STATISTIK-FORUM.de

[biancastra]

Hallo liebe StatistikerInnen,


ich weiß, dass die Standard Anfängerfragen sehr nerven können, kann jedoch nicht umhin welche zu stellen. Ich musste relativ kurzfristig von qualitativem auf quantitatives Untersuchungsdesign umstellen und hatte so gut wie nie Statistik. Ich bin gerade dabei mich einzulesen - und auch wenn es faszinierend ist, ist es stellenweise neben Arbeit, Masterarbeit und Freizeit etwas schwierig alles halbwegs "schnell" zu kapieren.

Kurz zu meiner Arbeit:
Ich erhebe Potenziale und Risiken der Nutzung sozialer Medien in der Gastronomie - genauer gesagt im Bereich Restaurants in der Stadt Wien. Nun ist lt. Statistik Austria mit Stichtag 31.12.2013 dafür eine Anzahl von 1.518 Restaurants registriert (dies ist die Grundgesamtheit). Ich habe (da eine gesamte Liste aller Restaurants nur gegen ein sehr hohes Entgelt zu erwerben ist) selber eine Datenbank erstellt und diese mit Daten aus Internetplattformen (z.B. Yelp) "gefüttert" und im weiteren Schritt Betriebsformen mit Bedienung (als Kriterium für Restaurant) gefüllt. Im Weiteren Schritt wurden inzwischen geschlossene Restaurants, Lieferservices, Restaurants in Hotels (da deren Social Media Betreuung nach Überprüfung immer mit dem Hotel gemeinsam gemacht wird), sowie Cafés, Imbissbuden etc eliminiert. Daraufhin bekam ich insgesamt 545 Restaurants, die nach meinen Kriterien für die Überprüfung geeignet waren.

Ich habe in der Datenbank auch Kontaktdaten erfasst und konnte somit erfolgreich an 388 Restaurants E-Mails mit dem Befragungslink verschicken (ursprünglich waren es etwas mehr Adressen, ein paar waren aber ungültig oder konnten nicht erreicht werden da ihr Mail Postfach voll war).


Somit habe ich wenn ich es richtig verstanden habe folgendes:
Grundgesamtheit: 1.518 Restaurants
für meine Überprüfung im zeitl. Rahmen mögliche Erhebung (sofern Daten dafür irgendwie online verfügbar waren): 545 Restaurants
versendete Emails: 388 Restaurants
bis jetzt erhaltene Interviews: 85 (65 wenn man sich nur gültige Daten bis zur letzten Seite ausgeben lässt).

Nun bin ich aber einfach komplett verwirrt. Ich habe ja somit eigentlich eine willkürliche Stichprobe gezogen (da ich ja irgendwie vorselektiert bzw. Kontaktdaten gesucht habe). Um signifikante Ergebnisse zu erzielen bräuchte ich ja um die 307 abgeschlossene Interviews (zumindest wenn ich mit einer GG von 1.518 Restaurants rechne) - dieses Ergebnis werde ich allerdings mit größter Wahrscheinlichkeit nicht erreichen. Inwiefern machen hier Auswertungen Sinn? Ich meine ich bin gerade etwas am Verzweifeln, weil mir nicht einfallen will wie ich meine Grundgesamtheit anders hätte erreichen können (außer halt Kontakte rauszusuchen) ... darf ich also beim Schreiben meiner Arbeit davon ausgehen dass ich z.B. schreiben muss "die Stichprobe wurde willkürlich gewählt, der Stichprobenumfang mit n=65 lässt allerdings keine signifikanten Rückschlüsse zu"


Ich weiß, diese Fragen sind für Statistik-Asse wahrscheinlich Peanuts (und nach meinem derzeitigen Gefühl wahrscheinlich auch für jeden halbwegs intelligenten Menschen auch, ich fühle mir nur derzeit selbst so dumm haha), würde aber trotzdem bitten falls es jemanden freut hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen.


