Mann-Whitney-U bei pH-Wert

Mann-Whitney-U bei pH-Wert

Beitragvon sabrina1987 » Mi 24. Okt 2018, 13:28

Hallo alle miteinander,
kurz vorneweg: Ich bin Statistik-Unerfahren, wegen meiner Dissertation (die ich seit mehreren Jahren vor mir herschiebe) natürlich unbedingt darauf angewiesen und mittlerweile leider verzweifelt. Ich versuche, die Anfrage anhand der Richtlinien des Forums so gut wie möglich zu gestalten und danke schonmal im Voraus für jegliche Hilfe!
Nach der Datenerhebung war ich mit einem Statistiker der Uni in Kontakt (Leider nicht im Voraus, auf unbedingten Wunsch meines Betreuers), der mir sagte, für jegliche Vergleiche von absoluten Werten eigne sich hier lediglich der Mann-Whitney-U-Test, für Vergleiche von Häufigkeiten (beispielsweise von Nebenwirkungen) der Chi-Quadrat-Test. Mehr "Statistik" habe ich dann auch nicht "gemacht" ;-)

Konkreter Fall: Prospektive Studie, in der 50 Patienten randomisiert, nicht kontrolliert in zwei Behandlungsgruppen (Verfahren a oder b) eingeteilt und bzgl. diverser Parameter (welche vor der Behandlung T0, sowie zu 3 Zeitpunkten nach der Intervention T1, T2 und T3 erhoben wurden) verglichen wurden mit der Fragestellung, ob beide Verfahren einen ähnlichen Effekt erbringen (und nicht, ob eins der Verfahren besser ist). Jeweils 2 Patienten wurden aus Gründen ausgeschlossen, somit stehen Daten von je 23 Patienten zur Auswertung.
Die Testung habe ich mit SPSS gemacht, nach einigem reinfuchsen bin ich damit zurechtgekommen.

Ein Problem habe ich nun bei der Variable pH-Wert (des Blutes), wenn ich stupide den U-Test anwende. Vielleicht darf ich die Werte kurz aufzeigen, es handelt sich hierbei um Mediane und in Klammern den Interquartilabstand (Ich hab das mit den Codes nicht geschafft :-( und hoffe, man kann es trotzdem lesen)
Verfahren a Verfahren b p-Wert
T0 7,43 (0,0) 7,43 (0,0) 0,034
T1 7,37 (0,0) 7,34 (0,0) 0,033
T2 7,39 (0,0) 7,37 (0,0) 0,007
T3 7,41 (0,0) 7,41 (0,0) 0,605

Rein subjektiv erscheinen die p-Werte absurd, dies wurde auch von meinem Betreuer bemängelt und irgendwann hat es klick gemacht: Natürlich handelt es sich beim pH-Wert um den negativen dekadischen Logarithmus der Protonenkonzentration im Blut, also der Wasserstoffjonen... Es ist also kein Parameter mit Nullpunkt, ist nicht-linear (da logarithmisch...)
Besonders relevant ist das ganze natürlich, da sich hierbei (bei offensichtlich falscher Testung) signifikante Unterschiede (bei klassischem 95% Signifikanzniveau) ergeben.
Ich würde diese Arbeit so gerne endlich fertig bekommen. Der Statistiker von damals arbeitet nicht mehr an der Uni, ich lebe mittlerweile in einer anderen Stadt und müsste mich für ein Promotionsstudium einschreiben, um "offizielle" Hilfe zu bekommen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand helfen könnte!

Vielen Dank bereits für jegliche Antworten und einen schönen Tag! Wenn ich weitere Infos oder etwas besser oder ausführlicher darstellen muss, jederzeit!
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Re: Mann-Whitney-U bei pH-Wert

Beitragvon bele » Mi 24. Okt 2018, 13:40

Hallo Sabrina,

was an Deinen Daten sehr merkwürdig aussieht, sind die einheitlichen Interquartilsabstände von 0,0 - ich denke, Du hast einfach vergessen, diese hier einzutragen? Was genau findest Du an den p-Werten absurd? Gleiche Mediane widersprechen keinesfalls einem signifikanten U-Test - der Untersucht Ränge und nicht Mediane. Auch braucht ein U-Test m. W. keinen natürlichen Nullpunkt.

Kannst Du das mit den Nullen in den Klammern noch auflösen und erklären, was an den p-Werten absued sein soll?

LG,
Bernhard

Nachtrag, ein künstliches Beispiel. Gemessen seien folgende Beobachtungen in Gruppe A und B
A: 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 10, 20, 20, 20, 20, 20, 30, 40
B: 7, 8, 9, 9, 9, 9, 9, 10, 90, 90, 90, 90, 90, 99, 99

Du siehst leicht, wie ich die Gruppen konstruiert habe und es kann keinen Zweifel daran geben, dass die Werte in Gruppe B systematisch größer sind als die in Gruppe A. Dennoch haben beide Gruppen einen Median von 10: Gleicher Median, trotzdem signifikanter U-Test!
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Re: Mann-Whitney-U bei pH-Wert

