STATISTIK-FORUM.de

[Adrien9449]

Liebe Alle,

Ich plane eine Interventionsstudie, bei der ich den Effekt einer 5-wöchigen Intervention auf mehrere Outcome-Variablen untersuchen möchte. Vom Studiendesign bietet sich hier eine RCT an, um den Effekt der Experimentalgruppe mit der Kontrollgruppe zu vergleichen. Das Problem ist hierbei, dass die Anzahl der Personen mit dem Merkmal, welches ich untersuchen möchte sehr klein ist, ich rechne mit 60-100 Personen, die ich für die Teilnahme rekrutieren kann. Ebenfalls werden die Teilnehmenden "tröpfchenweise" an der Studie teilnehmen, da es sich um ein klinisches Setting handelt.
Allgemein ist das Forschungsthema kaum untersucht und die Fragebögen, die ich verwenden möchte, wenig angewendet.

Meine Fragen sind deswegen:
- Soweit ich verstanden habe, macht eine RCT bei einer Interventionsstudie grundsätzlich Sinn. Hinsichtlich meiner kleinen Stichprobe, gibt es andere Studiendesigns die sich mehr anbieten?
- Da es bisher in dem Forschungsbereich keine Interventionsstudie gibt, kann ich den zu erwartenden Effekt der Intervention auf die Main Outcome Variable schlecht schätzen. Was sollte ich für einen Effekt angeben, um eine Power Analyse durchzuführen?

Vielen Dank für eure Hilfe und viele Grüsse
Adrien

[bele]

Hallo Adrien,

wenn es in Deinem Forschungsbereich bisher keine randomisierten Studien gibt, dann ist es eine super Sache, die erste dieser Art zu machen. Oft gibt es Gründe, warum das noch keiner vorher gemacht hat. Ob Deine Probanden/Patienten/Klienten bereit sind, sich randomisieren lassen, musst Du einschätzen. Noch besser wäre es, Therapie oder Beurteilung zu verblinden, wenn das geht.

Wie gesagt: Oft gibt es Gründe, warum das noch kein anderer gemacht hat. Wenn das eine Qualifizierungsstudie ist, sprich mit Deinem Betreuer, ob eine Studie mit einer deutlich kleineren Teilnehmerzahl als "Feasibility Study" auch zu zu Deiner Qualifizierung führen würde.

Was die Poweranalyse angeht: Das ist eine schwarze Kunst und nirgends wird soviel gelogen wie hier: Mit welchen Effektstärken Du rechnen kannst weißt Du nicht, weil Effekstärken abstrakte Größen sind, für die man keine Intuition hat. Deine Intuition sagt Dir aber, dass Du mit den 60 bis 100 schon was anfangen kannst. Wenn Du 60 bis 100 Personen einschließen kannst, dann berechne rückwärts welche Effektstärke bei 70 Teilnehmern die gewünschte Power erreicht und runde diesen Wert. Danach behauptest Du in der Poweranalyse, dass Du genau diese Effektstärke finden wolltest. Ist das ehrlich? Nein. Aber es gehört zum Ritus. In Wirklichkeit weißt Du halt jetzt schon, wieviele Leute infrage kommen und dass Du aus diesen das Maximum an erhältlicher Information gewinnen willst. Deshalb ist das Vorgehen so 'rum viel natürlicher.

LG,
Bernhard

[Adrien9449]

Hallo Bernhard,

Vielen Dank für deine Unterstützung! In der Tat gibt es in meinem Bereich noch keine randomisierten Studien, darum möchte ich auch unbedingt eine RCT wenn möglich durchführen.

Wenn das eine Qualifizierungsstudie ist, sprich mit Deinem Betreuer, ob eine Studie mit einer deutlich kleineren Teilnehmerzahl als "Feasibility Study" auch zu zu Deiner Qualifizierung führen würde.

Es soll eine Doktorarbeit werden. Das mit der Feasibility Study habe ich mir auch schon überlegt. Ich habe aber schon gelesen, dass das in Vorbereitung für eine grössere Studie möglich ist, aber solo eher nicht. Ich klär das aber mal ab.

Was die Poweranalyse angeht: Das ist eine schwarze Kunst und nirgends wird soviel gelogen wie hier: Mit welchen Effektstärken Du rechnen kannst weißt Du nicht, weil Effekstärken abstrakte Größen sind, für die man keine Intuition hat. Deine Intuition sagt Dir aber, dass Du mit den 60 bis 100 schon was anfangen kannst. Wenn Du 60 bis 100 Personen einschließen kannst, dann berechne rückwärts welche Effektstärke bei 70 Teilnehmern die gewünschte Power erreicht und runde diesen Wert. Danach behauptest Du in der Poweranalyse, dass Du genau diese Effektstärke finden wolltest. Ist das ehrlich? Nein. Aber es gehört zum Ritus. In Wirklichkeit weißt Du halt jetzt schon, wieviele Leute infrage kommen und dass Du aus diesen das Maximum an erhältlicher Information gewinnen willst. Deshalb ist das Vorgehen so 'rum viel natürlicher.

Haha ja, ich glaub so werde ich es machen müssen. Zwar sicher nicht die feinste Art, aber wenn es halt quasi keine Forschungsgrundlagen gibt, sicher die sinnvollste.

Danke nochmals und Grüsse
Adrien

[bele]

aber wenn es halt quasi keine Forschungsgrundlagen gibt, sicher die sinnvollste.

Das sehe ich anders. Du hast klinisch den Verdacht, dass der Effekt der Behandlung so groß ist, dass Du ihn mit 60 Patienten nachweisen kannst. Warum soll das eine schlechtere Forschungsgrundlage sein als die Festlegung, dass Effektstärke 0,6 die Grenze des prüfenswerten darstellt? Das eine ist so subjektiv wie das andere, bloß dass eins von beidem besser zur menschlichen Anschauung passt.

Ich finde nicht, dass dieser Ansatz der schlechtere ist, aber die Ethikkommission wird den anderen sehen wollen (falls das eine medizinische Arbeit ist).

Viel Erfolg,
Bernhard

[strukturmarionette]

Hi,

In der Tat gibt es in meinem Bereich noch keine randomisierten Studien, darum möchte ich auch unbedingt eine RCT wenn möglich durchführen.

- wie kann in Deinem Eingangsposting 'tröfchenweise' Teilnahme verstanden werden?


Gruß
S.

[Adrien9449]

Hi,

In der Tat gibt es in meinem Bereich noch keine randomisierten Studien, darum möchte ich auch unbedingt eine RCT wenn möglich durchführen.

- wie kann in Deinem Eingangsposting 'tröfchenweise' Teilnahme verstanden werden?


Gruß
S.

Hallo, die Teilnahme und die Stichprobe der Studie (bzw. Fragen dazu) habe ich hier beschrieben.

Viele Grüsse
Adrien