Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Fragen zur Planung einer Untersuchung oder eines Projekts.

Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon Käfersammlerin » Mo 10. Jun 2024, 19:06

Hallo liebes Forum,
hier kommt eine Frage aus der Biologie an die Statistikexperten:
In meinem Versuch werden Fliegenlinien von einer betimmten Sorte (zB A1 A2, ..) mit Fliegenlinien einer anderen Sorte (zB B1, B2, B3, ...) gekreuzt. Daraus erhält man Fliegen A1B1, A1B2, A1B3, A2B1, ... usw. Dann werden alle Fliegen (alle As, alle Bs und alle ABs) zusammen in einem Experiment untersucht, in dem zB die Aktivität gemessen wird. Von jeder Fliegenlinie werden ca 50 Individuen gemessen. Nun möchte ich gerne statistisch testen, ob sich die gekreuzten Fliegen in dem gemessenen Parameter von ihren Eltern unterscheiden (zB sind Fliegen der Linie A1B1 signifikant unterschiedlich zu A1 UND B1). Der Kruskal Wallis Test (die Daten sind nicht normalverteilt) mit anschließendem post hoc Test erscheint mir nicht passend, da ich nur bestimmte Gruppen miteinander vergleichen möchte und nicht alle, die möglich wären, denn diese hätten überhaupt keine biologische Relevanz. Laut Internetrecherche befinde ich mich damit im Bereich der "planned comparisons tests". Mein Ansatz wäre, die relevanten Vergleiche mit einem Mann Whitney U Test durchzuführen und die p Werte anschließend zu korrigieren, da der gleiche Datensatz ja in einigen Fällen mehrfach getestet wird. Meine beiden Fragen wären nun folglich: stimmt mein Ansatz so? und wenn ja, wie mache ich das praktisch (ich benutze zur Zeit SPSS)?
Vielen Dank schon einmal, falls jemand eine Idee dazu hat :)
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon strukturmarionette » Mo 10. Jun 2024, 22:13

Hi,

gemessenen Parameter von ihren Eltern unterscheiden

- N?
- wie gemessen?
- was gemessen?
- Skalenniveau?
- Maßeinheit?

Gruß
S.
strukturmarionette
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon Käfersammlerin » Di 11. Jun 2024, 08:17

In den meisten Fällen habe ich drei Wiederholungen mit jeweils ca 16 Fliegen, allerdings sind die Daten gepoolt, sodass ich auf die ca 50 Fliegen pro Linie komme.
Gemessen wird immer die Aktivität als "Anzahl der Durchkreuzungen einer Lichtschranke pro Minute" über mehrere Tage. Daraus lassen sich dann verschiedene Parameter bestimmen, zB die Periodenlänge in Stunden zwischen den täglichen Aktivitätspeaks (metrisches Skalenniveau).
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon bele » Di 11. Jun 2024, 14:41

Hallo Käfersammlerin,

ich bin leider von Deiner Fragestellung völlig überfordert. Ich verstehe, dass es Fliegensorten und Fliegenlinien und Fliegen gibt.

> Gemessen wird immer die Aktivität als "Anzahl der Durchkreuzungen einer Lichtschranke pro Minute" über mehrere Tage

Wird das pro Fliege oder pro Fliegenlinie gemacht? Oder "alle Fliegen (alle As, alle Bs und alle ABs) zusammen in einem Experiment"?

Also im Idealfall hast Du von 50 Fliegen in Linie A1 50 verschiedene Aktivitätswerte und von kannst das vergleichen mit 50 Aktivitätswerten von 50 Fliegen der Linie A1B1. Dann könntest Du mit einem t-Test (oder wenn Nicht-Normalverteilung Dir sehr am Herzen liegt mit einem Rangsummentest) diese 2 Gruppen à 50 Messwerte miteinander vergleichen und wüsstest dann, ob sich A1 von A1B1 unterscheiden.

Wahrscheinlich trifft das Deine Situation nicht richtig aber vielleicht kannst Du daran ja ersehen, wo die Erklärung noch nachgebessert werden kann.

LG,
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon Käfersammlerin » Di 11. Jun 2024, 15:26

bele hat geschrieben:Also im Idealfall hast Du von 50 Fliegen in Linie A1 50 verschiedene Aktivitätswerte und von kannst das vergleichen mit 50 Aktivitätswerten von 50 Fliegen der Linie A1B1. Dann könntest Du mit einem t-Test (oder wenn Nicht-Normalverteilung Dir sehr am Herzen liegt mit einem Rangsummentest) diese 2 Gruppen à 50 Messwerte miteinander vergleichen und wüsstest dann, ob sich A1 von A1B1 unterscheiden.