Beitragvon sabrina1987 » Mi 24. Okt 2018, 14:02

Ahm... ich glaube, es ergibt sich gerade etwas in meinem Kopf...
Danke für deine Anmerkungen, bele. Die fingierte Zahlenreihe macht natürlich Sinn, prinzipiell ist mir die Bedeutung des Median bewusst (und dass eine völlig unterschiedliche Verteilung bei gleichem Median möglich ist). Die 0,0 als IQR waren tatsächlich so gemeint und mit der Hauptgrund, warum ich irritiert war (das hatte ich nicht genau geschrieben). Diese IQR muss ich irgendwann mal errechnet haben (oder SPSS hat sie mir mal ausgespuckt? Ich weiß es nicht mehr) und habe sie dann einfach hingenommen. Jetzt hab ich auf dein Anraten nochmal in meine Excel-Tabelle mit den gesammelten Daten geschaut und wenn ich da die IQR per Funktion anzeigen lasse, erhalte ich tatsächlich realistische Werte (liegen alle im Bereich von 0.02 - 0.05, zur Erklärung: In diesem Bereich verändert sich der pH-Wert im vorliegenden Beispiel überwiegend).

Also ist mein Fehler, dass ich irgendwann mal falsche IQR berechnet/übernommen habe, diese nicht mehr hinterfragte und jetzt alles plötzlich Sinn macht?!?!?! OMG FML :lol: :lol: :lol:

Leider kann ich hier irgendwie keine Bilder hochladen, deshalb das Boxplot als Link:
https://photos.app.goo.gl/eyAki5N6581bTHRq5
Ich war halt völlig irritiert, wie bei der Verteilung der Werte IQR von 0,0 rauskommen kann und dachte, es muss am logarithmischen Wert liegen...

Also nochmal zur Vollständigkeit: Den pH-Wert darf ich also genauso wie einen linearen Parameter mit Nullpunkt zur Testung mit dem U-Test hernehmen?

Oh Mann, wenn es das gewesen ist, dann fällt mir gerade ein großer Stein vom Herzen!
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Re: Mann-Whitney-U bei pH-Wert

Beitragvon bele » Mi 24. Okt 2018, 14:19

sabrina1987 hat geschrieben:Also ist mein Fehler, dass ich irgendwann mal falsche IQR berechnet/übernommen habe, diese nicht mehr hinterfragte und jetzt alles plötzlich Sinn macht?!?!?!


Eher nicht, die Werte waren ja richtig. Sie sind nur viel zu grob gerundet worden. Das ist so, als würdest Du Körpergröße messen und dass dann auf ganze 10 Meter rundest.

Ich war halt völlig irritiert, wie bei der Verteilung der Werte IQR von 0,0 rauskommen kann und dachte, es muss am logarithmischen Wert liegen...


Wir nennen es Homöostase, und wenn es sich um den Blut-pH handelt - da legt unser Köper größten Wert drauf, den zu stabilisieren.

Also nochmal zur Vollständigkeit: Den pH-Wert darf ich also genauso wie einen linearen Parameter mit Nullpunkt zur Testung mit dem U-Test hernehmen?


Ich weiß nicht, was ein linearer Parameter sein soll, aber ich sehe erstmal keinen Grund, warum man pH-Werte nicht mit einem U-Test vergleichen sollte. Da Du das aber zu jedem Zeitpunkt extra machst, steigt das Risiko falsch-positiver Testergebnisse. Belies Dich mal zum Thema Alphafehlerkummulation bzw. Bonferroni-Korrektur. Ich sage nicht, dass Du eine Bonferronikorrektur machen sollst, aber dass Du Dir des damit addressierten Problems bewusst werden und das bei Deiner Interpretation und bei einer mündlichen Verteidigung berücksichtigen solltest.

LG,
Bernhard
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Re: Mann-Whitney-U bei pH-Wert

Beitragvon sabrina1987 » Mi 24. Okt 2018, 14:41

sabrina1987 hat geschrieben:Also ist mein Fehler, dass ich irgendwann mal falsche IQR berechnet/übernommen habe, diese nicht mehr hinterfragte und jetzt alles plötzlich Sinn macht?!?!?!


Eher nicht, die Werte waren ja richtig. Sie sind nur viel zu grob gerundet worden. Das ist so, als würdest Du Körpergröße messen und dass dann auf ganze 10 Meter rundest.

Aaaaaaaaaaah, na logisch :oops:

Also nochmal zur Vollständigkeit: Den pH-Wert darf ich also genauso wie einen linearen Parameter mit Nullpunkt zur Testung mit dem U-Test hernehmen?

Ich weiß nicht, was ein linearer Parameter sein soll, aber ich sehe erstmal keinen Grund, warum man pH-Werte nicht mit einem U-Test vergleichen sollte. Da Du das aber zu jedem Zeitpunkt extra machst, steigt das Risiko falsch-positiver Testergebnisse. Belies Dich mal zum Thema Alphafehlerkummulation bzw. Bonferroni-Korrektur. Ich sage nicht, dass Du eine Bonferronikorrektur machen sollst, aber dass Du Dir des damit addressierten Problems bewusst werden und das bei Deiner Interpretation und bei einer mündlichen Verteidigung berücksichtigen solltest.

Ach, Sorry, den Begriff "linearer Parameter" gibt es so nicht. Ein Konstrukt in meinem Kopf. Aber das beruhigt mich erstmal und ich bin so erleichtert!
Vielen Dank Bernhard, du hast mir ECHT geholfen!!!
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