Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Fragen zur Planung einer Untersuchung oder eines Projekts.

Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon Er.Es. » Sa 26. Aug 2023, 00:07

Liebe Statistik-Profis,

Weil ich im letzten Moment nun doch noch einmal etwas ändern musste an meinen Fragestellungen, bin ich nun wieder auf der Suche nach einem passenden Verfahren und konnte mir mit Fragen an mein Statistikbuch und Google nicht selbst helfen. Da ich gute Erfahrungen gemacht habe, wende ich mich nun erneut an liebe Leute, die sich viel besser mit Statistik auskennen.

Ich versuche kurz alles auf den Punkt zu bringen:
Mein Ziel ist es rauszufinden, ob sich Burnout über die Zeit verändert. Ich habe drei Zeitpunkte, an denen Burnout Werte gemessen wurden (T1, T2, T3). Da ich festgestellt habe, dass ich zum Zeitpunkt T2 hergeleitet die Fragestellung formulieren kann aber zum Zeitpunkt T3 nur explorativ untersuchen kann, in welche Richtung sich Werte dort verändern, muss ich mit die Zeitpunktkombis einzeln ansehen. Mir würde also nicht ein einzelner Wert zur Veränderung über alle drei Messzeitpunkte reichen, sondern ich muss rausfinden können, beispielsweise im Vergleich zum 1.Messzeitpunkt, ob Burnout zum 2. Messzeitpunkt gestiegen ist oder nicht. und gleiches dann für den 3. Messzeitpunkt.

Nun habe ich das Problem, dass ich zwischen den Zeitpunkten unterschiedlich lange Abstände habe, weshalb eine ANOVA bzw. ANCOVA nicht in Frage kommt. Zudem habe ich auch Kontrollvariablen Geschlecht, Alter und Familienstand, die ich mit aufnehmen möchte, um mögliche Konfundierungen auszuschließen. Das bedeutet, ein t-Test für abhängige Stichproben für jede Zeitkombi fällt auch flach.
Mein ursprünglicher Plan war eigentlich dafür ein Mehrebenenmodell zu rechnen, wo ich dann für alle drei Zeitpunkte unter Einbezug der Kontrollvariablen gesehen hätte, ob die Burnout-Symptomatik über die drei Zeitpunkte ansteigt oder nicht. Da ich nun aber den Zeitpunkt 3 getrennt anschauen muss, weiß ich nicht ob das trotzdem funktioniert.
Meine Fragen sidn also:
a) Kann man in einem Mehrebenenmodell sehen, wie die einzelnen Veränderungen von T1 zu T2, von T1 zu T3 oder von T2 zu T3 sind? Z.B. durch die Dummycodierung der einzelnen Zeitpunkte oder so? Ich kenne mich mit Mehrebenenmodellen leider noch weniger aus, als mit den anderen Verfahren.
b) Könnte man denn als Lösung auch je ein Mehrebenenmodell ansetzen für die Veränderung von T1 zu T2 plus Kontrollvariablen, danach dann T1 zu T3 plus Kontrollvariablen und zum Schluss noch eins mit T2 zu T3 plus Kontrollvariablen, um jeweils die Veränderungen beurteilen zu können? Sprich, funktioniert ein Mehrebenenmodell für Messwiederholungen auch, wenn es nur 2 Messwiederholungen sind? (In der Literatur findet man nur Beispiele für 3 oder sogar wesentlich mehr Messwdh.)
c) Falls es noch was anderes wesentlich besseres gibt, was ich rechnen könnte und ich gerade einfach den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe, bitte verratet es mir.


Ich freue mich wie immer auf Unterstützung und hilfreiche Tipps!

Mit freundlichen Grüßen,
Er.Es.
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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon PonderStibbons » Sa 26. Aug 2023, 09:02

Du kannst entsprechend Deiner Fragestellung Varianzanalysen für Messwiederholungen machen,
eine globale mit allen drei Zeitpunkten und/oder zwei oder drei Analysen mit je 2 Zeitpunkten.
Das alles unter Einbezug der Kovariablen.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon Er.Es. » Sa 26. Aug 2023, 11:08

Vielen Dank für die Antwort!

Das mit den einzelnen Varianzanalysen klingt nach einem guten Plan!
Die globale Varianzanalyse würde durch die unterschiedliche großen Zeitabstände dazwischen leider nicht funktionieren, zumindest laut Lehrbuch. Darum hatte ich wegen diesem Mehrebenenmodell überlegt.
Aber sag mal, so ein Mehrebenenmodell mit je nur zwei Messzeitpunkten würde also nicht klappen? (Hatte nur überlegt, dass es zusätzlich den Vorteil hätte auch mit fehlenden Werten umgehen zu können.) Ich frag einfach nur nochmal aus Interesse und zur Absicherung, dass ich es richtig verstanden habe. Dazu konnte ich leider nichts finden in der Literatur.

