Stichprobengröße abschätzen

Fragen zur Planung einer Untersuchung oder eines Projekts.

Stichprobengröße abschätzen

Beitragvon ElenaSE » Sa 5. Dez 2020, 14:30

Hallo zusammen,
Ich hätte eine Frage zur Planung meiner Masterarbeit.
Dabei geht es um eine Online-Umfrage, in welcher der Zusammenhang zwischen „Stigmata gegenüber psychische Erkrankungen“ und der „Bereitschaft zur Inanspruchnahme psychologischer Hilfsangebote“ untersucht werden soll.
Die Umfrage soll sich an die Allgemeinbevölkerung richten, sodass auch Leute erreicht werden können, die bisher noch keine professionelle psychologische Hilfe in Anspruch genommen haben.
Diese sollen auf deren psychische Gesundheit (z.B. Depression oder Sucht) gescreent werden, da es vorstellbar wäre, dass der Zusammenhang erst durch die Hilfebedürftigkeit (klinischer Cut-Off-Wert im Screening) vermittelt wird.

Eine anschließende Kurzintervention soll darauf abzielen, Stigmata gegenüber psychische Erkrankungen abzubauen (und bei einem Zusammenhang auch die Bereitschaft zur Inanspruchnahme psychologischer Hilfe zu erhöhen).

Mich würde nun dazu interessieren, wie ich dazu die nötige Stichprobengroße abschätzen kann.
Erwartet wird ein kleiner Effekt durch die Intervention. Wie viele Probanden bräuchte ich, um diesen zu erkennen?
Wie viele, um einen Moderationseffekt über die Hilfebedürftigkeit zu entdecken? Richtet sich in diesem Fall die nötige Stichprobengröße auch nach der eingeschätzten Prävalenz der Erkrankung, welche im Screening mit erhoben wird.
Meine Überlegung ist die, dass bei einer geringen Prävalenz (z.B. bei Spielsucht 2%), viele Probanden aus der Analyse rausfallen würden und deshalb eine viel größere Stichprobe nötig wäre als im Vergleich zu einer Erkrankung mit einer höheren Prävalenz (wie z.B. Depressionen 10%).

Danke für Eure Hilfe! :)
ElenaSE
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Re: Stichprobengröße abschätzen

Beitragvon PonderStibbons » So 6. Dez 2020, 15:02

Ich verstehe die Zielrichtung noch nicht ganz, geht es in erster Linie um den Effekt
der Intervention (dann braucht man eigentlich auch eine Kontrollbedingung) oder
um den moderierenden Effekt von Hilfebedürftigkeit (die Du allerdings anscheinend
nicht misst, sondern ob ein Cutoff in einem Screening für psychische Gesundheit
überschritten wird). Wie hoch ist denn die Rate der Bereitschaft zur
Inanspruchnahme geschätzt (und konkret wie wird das gemessen), und
in welchem Ausmaß soll sich das durch die Intervention verändern?

Mit freundlichen Grüßen

Ponderstibbons
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Re: Stichprobengröße abschätzen

Beitragvon ElenaSE » So 6. Dez 2020, 17:30

Danke für die unmittelbare Antwort!
Ich hoffe, meine weitere Beschreibung hilft bei der Beantwortung :)

Optimalerweise würde ich dazu eine Kontrollbedingung mit aufnehmen. Da wäre dann die Frage, wie viele Personen man pro Bedingung bräuchte.

Die Fragestellung orientiert sich an den folgenden Hypothesen.
Hypothese 1: Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen "Stigmata gegenüber psychischen Erkrankungen“ und der „Bereitschaft zur Inanspruchnahme psychologischer Hilfsangebote" , welcher über die "Hilfebedürftigkeit" (also der Einschätzung, ob eine psychische Krankheit wahrscheinlich ist, was durch das Screening erhoben wird) vermittelt wird.

Dazu: Stimmt die Überlegung, dass die nötige SP davon abhängt, welche psychische Erkrankung im Screening erhoben wird, da diese unterschiedliche Prävalenzen (Depression 10% vs. Spielsucht 2%) haben und somit nur ein entsprechender Teil als "hilfebedürftig" in die Moderationsrechnung mit aufgenommen werden kann.
Letztlich überlege ich, ob z.B. Spielsucht zu erheben Sinn macht (im Screening möchte ich mich nur auf eine psychische Erkrankung beziehen), wenn es dafür extrem viele Probanden bräuchte, um diesen Zusammenhang festzustellen und ob hier nicht ein Krankheitsbild mit höherer Prävalenzschätzung, z.B. Depression, besser wäre.