Vielen vielen Dank

[PonderStibbons]

Hallo liebe StatistikerInnen,

Da muss ich Dich gleich enttäuschen, die gibt es hier leider nicht.

ich weiß, dass die Standard Anfängerfragen

Witzigerweise sind Fragen, die Anfänger "einfach" nennen,
in aller Regel nicht einfach. (SCNR)

Um signifikante Ergebnisse zu erzielen bräuchte ich ja um die 307 abgeschlossene Interviews (zumindest wenn ich mit einer GG von 1.518 Restaurants rechne)

Was meinst Du konkret mit "um signifikante Ergebnisse zu erzielen"?
Und wie kommt die exakte Zahl 307 zustande?

Inwiefern machen hier Auswertungen Sinn?

Um das zu beantworten, wäre es erforderlich, etwas über Studienziel und
Fragestellung zu wissen und was das so erhoben wurde.

Ich weiß, diese Fragen sind für Statistik-Asse wahrscheinlich Peanuts

Dazu müsstest Du eine konkrete Frage stellen. "Macht das Sinn" ist zu
diffus. Und "Peanuts" wird das allenfalls, wenn ausreichend Informationen
gegeben wurden. Wie gesagt wären Studienziel und Fragestellung ein
Anfang.

Mit freundlichen Grüßen

P.

[biancastra]

Erstmals vielen Dank für die Antwort!


Studienziel ist die Erhebung der (subjektiven) Einschätzungen der Potenziale und Risiken des Nutzens sozialer Medien für Restaurants. Also generell eine Erhebung der Faktoren die
a) den Einsatz sozialer Medien in der Gastronomie hemmen (quasi Risiken, die theoriebasiert in Kategorien wie "Datenmissbrauch", "Verlust der Privatsphäre" reinfallen und als Items mit 5-stufiger Auswertung von "stimme voll zu" bis "stimme gar nicht zu" erhoben werden)
b) den Einsatz sozialer Medien in der Gastronomie fördern (analog Potenziale, ebenfalls theoriebasierte Kategorien)

d.h. ich erhebe eigentlich Einstellungen/Nutzen.

Befragt werden sowohl Social Media Nutzer als auch Nicht Social Media Nutzer.

Hypothesen sind unter anderem (nur zur Verdeutlichung um was es geht):
1) Social Media Tätigkeiten werden überwiegend von Personen in Führungspositionen übernommen
2) Restaurants die Social Media NICHT nutzen haben ein höheres Risikoempfinden als Restaurants die Social Media nutzen

Risiken (Items) werden also umcodiert in "niedriges Risikoempfinden" "indifferent" bzw. "niedriges Risikoempfinden" analog wieder für Potenziale das selbe.


Jetzt zu deinen Anmerkungen:
Ich habe mit Hilfe mehrerer Kriterien (die ich nat. in der Arbeit genau beschreibe um die Ergebnisse (halbwegs) reproduzierbar zu machen (zumindest in der Theorie) nun 545 Restaurants ausgewählt, die an meiner Befragung teilnehmen könnten (dh die Grundgesamtheit aller Restaurants in Wien mit 1.518 ist bei mir sowieso nicht gültig, da ich ja nur die Bezirke 1-9 betrachte. Ich habe damit eigentlich eine Grundgesamtheit (allerdings ungenau, da ich die genauen Werte nicht kenne) die ungefähr 890 Restaurants beträgt, ich aber wie erwähnt mit Hilfe mehrer Kriterien auf 545 Restaurants reduziert habe).

Nun ist meine Frage - darf ich hier von einer Grundgesamtheit = 545 ausgehen oder muss ich =890 nehmen?
Kontaktdaten habe ich 406 (von 545), erreicht (aufgrund von falschen e-Mail Adressen, Quoten überschritten etc) habe ich 388 Restaurants.

Die "benötigte Stichprobengröße" habe ich mit Hilfe dieser Seite berechnet: http://www.gmi-mr.de/solutions/sample-s ... ulator.php
Die Werte ergeben für GG(890)=269
für GG(545)=226

gibt dieser Wert nun an wie viele ich (theoretisch) erreichen muss oder wie viele tatsächlich antworten müssen?