Wenn ich dann also mehrere Varianzanalysen rechne, muss ich dann für multiples Testen korrigieren? Gibt es da bei Varianzanalysen irgendeine Empfehlung?

Mit freundlichen Grüßen,
Er.Es.
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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon Er.Es. » Sa 26. Aug 2023, 11:53

Achso eins habe ich noch vergessen:
Können Varianzanalysen mit Messwiederholungen auch nur mit zwei Messzeitpunkten berechnet werden? Man liest überall immer nur, dass Varianzanalysen mit Messwdh. für drei oder mehr Zeitpunkte gerechnet werden können. Das verunsichert mich etwas.



Mit freundlichen Grüßen,
Er.Es.
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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon PonderStibbons » Sa 26. Aug 2023, 12:04

Die globale Varianzanalyse würde durch die unterschiedliche großen Zeitabstände dazwischen leider nicht funktionieren, zumindest laut Lehrbuch.

Dann enthält das Werk an dieser Stelle Quatsch, mit Verlaub gesagt.
Aber sag mal, so ein Mehrebenenmodell mit je nur zwei Messzeitpunkten würde also nicht klappen?

Kannst Du auch machen, Messwiederholungsvarianzanalysen sind halt einfacher.
Zumindest, solange es wenig bis keine Missing Values in der abhängigen Variable gibt.

Wenn ich dann also mehrere Varianzanalysen rechne, muss ich dann für multiples Testen korrigieren? Gibt es da bei Varianzanalysen irgendeine Empfehlung?

Meine eigene Vorgehensweise wäre, einen Globaltest mit 3 Zeitpunkten zu rechnen und sofern dieser statistisch
signifikant wird, unkorrigierte spezifischere Analysen mit 2 Zeitpunkten. Aber wenn Du auf den globalen Test
verzichtest, ist es eine Frage Deiner Beurteilung, ob Fehler 1. oder Fehler 2. Art schwerwiegender wären.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon PonderStibbons » Sa 26. Aug 2023, 12:05

Er.Es. hat geschrieben:Können Varianzanalysen mit Messwiederholungen auch nur mit zwei Messzeitpunkten berechnet werden?

Das war doch eben gerade meine Empfehlung.
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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon Er.Es. » Sa 26. Aug 2023, 12:52

Hab vielen lieben Dank für deine erneute Antwort!
Das erweitert meinen kleinen statistischen Horizont etwas und hilft mir erneut weiter.

Ich wünsche noch ein schönes Wochenende.
Mir freundlichen Grüßen,
Er.Es.
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Re: Suche passendes Verfahren für Messwiederholungsdaten

Beitragvon bele » So 27. Aug 2023, 14:03

PonderStibbons hat geschrieben:
Die globale Varianzanalyse würde durch die unterschiedliche großen Zeitabstände dazwischen leider nicht funktionieren, zumindest laut Lehrbuch.

Dann enthält das Werk an dieser Stelle Quatsch, mit Verlaub gesagt.

Vielleicht meint das Werk auch etwas ganz einfaches: Wenn es sich um wirklich unterschiedliche Zeitabstände handelt, dann ist es in vielen Fällen nicht sinnvoll, diese in T1, T2 und T3 zu kategorisieren. Wenn es um meine Schmerzen x Tage nach einem Knochenbruch geht, dann wird es meistens sinnvoller sein, die Zahl x in das Modell einzubringen statt sie künstlich in Zeiträume ("eine bis drei Wochen nach dem Bruch") zu kategorisieren. Dann vernichtet die Kategorienbildung Information (was wir hier im Forum ja auch oft betonen).

Das trifft natürlich nicht immer zu. Die Motorhaube meines Autos hat eine Form vor dem Unfall und eine nach dem Unfall, egal wieviele Tage vergangen sind, selbst wenn bei der Datenerhebung die Anzahl der Tage nach dem Unfall dokumentiert ist.

Wenn man z. B. Burnout über die (kontinuierliche) Zeit beobachten möchte und nicht weiß, welche Form dieser Zusammenhang haben könnte, dann könnte beispielsweise ein GAM auch eine nicht-spezifizierte, nichtlineare Funktion schätzen. Wenn das Unterteilen in die Gruppen T1, T2 und T3 sinnvoll ist (Motorhaubenbeispiel), dann ist das ein Fall, den das Lehrbuch wahrscheinlich nicht gemeint hat.

...ob die Burnout-Symptomatik über die drei Zeitpunkte ansteigt oder nicht. Da ich nun aber den Zeitpunkt 3 getrennt anschauen muss, weiß ich nicht ob das trotzdem funktioniert.


Ja, Mehrebenenmodelle funktionieren auch mit nicht-monotonen Zusammenhängen.

LG,
Bernhard
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