Ihre Frage, wie hoch die Rate der Bereitschaft zur Inanspruchnahme geschätzt wird, kann ich leider nicht beantworten. Ich hoffe, das lässt sich auch ohne eine Schätzung errechnen.

Hypothese 2: Die Intervention bewirkt eine Reduktion der "Stigmata gegenüber psychische Erkrankungen“.
Der Effekt wird klein (d~ .2) eingeschätzt.

Inwiefern unterscheidet sich die Berechnung der SP durch die Hypothesen?
Fehlen noch weitere Angaben zur Abschätzung?

Tausend Dank schon einmal für die Mühe!

Beste Grüße
ElenaSE
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Re: Stichprobengröße arrecherschen gel

Beitragvon PonderStibbons » So 6. Dez 2020, 18:53

Hypothese 1: Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen "Stigmata gegenüber psychischen Erkrankungen“ und der „Bereitschaft zur Inanspruchnahme psychologischer Hilfsangebote" , welcher über die "Hilfebedürftigkeit" (also der Einschätzung, ob eine psychische Krankheit wahrscheinlich ist, was durch das Screening erhoben wird) vermittelt wird.

„Stigmata gegenüber psychischen Erkrankungen“ ist keine sinnvolle Formulierung. Möglicherweise meinst Du Stigmatisierung psychisch Kranker oder Stigmatisierung psychischer Erkrankungen. Wie bereits gesag, setze bitte Verdacht auf Vorliegen einer psychischen Erkrankung begrifflich nicht mit Hilfebedürftigkeit gleich. Wenn Du einen Schnupfen hast, bist Du krank, nicht unbedingt hilfebedürftig. Ein Screening ist mitnichten ein Verfahren das feststellt, ob eine Krankheit wahrscheinlich ist, sondern ob sie vermutet werden kann. Screenings nehmen absichtlich hohe Raten falsch-positive Ergebnisse in Kauf. Basierend auf einem Screening muss man normalerweise genauere diagnostische Verfahren anwenden, um eine Störung für wahrscheinlich zu erklären.Dass Du eine empirische Studie mit vielen Probanden planst, ohne eine Vorstellung aufgrund von Literaturrecherchen zu haben, wieviele Leute Im Allgemeinen für sich angeben, psychologische Hilfe im Bedarfsfall in Anspruch zu nehmen, ist etwas überraschend. Schließlich gehst Du ja davon aus, dass diese Quote so gering ist, dass man daran etwas ändern sollte.

Was die Hypothese Nr. 1 angeht, es sind zwei Hypothese, nicht eine. Und zuerst hast Du von moderieren geschrieben, jetzt ist es vermittelt, also Mediation, was ein erheblicher Unterschied ist. Meine Frage war, ob es in ester Linie um den Effekt der Intervention geht, oder um den Test des Moderatoreffektes. Letzters erfordert in der Regel weitaus mehr Probanden.

Hypothese 2: Die Intervention bewirkt eine Reduktion der "Stigmata gegenüber psychische Erkrankungen“.
Der Effekt wird klein (d~ .2)

Ich hatte darum gebeten konkret anzugeben, wie die abhängige Variable gemessen wird.
Bereitschaft ja/nein ist es anscheinend nicht, da das Effektstärkemaß d eine Intevallskala
erfordert.

Da Du power, Alpha, Effekstärke bereits hast, kannst Du vielleicht das Freeware Programm g*power von
Faul und Erdfelder verwenden, um die Stichprobengröße zu schätzen. Vielleicht solltest
Du Deinen Studienplan aber erst nochmal ausführlich mit Deinem Betreuer besprechen. Mir ist da sprachlich,
begrifflich, konzeptuell, psychometrisch, erhebungsmethodisch und statistisch von außen betrachtet
zu vieles unklar, als dass ich da weiterhelfen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

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Re: Stichprobengröße abschätzen

Beitragvon ElenaSE » So 6. Dez 2020, 21:50

Danke für die ausführliche Antwort!
Ich sehe schon, ich muss vorab noch einiges klären.

Mit besten Grüßen zurück!

ElenaSE
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