Wenn ich sie nur (theoretisch) erreichen müsste, wäre dies ja erfüllt, da ich 388 Restaurants erreicht habe. Wenn sie tatsächlich antworten müssen ist dies allerdings nicht erfüllt, da derzeit 85 (66 bis zur letzten Seite ausgefüllte) Interviews vorliegen.

Ich hoffe ich habe mich nun etwas klarer ausgedrückt, ist gar nicht so leicht wie man denkt.

[PonderStibbons]

Nun ist meine Frage - darf ich hier von einer Grundgesamtheit = 545 ausgehen oder muss ich =890 nehmen?

Das ist eine Frage Deiner eigenen Zielgruppendefinition.

Die "benötigte Stichprobengröße" habe ich mit Hilfe dieser Seite berechnet: http://www.gmi-mr.de/solutions/sample-s ... ulator.php
Die Werte ergeben für GG(890)=269
für GG(545)=226

Soweit ersichtlich, betrifft das Deine Studie nicht. Du machst ja
in dem Sinne keine Umfrage sondern testest Zusammenhangshypothesen.
Dein Problem ist erstmal nicht so sehr Stichprobengröße, sondern ob Du
durch (Selbst-)Selektion mit einer resultierenden Stichprobe zu tun hast,
die ganz anders geartet sein könnte als die Nichtteilnehmer-Gruppe.

Mit freundlichen Grüßen

P.

[biancastra]

vielen vielen lieben Dank für die Antwort, das hilft mir schon etwas weiter....


wenn ich allerdings die Korrelation teste kommt mir das immer so wenig vor - noch dazu wenn (falls ich das bis jetzt richtig gemacht habe) nie signifikante Zusammenhänge rauskommen. Meinem Empfinden nach ist irgendwie die ganze Umfrage vermurkst weil wenig aussagekräftig (natürlich sind Aussagen wie "Die Nutzung sozialer Medien hat keine positive Korrelation mit der Führungsebene" auch Aussagen aber ich habe irgendwie das Gefühl wenn alle meine Alternativhypothesen abzulehnen sind hätt ich mir die Umfrage ja sowieso sparen können).

Trotzdem vielen lieben Dank!

[PonderStibbons]

noch dazu wenn (falls ich das bis jetzt richtig gemacht habe) nie signifikante Zusammenhänge rauskommen.

An der Stichprobengröße liegt das aber nicht, mit n=66 bis 85
kann man schon ordentlich arbeiten.

Meinem Empfinden nach ist irgendwie die ganze Umfrage vermurkst weil wenig aussagekräftig (natürlich sind Aussagen wie "Die Nutzung sozialer Medien hat keine positive Korrelation mit der Führungsebene" auch Aussagen aber ich habe irgendwie das Gefühl wenn alle meine Alternativhypothesen abzulehnen sind hätt ich mir die Umfrage ja sowieso sparen können).

Kann ich nicht beurteilen. Ich bin durchaus ein Freund von
"nicht-signifikanten" Ergebnissen.

Mit feundlichen Grüßen

P.

[biancastra]

Ich bin ja auch schon fast ein bisschen peinlich - hab gestern noch mal einen U-Test gemacht (weil AV = dichotom) und meine Skalen als Summenwerte gebildet - et voilá dann sind doch sehr signifikante Ergebnisse rausgekommen. Fazit: Statistik sollte eigentlich viel mehr an den Unis gelehrt werden, finde es schade wenn man - so wie ich - wirklich gar keine Grundlagen hat. Wie dem auch sei, jetzt bin ich jedenfalls auf dem richtigen Weg. Dazu hat vor allem das Beiträge durchlesen im Forum sehr geholfen.

Ich möchte mich auch bei dir noch mal herzlich für deine Antworten bedanken, die haben sehr viel Licht ins Dunkel gebracht!


Lg, Bianca