilten Grundgesamtheiten" verletzt ist. Bei n > 30 kein Problem, bei kleinen Stichproben schon eher.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon bele » Mo 20. Aug 2018, 13:40

Du sprichst von n < 15 und manchmal n < 10 und Laborwerte sind normalerweise nicht normalverteilt. Nimm einfach immer den U-Test, dann bist aus der ganzen Federleserei mit QQ-Diagrammen mit nur 10 Punkten 'raus. Man kann anhand von 10 Werten nicht viel über deren Verteilung sagen und dazu solltest Du stehen.

LG,
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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon Elena25 » Mo 20. Aug 2018, 13:53

Vielen lieben Dank euch beiden!! :) (Bernhard du hattest mir glaube ich schon letztes Jahr weitergeholfen:))
Ich werde eure Ratschläge zu Herzen nehmen und jetzt eher non-parametrische Tests anwenden, außer die Normalverteilung springt mir direkt glasklar ins Auge. :)
Viele Grüße,
Elena
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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon Elena25 » Mo 20. Aug 2018, 14:08

Ach, eine kurze Frage hätte ich doch noch:)

wäre es statistisch korrekt, für Daten, die graphisch eben nicht normalverteilt aussehen (oder aussehen können, da n=7) dann NNV (nicht normalverteilt) in der Tabelle anzugeben oder muss man eher so etwas schreiben wie nb (nicht beurteilbar)?

LG
Elena
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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 20. Aug 2018, 14:15

So eine Tabelle ergibt doch von vornherein keinen Sinn. Zumindest bei kleinen Stichproben nicht, aber wohl auch sonst nicht. Egal aus welcher Art Grundgesamtheit die Daten dann stammen (und die Grundgesamtheit ist es wie gesagt, die eigentlich interesisert, nicht die Stichprobe), in der Stichprobe können sie durch Zufall dann alle möglichen Formen annehmen, erwünschte und unerwünschte.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon Elena25 » Mo 20. Aug 2018, 14:28

Aber muss man nicht irgendwie über seine Ergebnisse berichten? In meinem Fall muss der Leser doch zumindest sehen, dass ich trotz der wenigen Patienten, die ich in die Studie einschließen konnte, das Beste daraus gemacht habe, die Lagemaße ordentlich in eine Tabelle eingetragen habe und so weiter... was hätte ich denn für Alternativen außer diese Tabelle? Dass all das nicht wirklich auf die Grundgesamtheit schließen lässt und ein reines Zufallsprodukt ist, ist klar, aber dann dürfte man Studien, die so einen geringen Stichprobenumfang haben ja gar nicht durchführen? und gar nicht erst publizieren, weil sie ja rein gar nix zur allgemeinen Bereicherung beitragen, oder? aber man tut es doch ständig. Irgendwas denkt man sich ja dabei?
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Re: Shapiro-Wilk-Test oder QQ-Diagramm vertrauen?

Beitragvon PonderStibbons » Mo 20. Aug 2018, 15:30

Aber muss man nicht irgendwie über seine Ergebnisse berichten? In meinem Fall muss der Leser doch zumindest sehen, dass ich trotz der wenigen Patienten, die ich in die Studie einschließen konnte, das Beste daraus gemacht habe, die Lagemaße ordentlich in eine Tabelle eingetragen habe und so weiter...

Habe ich etwas über Lagemaße und so weiter gesagt? Ich wies nur darauf hin, dass sowohl grafische Inspektion als auch inferenzstatistische Tests der Normalverteilung bei so kleinen Stichproben keinen erkennbaren Sinn ergeben und darum auch nicht durchgeführt und daher auch nicht berichtet werden müssten.

Mit freundlichen Grüßen

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