Genauso ist es. Mein Problem ist nur, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich die p Werte anschließend noch korrigieren muss, da ich ja mehrere Tests mache, zB Fliegen von A1 werden ja mit A1B1, aber auch A1B2, A1B3, usw. verglichen.
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon bele » Mi 12. Jun 2024, 08:28

Hallo Käfersammlerin,

> Mein Problem ist nur, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich die p Werte anschließend noch korrigieren muss,

Das ist eine berechtigte Frage, deren Antwort nicht so eindeutig ist. Anscheinend werden mancherorts klare Regeln gelehrt, wann und wann man nicht korrigieren "muss". Ich schlage vor, dass Du in diesem Form mal nach "Bonferroni" suchst -- das Thema taucht immer mal wieder auf und mal wurde es sehr kurz, immer mal wieder aber auch sehr ausführlich diskutiert.

Im Grunde geht es darum, was genau Deine Fragestellung ist. Wenn Du über A1B1 etwas wissen möchtest, dann korrigiere (höchstens) für n = 2 weil Du ja mit den A1 und mit den B1 verglichen, also zwei Vergleiche gemacht hast. Wenn A1B1 nur ein einziges Beispiel für die ganz große Frage ist, ob Hybride andere Aktivität zeigen als ihre Elternlinien dann wäre eine Korrektur im Prinzip relevant. Dann kommst Du aber in die komische Situation, dass Du umso weniger Power hast, je mehr Fliegenlinien Du untersuchst und das wäre ja Blödsinn. Wenn es wirklich nicht um die einzelnen Linien geht sondern um das Gesamtkonzept, dann müsste man sich eine Auswertung in einem gemeinsamen Modell überlegen, beispielsweise in einem hierarchischen Modell (oder in einer Reihe von Bayes-Modellen, wo das Ergebnis des einen Versuchs den Prior des nächsten Versuchs beeinflusst).

Du schreibst, dass die Frage überhaupt nur für manche Linien biologisch interessant sei. Da müsste man sich dann ganz genau überlegen, ob im Zentrum Deines Interesses die Linie A1 steht oder die Kombination A1B1 und so weiter. Ob Du eine gezielte Theorie hast, dass A1 immer die aktivsten sind und durch jede Kreuzung nur weniger aktiv werden oder ob Kreuzungen sowohl aktiver als auch weniger aktiv werden können und dann möglichst ganz konkret auf die Fragestellung zugeschnitten sich ein Modell ausdenken, dass ggf. mehrere Versuche zur Fragestellung in einem Modell zusammenfasst.

LG,
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon Käfersammlerin » Mi 12. Jun 2024, 11:48

Hallo Bernhard,

bele hat geschrieben:Im Grunde geht es darum, was genau Deine Fragestellung ist. Wenn Du über A1B1 etwas wissen möchtest, dann korrigiere (höchstens) für n = 2 weil Du ja mit den A1 und mit den B1 verglichen, also zwei Vergleiche gemacht hast. Wenn A1B1 nur ein einziges Beispiel für die ganz große Frage ist, ob Hybride andere Aktivität zeigen als ihre Elternlinien dann wäre eine Korrektur im Prinzip relevant. Dann kommst Du aber in die komische Situation, dass Du umso weniger Power hast, je mehr Fliegenlinien Du untersuchst und das wäre ja Blödsinn.


Das ist ein wirklich interessanter Ansatz! So habe ich das noch gar nicht betrachtet, aber es macht total Sinn. Genau wie du schreibst, möchte ich immer nur in einem speziellen Fall wissen, wie sich die gekreuzte Linie zu den Eltern verhält (unterscheidet sich A1B1 zu A1 und B1) und nicht, ob das Kreuzen generell einen Effekt hat. Eine Korrektur für n=2 dürfte dann ja außer für Fälle, die sich eh an der Grenze des Signifikanzlevels befinden, keine großen Auswirkungen haben.

Danke, du hast mir sehr geholfen! :)
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Re: Richtige Auswertung für mein Versuchsdesign finden

Beitragvon bele » Mi 12. Jun 2024, 13:22

Das klingt nach einer vernünftigen Herangehensweise: Man kann sicher streiten, ob man an dieser Stelle für n = 2 korrigieren sollte, oder nicht. Bei N = 2 x 50 sollte das wirklich nur in Grenzfällen relevant sein und im Zweifel macht es wahrscheinlich Sinn, lieber etwas konservativer zu sein und gleichzeitig den Reviewern zu zeigen, dass Du über das Problem nachgedacht hast und es angegangen bist.

Bei N = 2 x 50 sollte die Normalverteilungsverletzung keine große Rolle mehr spielen und wenn Du mit einem T-Test rechnest, dann bekommst Du so nützliche Dinge wie ein Konfidenzintervall für den Mittelwertsunterschied und mit Cohens d einen leicht verständlichen Effektstärkeschätzer und so weiter.

Wenn Du eine besonders gute Statistiknote anstrebst könntest Du überlegen, ob die Anzahl der Lichtschrankendurchflüge vielleicht poissonverteilt oder bei tageszeitlich schwankender Flugaktivität vielleicht nach Poisson mit overdispersion modelliert werden können. Vielleicht ist das aber auch einfach zuviel des Guten und man sollte einen einfachen Versuch auch einfach auswerten.

Viel Erfolg,
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